Ukraine-Krieg: Charkiw weiterhin durch Luftangriffe bedroht

    Analyse

    Stabilisierung der Frontlinie:Charkiw weiterhin durch Luftangriffe bedroht

    von Christian Mölling, András Rácz
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    Die Frontlinie bei Wowtschansk ist stabilisiert. Ein Landangriff auf Charkiw gilt als sehr unwahrscheinlich, dennoch halten Raketen- und Drohnenangriffe an.

    Zerstörte Gebäude in der ukrainischen Stadt Charkiw.
    Charkiw ist weiterhin der ständigen Bedrohung durch russische Raketen und Gleitbomben ausgesetzt.
    Quelle: epa

    Im nördlichen Teil der Region Charkiw, insbesondere in Wowtschansk, dauern die schweren Kämpfe an. Die kleine Stadt in der Ukraine, die zum Epizentrum des russischen Überraschungsangriffs geworden ist, wurde bei den anhaltenden Kämpfen völlig verwüstet.

    Stabilisierung in der Region Charkiw

    Die überwiegende Mehrheit der Zivilbevölkerung, etwa 9.000 Menschen, ist bereits nach Charkiw evakuiert worden. Nur einige hundert Zivilisten blieben in der belagerten Stadt. Über das Schicksal derjenigen, die hinter den russischen Linien festsaßen, ist wenig bekannt.
    Nach der anfänglichen Überraschung gelang es den ukrainischen Truppen offenbar, ihre Stellungen etwa entlang des Flusses Wowtscha zu stabilisieren.
    Den sporadischen Berichten von der Front zufolge, erhalten die Verteidigungsbrigaden jetzt reichlich Munition, Drohnen und alle Arten von Proviant. Nach monatelanger Munitionsrationierung können sie nun also das volle Potenzial ihrer eigenen Artillerie nutzen. Nach den vorliegenden Informationen erleiden die russischen Streitkräfte in diesem Abschnitt der Frontlinie extrem hohe Verluste.
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    Russische Kräfte können auf Distanz gehalten werden

    Das vermeintliche ursprüngliche Ziel Russlands, nämlich nahe genug an Charkiw heranzukommen, um die Stadt in die Reichweite konventioneller Rohrartillerie zu bringen, scheint sich also nicht zu verwirklichen, solange die ukrainischen Kräfte ihre Linien halten können. Ebenso wenig besteht die Möglichkeit, die ukrainischen Streitkräfte, die Kupjansk verteidigen, von Norden her anzugreifen.
    Die russischen Truppen, die derzeit an der Nordgrenze der Regionen Charkiw und Sumy stationiert sind, reichen eindeutig nicht aus, um eines der beiden regionalen Zentren zu besetzen. Sie können jedoch das Gebiet, das sie in der Region Charkiw eingenommen haben, halten und sind möglicherweise sogar in der Lage, einen weiteren begrenzten Vorstoß gegen die Region Sumy zu unternehmen.

    Ständige Angriffe durch russische Raketen und Gleitbomben

    Unterdessen ist Charkiw weiterhin der ständigen Bedrohung durch russische Raketen und Gleitbomben ausgesetzt. Während die Stadt bereits seit einigen Monaten regelmäßig von russischen Raketen angegriffen wird, stellen Gleitbomben eine relativ neue Bedrohung dar. Russische Bomber werfen ihre Bomben aus dem russischen Luftraum ab, wo die Ukraine keine modernen westlichen Luftabwehrsysteme gegen sie einsetzen kann.



    Dies ermöglicht es den russischen Bombern einerseits, unter einer viel geringeren Bedrohung zu operieren, als sie es im ukrainischen Luftraum tun müssten. Andererseits verringert sich dadurch angesichts der begrenzten Reichweite der Gleitbomben die Effizienz und Genauigkeit ihrer Angriffe.
    Derzeit können die Gleitbomben vor allem die nördlichen Teile der Stadt Charkiw erreichen, während die zentralen und südlichen Bezirke weniger bedroht sind. Die Bedrohung durch ballistische Raketen, Shaheed-Drohnen und S-300- und S-400-Luftabwehrraketen, die im Boden-Boden-Modus eingesetzt werden, besteht weiterhin.
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    Lage in Charkiw ruhig, aber angespannt

    Trotz der Gleitbombendrohung ist die Lage in Charkiw im Allgemeinen ruhig. Es gibt keine Anzeichen für eine Panik oder dafür, dass eine größere Zahl von Menschen aus der Stadt fliehen will. Das Stromnetz ist angespannt, Stromausfälle werden immer regelmäßiger.
    Allerdings hat sich die Bevölkerung in den vergangenen zwei Jahren bereits mehr oder weniger daran gewöhnt. Solange die ukrainischen Truppen ihre Linien im nördlichen Teil der Region Charkiw halten, wird die Lage in der Stadt angespannt, aber stabil bleiben.
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