Thema
Analyse
Truppen, Militärhilfen, Söldner:Wer im Ukraine-Krieg auf wessen Seite kämpft
von Christian Mölling und András Rácz
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Streitkräfte aus Nordkorea und Söldner aus mehreren Ländern kämpfen für Russland, Putins engster Verbündeter bleibt Belarus. Auch in der Ukraine gibt es gesonderte Einheiten.
Ukrainische Soldaten fahren mit einem Panzer in Richtung Frontlinie.
Quelle: dpa
Auf ukrainischer Seite kämpfen Ausländer, nur als Freiwillige und Vertragsarbeiter, aber nicht als Angehörige regulärer ausländischer Streitkräfte.
Belarus ist der engste Verbündete Russlands
Russland begann seinen Angriff auf Kiew und die Region Tschernihiw am 24. Februar 2022 vom Territorium Weißrusslands aus. Der belarussische Staat und sein Militär haben Russland seitdem militärisch unterstützt, mit Ausnahme der Entsendung regulärer Streitkräfte in die Schlacht. Die Anwesenheit einiger ehemaliger belarussischer Sondereinsatzkräfte in den Reihen der Wagner-Gruppe wurde dokumentiert.
Minsk stellt Russland sein Territorium und seinen Luftraum, seine militärische und zivile Infrastruktur, zahlreiche schwere Waffen und Ausrüstung, logistische und militärisch-medizinische Unterstützung zur Verfügung und schickt Nachschub und Reparaturspezialisten nach Russland. Auch wenn heute Nordkorea mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, war die strategische Rolle, die Belarus vor allem in der Anfangsphase der Invasion spielte, viel wichtiger als die etwa 10.000 nordkoreanischen Streitkräfte, die derzeit in der Region Kursk stationiert sind.
Nordkoreas Rolle weitet sich aus
Nordkorea beliefert Russland bereits seit 2022 mit Artilleriemunition und militärischer Ausrüstung. Bislang hat Pjöngjang mindestens fünf Millionen Artilleriegranaten sowie Ausrüstung geliefert. Dazu gehörten in 2023 eine kleine Anzahl ballistischer KN-23-Raketen und einige nordkoreanische Spezialisten und Verbindungsoffiziere.
Der nordkoreanische Beitrag nahm an Umfang zu, als im Sommer 2024 bekannt wurde, dass Pjöngjang auch reguläre Bodentruppen entsenden würde, um Kampfaufgaben zu übernehmen. Dabei handelt es sich nicht nur um Kampfunterstützungseinheiten, sondern um echte Kampftruppen an vorderster Front. Zwar sind die nordkoreanischen Truppen noch nicht in Massen in den Kampfeinsatz gegangen, doch dies dürfte bald geschehen.
Neben der Infanterie und Spezialeinheiten hat Nordkorea auch eine kleine Anzahl von selbstfahrenden Panzerabwehrraketen Bulsae-4 sowie schwere Panzerhaubitzen M-1989 'Koksan' mit 170 mm Durchmesser und einige 240 mm-Raketenwerfer entsandt. Letztere sind bisher noch nicht zum Einsatz gekommen, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass sie noch weiter getestet und in das russische Artilleriefeuersystem integriert werden müssen. In der Zwischenzeit behauptet die Ukraine, dass sie bereits die erste Bulsae-4 in der Nähe der Frontlinie getroffen hat.
Iranische Drohnen
Neben Nordkorea beliefert auch der Iran Russland mit verschiedenen Arten von Drohnen (nicht nur mit den berüchtigten Shaheeds) sowie mit Artillerie- und Raketenmunition und zahlreichen militärischen Ausrüstungen. Teheran hat jedoch keine Kampftruppen entsandt und wird dies höchstwahrscheinlich auch nicht tun.
Söldner für Russland
Neben der formellen, staatlichen Militärhilfe ist die Anwesenheit von Bürgern aus mindestens zwei Dutzend Ländern in den Reihen des russischen Militärs dokumentiert. Moskau hat Söldner aus Syrien, Jemen, Libyen sowie aus allen zentralasiatischen Republiken rekrutiert. Darüber hinaus wurden mehrere Tausend Ausländer, darunter Bürger aus Indien, Nepal, Pakistan, dem Irak und mehreren anderen Ländern, zum russischen Militärdienst gezwungen oder mit Tricks dazu gebracht.
Während Indien offiziell dagegen protestiert hat, seine Bürger in den Kampf zu schicken, haben die anderen Länder wenig Einfluss auf Russland, um das Schicksal ihrer Bürger, die freiwillig in der russischen Armee dienen, zu beeinflussen.
Quelle: DGAP
... ist Senior Advisor beim European Policy Centre und leitet das Programm "Europas Zukunft" für die Bertelsmann Stiftung in Berlin. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Ukraine: Viel internationale Unterstützung - keine Truppen
Auf ukrainischer Seite ergibt sich ein anderes Bild. Die Ukraine hat Militärhilfe von insgesamt mehr als fünfzig Ländern erhalten. Kein Land hat jedoch sein reguläres Militär offen in den Kampf an der Seite der Ukraine geschickt.
Kein Land stellt seinen Luftraum oder seine Infrastruktur zur Verfügung, damit die Ukraine von dort aus Kampfhandlungen durchführen kann. Mit anderen Worten: Kein westliches Land spielt die Rolle, die Belarus für Russland gespielt hat.
Die internationale Legion
Was die nichtstaatliche Beteiligung anbelangt, so haben Tausende von ausländischen Freiwilligen, darunter auch Söldner, die Ukraine unterstützt. Die Internationale Legion, die unmittelbar nach der Invasion am 27. Februar 2022 gegründet wurde, ist der wichtigste Rahmen für ihren Einsatz.
Während die Ukraine behauptet, die Legion habe etwa 20.000 Mitglieder gehabt, liegt die tatsächliche Zahl wahrscheinlich näher bei 1.000 bis 2.000, wobei die Zahl stark schwankt. Mehr als 50 Nationen sind vertreten, manche Analysten sprechen sogar von 100.
Viele Ausländer, darunter sowohl Kämpfer als auch Ausbilder, schlossen sich auf individueller Basis an, und die Internationale Legion dient als Dachorganisation für deren Einsatz. Ein bekanntes und relativ bedeutendes Herkunftsland ist Kolumbien, von wo aus sich Hunderte von Söldnern dem Kampf für die Ukraine anschlossen, motiviert durch Geld.
Andere Formationen
Neben der Internationalen Legion gibt es noch einige andere bemerkenswerte Formationen, die aus Ausländern bestehen. Tschetschenen, die im Rahmen des Dschochar-Dudajew-Bataillons und des Scheich-Mansur-Bataillons auf der Seite der Ukraine kämpfen. Ihre Größe ist jedoch gering. Die Georgier kämpfen im Rahmen der Georgischen Nationalen Legion.
Interessanterweise nehmen diese Einheiten auch andere ausländische Freiwillige aus mindestens einem Dutzend Ländern auf, die von Albanien bis zu den Vereinigten Staaten reichen. Eine dritte organisierte ausländische Formation ist das Kastus-Kalinouski-Regiment, das sich aus belarussischen Emigranten zusammensetzt. Die Einheit hat an mehreren schweren Schlachten teilgenommen, so dass ihre ursprüngliche Zahl von etwa Tausend Soldaten erheblich gesunken ist.
Russen auf ukrainischer Seite
Neben Tschetschenen kämpfen auch andere russische Bürger auf der Seite der Ukraine. Zwei relativ bekannte Formationen von ihnen sind die Legion der Freiheit Russlands und das eher rechtsextreme Russische Freiwilligenkorps. Beide verantworten die Angriffe auf die Region Belgorod im Frühjahr und Sommer 2023. Aber sie verfügten jeweils über maximal einige hundert Kämpfer.
Russland kann also neben regulären Truppen von Alliierten und materieller Unterstützung auf Söldner und Rekruten durch Zwang oder Täuschung aufbauen. Die Ukraine setzt jenseits ihrer Landsleute auf Freiwilligkeit.
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