US-Präsident in Belfast: Biden ruft zu Friedenswahrung auf

    US-Präsident in Nordirland:Biden ruft zu Friedenswahrung auf

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    25 Jahre nach dem Karfreitagsabkommen: US-Präsident Joe Biden appelliert bei einer Rede in Belfast an die Bevölkerung. Er ruft zu Frieden und Zusammenarbeit auf.

    25 Jahre nach dem Abschluss des Karfreitagsabkommens in Nordirland hat US-Präsident Joe Biden bei einem Besuch in Belfast an die Menschen in der früheren Unruheregion appelliert. Sie sollten den Frieden wahren und das Wirtschaftspotenzial der Region ausschöpfen.
    "Frieden und Wohlstand gehören zusammen", sagte Biden am Mittwoch bei einer Ansprache an der Ulster Universität in der nordirischen Hauptstadt Belfast.

    Erhalten Sie den Frieden aufrecht, setzen Sie dieses unglaubliche wirtschaftliche Potenzial frei, das sich gerade erst auftut.

    US-Präsident Joe Biden

    Er sagte zu, die USA stünden beim Aufbau der Zukunft weiter an der Seite des britischen Landesteiles. Biden würdigte außerdem den Mut und die Entschlossenheit der Menschen in Nordirland. "Im Rückblick vergessen wir, wie hart erarbeitet und wie erstaunlich der Frieden damals war", sagte der Demokrat. Die USA hatten beim Zustandekommen des historischen Friedensschlusses eine wichtige Vermittlerrolle gespielt.
    Das ist das Karfreitagsabkommen:

    • Nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs zwischen pro-irischen Katholiken und pro-britischen Protestanten in Nordirland wird am 10. April 1998 mit dem sogenannten Karfreitagsabkommen offiziell Frieden geschaffen.
    • In dem Vertrag regeln Großbritannien, die Republik Irland und Führer nordirischer Parteien in Belfast, dass Protestanten und Katholiken gemeinsam eine Regionalregierung stellen.
    • Die Bevölkerungen Nordirlands und Irlands stimmen später in Referenden dem Abkommen zu. Die pro-irische IRA und pro-britische Loyalisten legen in der Folge ihre Waffen nieder.
    • Dennoch kommt es bis in die jüngste Zeit zu einzelnen Gewaltakten auf beiden Seiten.

    Biden betont Unterstützung der USA für Nordirland

    "Ihre Geschichte ist unsere Geschichte", sagte Biden an die Menschen in Nordirland gewandt. "Aber was noch wichtiger ist: Ihre Zukunft ist Amerikas Zukunft." Das Bruttoinlandsprodukt Nordirlands habe sich seit dem Friedensschluss 1998 verdoppelt. "Ich sage voraus, dass es sich verdreifachen wird, wenn sich die Dinge weiter in die richtige Richtung bewegen."
    Viele amerikanische Unternehmen seien interessiert daran, in Nordirland zu investieren. Und den Frieden in der früheren Unruheprovinz zu bewahren, sei eine Priorität für beide Parteien in den USA. Derlei Einigkeit sei heutzutage eine Seltenheit in der US-Politik. "Es ist uns, den Amerikanern, und mir persönlich wichtig", sagte Biden, der stolz auf seine irische Herkunft ist.
    Der US-Präsident rief dazu auf, das 25. Jubiläum des Abkommens zu feiern mit einem Bekenntnis zu Erneuerung und dazu, Schäden aus der Vergangenheit zu reparieren. Biden bemühte sich bei seiner Rede, Aufbruchstimmung zu verbreiten. Dort wo einst Stacheldraht die Stadt geteilt habe, stehe heute die Ulster Universität als Kathedrale des Lernens. Belfast sei heute ein Ort für Handel, Kunst, Inspiration.

    Die Dividenden des Friedens sind überall um uns herum.

    US-Präsident Joe Biden

    Immer noch Spannungen in Nordirland

    Auch ein Vierteljahrhundert nach dem Abschluss des Karfreitagsabkommens hat die Region aber noch immer mit Spannungen zu kämpfen. In Belfast und Londonderry, das Katholiken nur Derry nennen, leben Katholiken und Protestanten noch immer in unterschiedlichen Stadtvierteln - getrennt durch meterhohe Mauern und Zäune, sogenannte "peace walls".

    Biden in Belfast
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    Selbst Kindergärten und Schulen sind nach Konfessionen getrennt. Kurz vor dem Biden-Besuch kam es vereinzelt zu Ausschreitungen, bei denen ein Polizeiauto in Brand gesetzt wurde.

    Brexit zieht politische Lähmung in Nordirland nach sich

    Die Provinz leidet wegen des Streits über die Regeln nach dem Brexit für Nordirland auch seit mehr als einem Jahr unter politischer Lähmung. Daran änderte auch die Ende Februar von London und Brüssel geschlossene sogenannte Windsor-Vereinbarung zur Beilegung des Streits nichts.
    Die protestantisch-unionistische Partei DUP gibt sich stur und fordert weitere Zugeständnisse. Die beiden jeweils größten Parteien aus beiden konfessionellen Lagern müssen sich dem Karfreitagsabkommen zufolge auf eine Regierungsbildung in Nordirland einigen, sonst bleibt die Selbstverwaltung handlungsunfähig. Nicht einmal das Regionalparlament kann zusammentreten.
    Biden lobte die Vereinbarung zwischen London und Brüssel und rief die Parteien in Nordirland dazu auf, wieder in eine gemeinsame Regierung einzutreten. Mit Blick auf ein Treffen mit den Chefs der wichtigen nordirischen Parteien betonte Biden auch, er wolle zuhören. Dass der US-Präsident einen Durchbruch bewirken könnte, hatte ohnehin kaum jemand geglaubt.

    Biden reiste anschließend nach Irland weiter

    Biden traf sich bei seinem Besuch in Belfast auch mit dem britischen Premier Rishi Sunak. Direkt nach der Rede in Belfast reiste Biden weiter nach Irland. Dort sind mehrere Stopps vorgesehen: Neben politischen Gesprächen in der irischen Hauptstadt Dublin plant der Demokrat Besuche an verschiedenen Orten im Land, aus denen Vorfahren von ihm stammen.
    Quelle: dpa

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