Angriffe gegen Moskau: Ukraine setzt neuen Drohnentyp ein

    Ukraine-Drohnen gegen Moskau:Symbolik wichtiger als Schaden

    von Christian Mölling und András Rácz
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    Fünf Angriffe seit Juli: Eine neue ukrainische Drohne kann Moskau erreichen und den Krieg weit in russisches Gebiet tragen. Die symbolische Bedeutung ist wichtiger als der Schaden.

    Ein ukrainischer Soldat präpariert eine Drohne an der Frontlinie in der Region Saporischschja.
    Ein ukrainischer Soldat präpariert eine Drohne an der Frontlinie in der Region Saporischschja. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Seit Anfang Juli haben ukrainische Drohnen bereits fünfmal Moskau angegriffen. Die letzten beiden Angriffe erfolgten am 30. Juli und am 1. August. Während des Angriffs am 30. Juli musste einer der Moskauer Flughäfen, Vnukovo, kurzzeitig seinen Betrieb einstellen.
    Die russische Führung behauptet, dass alle ankommenden Drohnen entweder abgeschossen oder durch elektronische Kriegsführung unbrauchbar gemacht wurden, also abstürzten. Keiner der Angriffe forderte ein Todesopfer.
    Ein Bürogebäude in Moskau wurde erneut von einer Drohne getroffen.
    Nach russischen Angaben gab es zum Monatswechsel wieder Drohnenangriffe auf Moskau. Es soll ein Bürogebäude getroffen worden sein.01.08.2023 | 2:17 min
    Einer der früheren Angriffe galt dem russischen Verteidigungsministerium. Bei den beiden jüngsten Einsätzen wurden Hochhäuser im Moskauer Geschäftsviertel Moscow City beschädigt. Das IQ Kvartal genannte Gebäude beherbergt Büros einiger russischer Ministerien, nämlich des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung, des Ministeriums für Industrie und Handel sowie des Digitalministeriums.
    Mit anderen Worten: Wenn das Gebäude absichtlich angegriffen wurde, handelt es sich um ein legitimes Ziel, das der russischen Staatsverwaltung gehört.



    Ukraine: Neuer Drohnentyp

    Diese Angriffe sind bezeichnend für die verbesserten Drohnenfähigkeiten der Ukraine. Offenbar ist es der Ukraine gelungen, einen solchen Drohnentyp zu entwickeln, der rund tausend Kilometer weit fliegen kann.
    Außerdem ist sie höchstwahrscheinlich nur schwer aufzuspüren, sonst hätte sie nicht so tief in russisches Hoheitsgebiet eindringen und Moskau erreichen können, schließlich konnte sie nur von der sehr starken Luftabwehr um die Hauptstadt herum abgeschossen werden.
    Auch ist es sehr wahrscheinlich, dass die Drohne nur eine relativ kleine Sprengladung an Bord hatte, sonst wäre der Schaden am Wolkenkratzer und am Boden viel größer gewesen. Höchstwahrscheinlich wurde die Drohne auf maximale Reichweite und Präzision statt auf Zerstörungskraft optimiert, weshalb sie nur einen kleineren Sprengkopf trägt.
    Moskau, 30.07.2023: Drohnenangriff auf Moskau
    Die Ukraine meldet weitere Angriffe Russlands, darunter die Städte Sumy und Saporischja. Unterdessen melden russische Behörden den Abschuss ukrainischer Drohnen - auch in Moskau.30.07.2023 | 1:54 min

    Keine Panik bei Moskauer Bevölkerung

    Bisher blieb die Moskauer Bevölkerung ruhig, die Anschläge lösten keine Panik oder Angst aus. Die Gründe dafür sind vielfältig.
    Erstens: Es gab keine Verletzten, und der materielle Schaden ist minimal.
    Zweitens ist Moskau eine extrem große Stadt, sodass ein paar kleine Anschläge das Funktionieren der Stadt als Ganzes nicht beeinträchtigen.
    Drittens erlebte Moskau in den 2000er Jahren eine Reihe von tödlichen Terroranschlägen, die von tschetschenischen Separatisten und radikalen, militanten Islamisten verübt wurden. Im Vergleich zu den damals erlittenen Verlusten stellen diese Drohnenangriffe keine wirkliche Bedrohung dar, zumindest bisher nicht.

    Russland verändert seine mediale Reaktion

    Nach dem ersten Angriff versuchten die russischen Staatsmedien, dessen Bedeutung herunterzuspielen und betonten den minimalen Schaden und die erfolgreiche Arbeit der Luftabwehr.
    Der russische Präsidentensprecher Dmitri Peskow behauptete, der Angriff sei nur eine "Verzweiflungstat" der Ukraine gewesen. Nach dem zweiten Schlag änderte sich jedoch der Ton. Nun wird die Ukraine weithin des Terrorismus' bezichtigt, weil sie zivile Ziele angegriffen hat (Russlang ignoriert, dass es seit Tag eins des Angriffskrieges zivile Ziele massiv angreift).
    Russische Rettungskräfte bei der Arbeit am Ort eines Drohnenangriffs auf eine Hafeninfrastruktur in der Region Odessa.
    Während die Ukraine vereinzelte Angriffe auf russischem Gebiet durchführt, hat Russland nach ukrainischen Angaben erneut Kiew und Odessa mit Drohnen attackiert.02.08.2023 | 0:20 min

    Symbol für die Schwäche des Kreml

    Dennoch zeigen die Angriffe die offensichtliche Schwäche des russischen Staates, da er nicht in der Lage ist, feindliche Flugzeuge (wenn auch kleine, unbemannte) daran zu hindern, Moskau zu erreichen und dort Schaden anzurichten.
    Längerfristig stellt sich die Frage, wie viele solcher Drohnen die Ukraine herstellen kann. Werden diese Drohnen in größerer Zahl eingesetzt, können sie militärischen Zielen in Russland - wie Flughäfen, Ölraffinerien und -depots, Kasernen und Elementen der kritischen Infrastruktur - erheblichen Schaden zufügen.
    Darüber hinaus sind sie in der Lage, Ziele zu treffen, die viel weiter von der ukrainischen Grenze entfernt sind. Mit anderen Worten: Durch diese neuen Drohnen kann der Drohnenkrieg viel größere russische Gebiete als je zuvor treffen.
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    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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