Südafrika-Wahlen: Warum Ex-Präsident Zuma ausgeschlossen ist

    Analyse

    Südafrika vor den Wahlen:Warum Ex-Präsident Zuma nicht antreten darf

    Verena Garret, Leiterin ZDF-Studio Johannesburg
    von Verena Garrett
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    Weil Südafrikas Ex-Präsident Zuma vor drei Jahren verurteilt wurde, ist er für die Parlamentswahlen in der kommenden Woche gesperrt. Ein Dämpfer für seine neue Partei.

    Jacob Zuma kommt im Stadium in Johannesburg an um seine neue Partei uMkhonto weSizwe vorzustellen
    Die Festnahme und Verurteilung von Zuma führten 2021 zu Unruhen und Krawallen im Land.
    Quelle: AP

    Die Stimmzettel für die Wahl in Südafrika am 29. Mai sind längst gedruckt, die Spitzenkandidaten der Parteien stehen mit Foto auf den Wahlzetteln - neben ihrem Parteinamen.
    Und so prangt das Bild des Ex-Präsidenten Jacob Zuma neben dem Namen "uMkhonto we Sizwe (MK)", einer nur ein paar Monate alten Partei. Übersetzt heißt der Name so viel wie "Speer der Nation". Doch wählen kann man ihn nicht.
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    Zuma: Das Gesicht seiner neuen Partei

    Denn nur wenige Tage vor der Wahl hat das Oberste Gericht des Landes entschieden: Zuma darf gar nicht kandidieren. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Jacob Zuma im Jahr 2021 - drei Jahre nach seinem Rücktritt als Präsident Südafrikas - zu einer Gefängnisstrafe von mehr als zwölf Monaten verurteilt worden war.

    Jacob Zuma ist wohl der umstrittenste Politiker in der Geschichte des demokratischen Südafrika. Während seiner Präsidentschaft von 2009 bis 2018 blühte die Korruption wie nie zuvor, seine Regierungszeit ging als "State Capture" (Staatsvereinnahmung) in die Geschichte ein. Mit seinen Vertrauten in Regierung und Wirtschaft hatte Zuma den Staat systematisch ausgeplündert, bis er vom heutigen Präsidenten Ramaphosa aus dem Amt gedrängt wurde und zurücktrat.

    Jacob Zumas Inhaftierung im Jahr 2021 lösten im Osten des Landes heftige Unruhen aus, mehr als 300 Menschen starben. Noch bis Dezember 2023 blieb Zuma ein treues Mitglied der heutigen südafrikanischen Regierungspartei African National Congress (ANC). Dann erklärte er, er werde bei den Wahlen 2024 die neuen Partei MK statt dem ANC unterstützen.

    In Südafrika ist ein solches Urteil gleichbedeutend mit einer fünfjährigen Sperre für öffentliche Ämter. Obwohl es diese Regelung gibt, hatte Zuma sich trotzdem aufstellen lassen. Experten vermuten, weil er seinem Gegenkandidaten, dem Präsidenten Cyril Ramaphosa, schaden möchte.
    Zuma wurde verurteilt, nachdem er sich geweigert hatte, vor einer richterlichen Untersuchungskommission über die Korruptionsaffären seiner Amtszeit auszusagen. Für die MK-Partei ist der Ausschluss ihres Spitzenkandidaten ein Dämpfer. Erst vor wenigen Monaten gegründet, ist sie vollkommen auf Jacob Zuma ausgerichtet: Der 82-Jährige ist das Gesicht der Partei.

    In Südafrika wird der Präsident nicht direkt gewählt, sondern die Zusammensetzung des Parlaments, der Nationalversammlung. Abgestimmt wird über Parteien, sie erhalten ihrem jeweiligen Stimmenanteil entsprechend Sitze im Parlament. Die 400-köpfige Nationalversammlung wählt dann den Präsidenten - damit bestimmt die Partei mit der Mehrheit das Staatsoberhaupt.

    Für die Wiederwahl braucht der jetzige Präsident Cyril Ramaphosa 201 Abgeordnetenstimmen. Es ist die siebte vollständig demokratische, nationale Wahl seit dem Ende der Apartheid. Für die Abstimmung sind 70 Parteien registriert - so viele wie noch nie zuvor.

    Populismus um Wählerstimmen zu fangen

    "uMkhonto we Sizwe", so nannte sich vor vielen Jahren auch der militärische Arm der damaligen Freiheitsregierung und heutigen südafrikanischen Regierungspartei African National Congress (ANC), der sich gegen die Apartheid einsetzte. Heute nutzt die MK die große Popularität des ehemaligen Staatschefs, um dem ANC-Wählerstimmen abzunehmen.
    Jacob Zuma setzt auf eine populistische Politik, um Unterstützung zu gewinnen - insbesondere in seiner Heimatprovinz KwaZulu-Natal an der Ostküste Südafrikas, wo er viele Anhänger hat. So will er zum Beispiel die Todesstrafe wieder einführen und hat versucht, Schwangerschaften im Teenageralter zu kriminalisieren.
    Zuma kommt immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt - vor, während und nach seiner Amtszeit. Die Vorwürfe in den vergangenen Jahren waren vielfältig: Bestechung, Korruption, Geldwäsche, Betrug, Vergewaltigung. Seiner Popularität schadet das wenig.
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    ANC erwartet mögliche Wahlschlappe

    Für den regierenden African National Congress (ANC) ist Zumas Sperre zunächst eine gute Nachricht. Seit 30 Jahren ist die Partei an der Macht, regiert seit dem Ende der Apartheid ununterbrochen mit absoluter Mehrheit. Zum ersten Mal könnte die Dauerregierungspartei diese bei der anstehenden Wahl verlieren: Zum ersten Mal sieht es so aus, als ob eine Koalitionsbildung notwendig werden könnte.
    Die Partei ist von Missmanagement und Korruption durchzogen, das hat den ANC seine Glaubwürdigkeit gekostet. Bei der letzten Wahl 2019 kam die Partei von Präsident Cyril Ramaphosa noch auf 57 Prozent der Stimmen. Aktuelle Prognosen sehen sie nur noch bei etwas mehr als 43 Prozent.

    Große Unzufriedenheit mit Regierung

    Die Unzufriedenheit mit der Regierungspartei ist groß: Die Arbeitslosigkeit in Südafrika ist hoch, besonders junge Südafrikaner finden keine Jobs. Es gibt kaum Ausbildungsplätze, die Infrastruktur ist marode, die Wirtschaft schwächelt.
    Von Nelson Mandelas Vision der Regenbogennation ist nicht mehr viel übrig: Südafrika ist das Land mit der größten Einkommensungleichheit weltweit, so eine Statista-Erhebung für das Jahr 2022. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist noch immer riesig.
    Während der ANC Jacob Zuma und seinen Anhängern vorwirft, Spaltungen innerhalb der Regierungspartei herbeizuführen, beschuldigt Jacob Zuma die ANC-Regierung, es nicht geschafft zu haben, das Leben der Südafrikaner zu verbessern.
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    Unsere derzeitige Führung hat die Richtung verloren, also wäre es nachlässig von uns, ihnen nicht zu sagen, dass wir die Dinge in Ordnung bringen müssen.

    Jacob Zuma

    Das Kuriose: Jacob Zuma sagt, er will mit MK das Land verändern, alles besser machen als der ANC. Dabei war er bis vor wenigen Monaten stolzes Mitglied ebenjener Partei, die er jetzt für den maroden Zustand des Landes verantwortlich macht.
    Seiner Beliebtheit in großen Teilen der Wählerschaft tut das aber offensichtlich keinen Abbruch: Laut jüngsten Umfragen könnte die MK am 29. Mai etwa 14 Prozent der Stimmen holen. Damit würde die Partei in Bezug auf die Wählerunterstützung auf Anhieb landesweit zu den fünf größten politischen Parteien gehören.
    Verena Garrett ist Leiterin des ZDF-Studios in Johannesburg.

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