Was der Atomausstieg für Deutschland bedeutet

    FAQ

    CO2-Bilanz, Energiesicherheit:Was der Atomausstieg für Deutschland bedeutet

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
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    Am Samstag werden die letzten AKW abgeschaltet. Wie viel Strom lieferte die Kernkraft zuletzt? Ließe sich mit einem Weiterbetrieb CO2 sparen? ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen.

    Am Samstag soll nun also endgültig Schluss sein mit Atomkraft in Deutschland - die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke Emsland, Neckarwestheim 2 und Isar 2 werden abgeschaltet. Wie viel Strom haben die AKW zuletzt noch produziert, woher soll künftig der Strom kommen - und droht womöglich ein Strommangel? ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen.

    Wie viel Strom produzieren die AWK noch?

    Die verbliebenen Atomkraftwerke produzierten zusammen 2022 knapp 35 Terawattstunden Strom. Das entsprach nach Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) einem Anteil von sechs Prozent an der Bruttostromerzeugung in Deutschland. Im Januar und Februar dieses Jahres habe der Anteil der Kernkraft sogar nur noch bei vier Prozent gelegen, erklärt Kerstin Andreae, Chefin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft.
    Grafik: Harald Lesch umgeben von Windrädern, E-Auto, Einstürzendem AKW und Solarzellen
    Der Atomausstieg ist überfällig. Sind wir vorbereitet? Wie können wir Wärme und Energie in Zukunft sichern? Der Ausstieg allerdings schafft auch Raum für Zukunftstechnologien.11.04.2023 | 27:47 min

    Welchen Energiemix hat Deutschland?

    Neben sechs Prozent Kernenergie im Jahr 2022 kamen Braun- und Steinkohle den Daten von Destatis zufolge auf einen Anteil von gut 31 Prozent, Gas auf knapp 14 Prozent. Die Erneuerbaren Energieträger machten den größten Anteil aus: 44 Prozent. Davon entfielen rund 22 Prozent auf Windkraft, 10,5 Prozent auf Photovoltaik, 7,7 Prozent auf Biomasse.

    Wie viel Strom exportiert Deutschland?

    Seit 2003 verbraucht Deutschland weniger Strom als erzeugt wird - "entsprechend weist Deutschland seit dem Jahr 2003 beim Stromexport einen Überschuss auf", schreibt das Umweltbundesamt auf seiner Webseite.
    Der Grund: Der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung wächst stetig, aber die konventionelle Stromerzeugung nahm nicht im gleichen Maße ab. Allein im Jahr 2022 wurden knapp 30 Terrawattstunden Strom ins europäische Ausland exportiert. Zumindest kurzfristig sind darum keine Engpässe zu erwarten. Doch was wäre bei einer sogenannten Dunkelflaute - wenn also weder Wind- noch Solarkraft genügend Strom liefern können?

    Haben wir bald zu wenig Strom?

    Dazu gehen die Einschätzungen auseinander: Industrie und Wirtschaft sehen die Versorungssicherheit gefährdet. Zuletzt hatte die Industrie- und Handelskammer (DIHK) den Atomausstieg massiv kritisiert, auch mit Blick auf die vergleichsweise hohen Strompreise, die Nachteile für den Industriestandort Deutschland im internationalen Wettbewerb mit sich bringen würden.
    Man sei auf alle verfügbaren Energieträger angewiesen, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der "Rheinischen Post". Deutschland sei beim Thema Versorgungssicherheit "noch nicht über den Berg". Daher müsse man alles tun, "das Angebot an Energie auszuweiten und es keinesfalls weiter einzuschränken". Ähnlich argumentieren Politiker der CDU und FDP.
    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verweist dagegen auf die hohen Füllstände in den Gasspeichern, neue Flüssiggasterminals und Erneuerbare Energien. Er versicherte zuletzt immer wieder, die Energieversorgung sei gewährleistet und prognostizierte einen dramatischen Anstieg des Anteils Erneuerbarer Energien:

    Unser Energiesystem wird sich anders aufbauen: Wir werden bis 2030 zu 80 Prozent Erneuerbare Energien haben.

    Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck

    Wie wirkt sich der Ausstieg auf die CO2-Bilanz aus?

    Kurzfristig sind aufgrund der intensiveren Nutzung von Kohle- und Gaskraftwerken zwar steigende CO2-Emissionen zu erwarten, wie Berechnungen des Ifo-Instituts im vergangenen Jahr ergaben. Zum gleichen Ergebnis kommt auch die Denkfabrik Agora-Energiewende. Aber: Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags haben die aufwändigen Berechnungen analysiert und kommen zu dem Schluss, dass ein Weiterbetrieb der AKW vermutlich "nicht zu einer nachhaltigen Verbesserung der Situation für das Klima führen dürfte."
    Denn: Der CO2-Einspareffekt durch einen Weiterbetrieb der AKW ist nur gering. Gleichzeitig koste der Betrieb aber Geld, das dann nicht mehr für die Energiewende zur Verfügung stehe. Das Ifo schreibt: "Laufzeitverlängerte Atomkraftwerke in Deutschland sparen nur geringe Mengen an Erdgas ein und behindern im Gegenzug mittelfristig den Ausbau der Erneuerbaren Energien."

    Die Laufzeitverlängerungen führen somit nicht zu einem geringeren CO2-Ausstoß.

    Ifo-Institut

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