Bundeswehr-Einsatz in Mali: Ende von Minusma

    Analyse

    Ende von Minusma:Bundeswehr-Abzug: Warum Mali jubelt

    von Alexander Glodzinski
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    Nach zehn Jahren ist der Bundeswehr-Einsatz in Mali beendet. Rund 1.000 deutsche Soldaten beteiligten sich an der UNO-Friedensmission. Die meisten Malier trauern ihnen nicht nach.

    Bundeswehrabzug aus Mali
    Seit Jahren fordern die malischen Nationalisten, dass die Blauhelme ihr Land verlassen. Nun haben sie ihr Ziel erreicht: Die UNO holt die Fahnen ein.13.12.2023 | 2:28 min
    Die Stimmung in Malis Hauptstadt Bamako ist aufgeheizt. N'diaye Alou und seine Mitstreiter haben allen Grund zu feiern. "Minsuma hat Mali nichts Gutes gebracht", ruft er wild gestikulierend. Seit Jahren gehört seine Bürgerbewegung Faso Kanu zu den lautesten Kritikern ausländischer Truppen im Land. Jetzt soll Malis Militärregierung um General Assimi Goïta für Sicherheit sorgen im Land.

    Der Westen verliert an Einfluss in der Sahel-Region

    Zehn Jahre hat Minusma den Frieden im Sahelstaat überwacht. Aber die Militärjunta setzt lieber auf eine militärische Zusammenarbeit mit Russland. Mali gehe immer weiter auf Abstand zu den westlichen Partnern, sagt Aly Tounkara, Direktor des Zentrums für Sicherheit und Strategie in der Sahel-Region. "Wenn der Westen weiter an seinem Demokratie-Modell festhält, dann werden Russland, Türkei, Iran und Staaten wie China mehr Einfluss gewinnen in dieser Region."
    Afrikanische Putschisten
    Wie Domino-Steine stürzen die Regierungen in Afrikas Sahel-Zone. Juntas putschen sich an die Macht, nutzen antifranzösische Stimmungen und versprechen eine neue Souveränität.23.11.2023 | 29:27 min
    Rund 1.000 russische Söldner sollen sich im Land aufhalten, sichtbar in Erscheinung treten sie kaum. Auch das ist ein Grund, warum die Malier ihre Unterstützung so schätzen. Militärische Erfolge, wie zuletzt die Rückeroberung der Stadt Kidal von den Tuareg-Rebellen, schreiben sich die malischen Streitkräfte auf die Fahne. Menschenrechtsorganisationen berichten dabei von schwersten Verbrechen, die von der malischen Armee und den russischen Soldaten begangen wurden.

    Russland als Partner willkommen

    Auf den Straßen von Bamako wird der Abzug von Minusma überschwänglich begrüßt. Der Verkäufer Amadou Diallo, sagt, er habe fast zehn Jahre auf Erfolge warten müssen. "Mit der Partnerschaft zwischen Mali und Russland sehen wir endlich Ergebnisse."
    Bundeswehr in Mali
    Putin hat im afrikanischen Mali viele Freunde – und mit dem Abzug der UN-Truppen kann sein Einfluss noch stärker werden. Mali – ein Failed State?27.09.2023 | 6:07 min
    Für den Studenten Moussa Traoré ist der Abzug ein Schritt in Richtung Unabhängigkeit. "Für uns ist Russland die Lösung der Probleme, die wir seit zehn Jahren haben." Die Mehrheit der Malier habe sich von Minusma deutlich mehr erhofft, bestätigt auch der Sicherheitsexperte Aly Tounkara.

    Wagner Gruppe: Einfluss durch Fake News

    Seit russische Söldner im Land sind, sei auch die Verbreitung von Falschnachrichten deutlich angestiegen, erzählt Abdoulaye Guindo, der für die malische Rechercheplattform Benbere arbeitet.
    "Die Desinformation hat die Meinung vieler Malier über die ausländischen Truppen verändert", sagt Guindo. Internationale Recherchen belegen, dass Russlands Wagner Gruppe viel Geld für Videos von afrikanischen Bloggern und Influencern ausgibt.

    Sorgen in Gao

    In Gao, wo auch die Bundeswehr mit ihren Soldaten stationiert war, sind die Menschen verunsichert. Manche fürchten, dass die Angriffe der Dschihadisten wieder zunehmen. Issa Maïga fährt Motorradtaxi und er hat die Sorge, dass der Handel leiden könnte. "Wenn Minusma abzieht, wird es hier viel Arbeitslosigkeit geben. Ich hoffe, dass uns die Regierung neue Jobs gibt", sagt er.
    Bundeswehrfahrzeug auf einer staubigen Straße in Mali
    Nach zehn Jahren "Minusma"-Mission zieht die Bundeswehr zum Ende des Jahres aus Mali ab. Mima-Reporterin Susann von Lojewski hat die Vorbereitungen begleitet.27.09.2023 | 4:38 min
    Vor allem in den Regionen, die unter Terrorangriffen leiden, bedauern die Menschen den Abzug der Blauhelme, sagt Aly Tounkara, Sicherheitsexperte aus Bamako. Die UN-Mission habe dort eine gewisse wirtschaftliche Stabilität geschaffen. Hilfsorganisationen warnen, dass bereits heute ein Drittel der malischen Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen sein. Die Versorgungslage könnte sich nach dem Abzug von Minusma weiter verschlechtern.

    Mali den Maliern

    Die Hauptstadt Bamako ist weit entfernt von den Sorgen in Gao. Die Aktivisten von Faso Kanu sind berauscht von der Aussicht die Entwicklung ihres Landes in den eigenen Händen zu halten. Wirtschaftliche Stabilität im Norden und der Aufbau demokratischer Strukturen zählen für sie weniger als militärische Stärke und zurückerlangte Souveränität.

    • Seit 2013 waren zwischenzeitlich 17.000 Blauhelmsoldaten für die UN-Mission Minusma (Multidimensionale Integrierte Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali) im Einsatz. Der Auftrag war das Friedensabkommen zwischen der Regierung in Bamako und den Tuareg-Rebellen im Norden zu sichern, Bandenkriminalität einzuschränken und den Wiederaufbau staatlicher Autorität zu begleiten.
    • 310 Soldaten haben ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt. Insbesondere in den letzten drei Jahren haben sich die Beziehungen zwischen Mali und den internationalen Truppen immer weiter verschlechtert.
    • Auf einer Welle antifranzösischer Ressentiments putschte sich im Frühjahr 2021 eine Militärjunta an die Macht. Seitdem konnten die Blauhelme ihr Mandat kaum noch ausüben.
    • Im Sommer 2023 hat Malis Militärregierung die UNO zum Abzug aller Truppen bis zum 31. Dezember aufgefordert.

    "Wir wollen uns nicht nach den Vorstellungen der Weißen entwickeln", sagt der Aktivist Mamadou Diarra, "sondern nach unserem eigenen Bild." Er sieht Mali als Vorreiter für die gesamte Sahel-Region. Mit dem Ende der UN-Mission in Mali verliert der Westen an Einfluss. Die Menschen im Land scheint das nicht groß zu stören.
    Alexander Glodzinski berichtet aus dem ZDF-Studio in Nairobi.

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