Kiew dementiert Berichte: Planen keine Angriffe auf Moskau

    Dementi nach Interview:Kiew: Planen keine Angriffe auf Moskau

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
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    Deutsche Medien unterstellen der Ukraine, Luftangriffe auf russische Städte zu planen. Doch der zitierte ukrainische Politiker erklärt dem ZDF, das sei russische Propaganda.

    Screenshots zweier Headlines zum Ukrainekrieg
    Headlines zum Ukrainekrieg: Hat Kiew Luftschläge auf russische Städte angedroht?
    Quelle: ZDF/contact-online.de/handelsblatt.com

    Ist das eine neue, ungeahnte Eskalation im Ukraine-Krieg? Die Ukraine drohe mit "Luftangriffen auf russische Großstädte wie Moskau, St. Petersburg und Jekaterinburg", schreibt die renommierte Tageszeitung "Handelsblatt". "Kiew-Berater Podoljak prognostiziert Angriffe auf Moskau" titelt die "Berliner Zeitung". Das rechtsextreme "Compact"-Magazin setzt dem noch mal eins drauf: "Selenski (sic!) will Moskau bombardieren!", wird eine komplette Online-Sendung betitelt.
    Die Meldungen beziehen sich auf ein Interview mit dem ukrainischen Präsidentenberater Michailo Podoljak. Sein Gespräch mit einem russischen Blogger wurde am 23. Januar bei Youtube veröffentlicht. Darin ging es unter anderem um die Frage, ob Russland erneut Angriffe drohen könnten, ähnlich wie die Attacken auf russische Luftwaffenstützpunkte.
    Im Dezember war es auf Militärflugplätzen in der Region Rjasan und bei Engels zu Explosionen gekommen - vermutlich ukrainische Drohnenangriffe, mehr als 500 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. Die Ukraine hatte sich zu den Angriffen nie bekannt. Doch die Ereignisse entfachten Spekulationen über mögliche ukrainische Drohnenangriffe auch auf Moskau - die Stadt liegt ähnlich weit von der Ukraine entfernt. 

    Regierungsberater spricht von "Eskalation innerhalb Russlands"

    Vor diesem Hintergrund antwortete Podoljak: "Eine Eskalation des Krieges innerhalb Russlands wird unvermeidlich sein. Unter anderem werden auch Städte betroffen sein, die verwöhnt und faul sind, die der Meinung waren, dass sie in einer anderen Realität leben. Solche wie Moskau, St. Petersburg, Jekaterinburg". Das sei aber "das innere Problem Russlands".
    Von "Luftangriffen" der Ukraine oder gar "Bombardierungen" von russischen Städten sprach Podoljak jedoch nicht. Es gehe vielmehr um eine "innere Eskalation des Krieges in Russland". Podoljak betont:

    Noch einmal: Die Ukraine greift Russland nicht an.

    Michailo Podoljak, ukrainischer Präsidentenberater

    Mychajlo Podoljak
    Quelle: dpa

    ...ist ukrainischer Journalist und Berater des ukrainischen Präsidenten. Seit dem Beginn des Krieges gehört er zum engen Kreis von Wolodymyr Selenskyj. Podoljak, Jahrgang 1972, war Teil der ukrainischen Delegation bei den Verhandlungen mit Russland nach Kriegsbeginn im Februar 2022.

    Podoljak spricht von "sozialen Konflikten" in Russland

    Doch welche "inneren Eskalationen" meint Podoljak dann? Vor dem Hintergrund der Berichte über angeblich geplante ukrainische Angriffe auf russische Städte hat ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf für ZDFheute selbst noch einmal bei Michailo Podoljak nachgefragt, wie seine Aussagen zu verstehen sind. Podoljak wiederholte auch in diesem Gespräch: "Die Ukraine greift Russland nicht an. Und sie hat es auch nicht vor. Selbstverständlich schlagen wir nur gegen russische Truppen auf okkupierten ukrainischen Territorien."
    Auf die Frage, was genau er mit einer Eskalation innerhalb Russlands meinte, zählt Podoljak verschiedene Aspekte auf, die zu Spannungen führten: Die Einberufung von Soldaten, die Ausrufung des Kriegsrechts, den Aufbau von Luftverteidigungssystemen in verschiedenen Städten, die Sperrung der Grenzen und die Umstellung auf Kriegswirtschaft, dazu eine große Anzahl gefallener Soldaten - "all das sind objektive Folgen des Kriegs", so Podoljak.
    Sobald Russland mit einem Rückzug an die Grenzen besetzter Territorien beginne, würde es zu "sozialen Konflikten" kommen - "mit einer großen Menge von Menschen, die nicht verstehen, warum sie an diesem Krieg teilnehmen. So sieht es aus."
    Phoebe Gaa | ZDF-Korrespondentin in Moskau
    Nach Ankündigung der Panzerlieferung sei der Kreml bemüht, "die Auswirkungen auf den Kriegsverlauf in der Ukraine als überschaubar einzuordnen", so ZDF-Korrespondentin Phoebe Gaa.26.01.2023 | 2:50 min

    Russische Medien greifen Thema auf

    Was auch immer Podoljak in seinem Interview meinte: Zahlreiche russische Medien griffen das Gespräch für ihre Propaganda auf - titelten ebenfalls, dass die Ukraine Luftschläge auf russische Städte angekündigt habe.
    Und auch der Kreml reagierte: "Dies bestätigt erneut die Richtigkeit des gewählten Weges und die Richtigkeit unserer Absichten, uns vor einer solchen Gefahr zu schützen", sagte Kreml-Sprecher Peskow.
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