Wahlkampf nach Colorado-Urteil: Trumps Ton wird aggressiver

    Wahlkampf in den USA:Colorado-Urteil: Trumps Ton wird aggressiver

    Bastian Hartig
    von Bastian Hartig, Washington
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    Nach dem Urteil, das Donald Trump von der Colorado-Vorwahl ausschließt, geht dieser immer aggressiver gegen seine Gegner vor. Sogar vor Hitler-Sprech schreckt er nicht mehr zurück.

    Donald Trump spricht während einer Wahlkampfveranstaltung am Dienstag, 19.12.2023, in Waterloo.
    Ex-Präsident Donald Trumps Ton wird schärfer - nicht selten sorgt das für Todesdrohungen im Netz.
    Quelle: AP

    Es dauerte nicht lange, bis die Todesdrohungen im Netz auftauchten. Gerichtet waren sie gegen die Richter und Richterinnen des Obersten Gerichtshofs des US-Bundesstaates Colorado.
    Nur Stunden zuvor hatten sie Donald Trump von den Vorwahlen in ihrem Staat ausgeschlossen, weil er aus ihrer Sicht gegen den 14. Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung verstoßen hatte. Der besagt, dass jemand, der schon einmal einen Eid zur Verteidigung der Verfassung abgelegt hat, kein öffentliches Amt bekleiden darf, wenn er sich an einem Aufstand beteiligt hat.
    Das Gericht wertete Trumps Aussagen und Handlungen rund um den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 als eine solche Beteiligung und disqualifizierte ihn.
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    Der ehemalige US-Präsident Donald Trump darf nicht an den Präsidentschaftsvorwahlen in Colorado teilnehmen.20.12.2023 | 1:21 min

    Trumpisten: Aufrufe zur Gewalt nach Colorado-Urteil

    Einige von Trumps Anhängern wurden offensichtlich sofort aktiv. In den 24 Stunden nach dem Urteil seien in einschlägigen Online-Foren massenhaft Aufrufe zur Gewalt gegen die Richter aufgetaucht, wie der US-Sender NBC unter Berufung auf die Organisation Advance Democracy berichtet. Diese nimmt die Rhetorik und den Einfluss gewaltbereiter extremistischer Gruppen in den USA und Europa unter die Lupe. Sogar die Telefonnummern, E-Mail- und Büroadressen seien veröffentlicht worden.
    Derartige Drohungen sind nicht neu. Die Richterin einer niedrigeren Instanz, die sich zuvor mit dem Fall beschäftigte, verbot durch einen Gerichtsbeschluss bedrohliche oder einschüchternde Aussagen in Zusammenhang mit dem Verfahren. Nach dem, was sie in ähnlichen Fällen gesehen habe, sei sie besorgt um ihre Sicherheit und die ihrer Mitarbeiter, sagte die Richterin zur Begründung.
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    Trump greift Richter und Staatsanwälte an

    Aber nicht nur bei Trumps Anhängern wird die Rhetorik zunehmend aggressiver. Auch der Ex-Präsident selbst bedient sich immer schärferer Worte. Gerade in den diversen Gerichtsverfahren, die gegen ihn laufen, greift er Richter, Staatsanwälte und Mitarbeiter des Gerichts immer wieder persönlich an.
    Den vom Justizministerium eingesetzten Sonderermittler Jack Smith, der gleich in zwei Strafverfahren gegen Trump die Anklage vertritt, bezeichnete der Präsidentschaftsanwärter wiederholt als "geistesgestört". Die Vorsitzende Richterin des Verfahrens, das in der US-Hauptstadt Washington gegen Trump wegen seiner Rolle beim Sturm auf das Kapitol läuft, verbot es Trump, Beteiligte des Prozesses öffentlich zu verunglimpfen und einzuschüchtern, darunter auch mögliche Zeugen.
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    Eine Wiederwahl Trumps im nächsten Jahr hätte weitreichende Folgen auch für Europa.10.12.2023 | 2:49 min

    Nach Trump-Beschimpfungen: Richter erhielt Todesdrohungen

    In dem Verfahren vor einem New Yorker Gericht wegen Betrugsvorwürfen gegen Trump und seine Firma griff Trump mehrfach den Richter, dessen Frau und eine Beisitzerin verbal an. Auch hier hagelte es in der Folge Todesdrohungen und auch hier sah sich der Richter gezwungen, Trump den Mund zu verbieten.
    Trumps aggressive Rhetorik ist nicht neu. Schon in seinem ersten Präsidentschaftswahlkampf und während seiner Amtszeit verunglimpfte er Gegner und Minderheiten. Einwanderer aus Lateinamerika bezeichnete er beispielsweise als Drogenschmuggler und Vergewaltiger.

    Ex-Frau: Trump hatte Hitlers Reden im Nachttisch

    In jüngster Zeit bedient sich der republikanische Spitzenreiter aber einer noch drastischeren Wortwahl. Bei einem Wahlkampfauftritt erklärte er jüngst, Einwanderer an der Südgrenze der USA "vergiften das Blut unseres Landes". Rhetorik, die in erschreckender Weise der aus Adolf Hitlers Hetzschrift "Mein Kampf" ähnelt. Er habe das Buch nie gelesen, verteidigte sich Trump gegen Vorwürfe, mit Hitlers faschistischem Gedankengut zu sympathisieren.
    Graphic-Novel-Motiv, das Adolf Hitler in braunem Hemd vor grauer Wand zeigt.
    "Der Aufsteiger" heißt die erste Folge der dreiteiligen ZDF-Dokumentation "Hitlers Macht", die das ZDF 90 Jahre nach Hitlers Regierungsübernahme am 30. Januar 1933 zeigt.17.01.2023 | 43:44 min
    Dass er sich zumindest mit der nationalsozialistischen Weltsicht beschäftigte, legt ein Artikel der Zeitschrift "Vanity Fair" aus dem Jahr 1990 nahe. Darin steht, Trumps inzwischen verstorbene Ex-Frau Ivana Trump habe ihrem Anwalt erzählt, Trump lese hin und wieder ein Buch mit Hitlers gesammelten Reden, das er in seinem Nachttisch aufbewahre. Auch Trumps jüngste Verunglimpfung seiner politischen Gegner als "Ungeziefer" erinnert an die Wortwahl Hitlers.
    Stefan Liebich, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Linken, arbeitet jetzt für die Rosa Luxemburg Stiftung in New York
    Für die Menschen in der Ukraine wäre die Wiederwahl Donald Trumps "der Worst Case", sagt Linken-Politiker Stefan Liebich.03.12.2023 | 0:45 min

    Geschichtsprofessorin: Trumps Rhetorik "gefährlich"

    Experten warnen, dass solch menschenfeindliche Rhetorik Folgen habe. Und die seien auch gewollt sagte Ruth Ben-Ghiat, Geschichtsprofessorin an der New York University dem Radiosender NPR. Autoritäre Führer wollten Gewalt als etwas Positives, etwas Notwendiges und Patriotisches darstellen. Eine entmenschlichende Sprache, wie sie Trump verwende, baue zudem Tabus gegen die Anwendung von Gewalt ab.

    Das ist eine sehr gefährliche Rhetorik.

    Ruth Ben-Ghiat, Geschichtsprofessorin an der New York University

    Bastian Hartig berichtet aus dem ZDF-Auslandsstudio in Washington.

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