Mehr Abschiebungen: Polizei will 100 Milliarden und Stellen

    Interview

    100 Millarden Euro, 300 Stellen:Abschiebungen: Polizei will Geld und Stellen

    |

    Die Ampel will mehr Abschiebungen. Die Gewerkschaft der Polizei findet das Gesetz gut - wenn mehr folgt: Ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro und 300 neue Stellen.

    Hand und Fussfesseln trägt ein junger Mann aus Afghanistan, den Polizisten zur Abschiebung zum Flughafen bringen, aufgenommen am 04.12.2018 in Frankfurt am Main
    Ein Mann aus Afghanistan wird zur Abschiebung an den Flughafen gebracht. Nach den Gesetzesplänen der Ampel-Regierung soll die Polizei nun häufiger abschieben.(Archivfoto)
    Quelle: DPA

    Die Bundesregierung will die Abschiebung von Menschen beschleunigen, die kein Aufenthaltsrecht und keine Duldung haben. Dafür hat das Kabinett heute mehrere Gesetzesänderungen beschlossen, über die der Bundestag nun entscheiden muss. Verantwortlich für Abschiebungen sind am Ende die Länder - und deren Polizei.
    Jochen Kopelke, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, sagt im Interview mit ZDFheute, was er von dem Gesetzesvorhaben hält.
    ZDFheute: Herr Kopelke, wird das Gesetz, das das Bundeskabinett heute beschlossen hat, die Zahl der Abschiebungen tatsächlich erhöhen?
    Jochen Kopelke: Dieses Rückführungsverbesserungsgesetz wird den Polizeibeschäftigten in Bund und Ländern tatsächlich mehr Befugnisse bringen, wenn wir in Amtshilfe für die Ausländerbehörden tätig werden. Insofern hilft es bei der Polizeiarbeit, denn der Fokus ist ganz klar auf ausländische Straftäter, Gefährder, Schleuser und auch Inhaftierte gerichtet.

    Für die Polizei ist es ein gutes Gesetz und wir hoffen, dass der Bundestag es schnellstmöglich auf den Weg bringt.

    Jochen Kopelke, Gewerkschaft der Polizei

    Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, aufgenommen am 14.09.2022
    Quelle: dpa

    ... ist Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei. Sie ist die größere der beiden Polizeigewerkschaften und vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von 200.000 Polizistinnen und Polizisten.

    ZDFheute: Welche dieser ganzen Maßnahmen ist die wichtigste für Sie?
    Kopelke: Dass wir in Sammelunterkünften nicht mehr nur einen Bereich aufsuchen dürfen, sondern andere Wohnungen betreten dürfen, um tatsächlich ausweispflichtige Personen zu finden. Das war vorher in der Praxis durchaus ein Problem. Außerdem soll der Datenaustausch mit den Ausländerbehörden verbessert werden. Auch das hilft in der täglichen Arbeit, um echte Personalien zu ermitteln. Und Mitglieder von kriminellen Vereinigungen bekommen einen besonderen Fokus.
    German police check along Austrian border to tackle commercial traffickers
    Das Kabinett hat dazu ein entsprechendes Gesetzespaket verabschiedet. Es erweitert z.B. die Befugnisse der Polizei. Auch ein härteres Vorgehen gegen Schleuser ist geplant.25.10.2023 | 2:48 min
    ZDFheute: Das war vorher nicht der Fall?
    Kopelke: All das war in der Vergangenheit mühselig und wird jetzt zu einem besseren Handling führen. Wenn der Bundestag das nicht mehr groß ändert, können wir das Gesetz für unsere Polizeiarbeit nur begrüßen.
    ZDFheute: Sie befürchten eine Verwässerung im Gesetzgebungsverfahren?
    Kopelke: Es ist ja erst einmal nur ein Entwurf der Bundesregierung. Und wir erleben zunehmend, dass der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung durchaus in ihren Gesetzen unterschiedlich unterwegs sind. Deswegen erhoffen wir uns eine breite Mehrheit im Deutschen Bundestag für diesen Entwurf. Klar ist aber, dass er nur ein Baustein ist.
    Es braucht endlich das moderne neue Bundespolizeigesetz. Und wir brauchen ein Sondervermögen, um Ressourcen, Personal, Technik zu bekommen. Über dieses Gesamtpaket muss der Deutsche Bundestag jetzt schnellstmöglich beraten.
    Schleuser-Reportage Bayern
    Bis Ende August gingen der Bundespolizei schon 1.683 Schleuser ins Netz. Stationäre Kontrollen an Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz und mobile Kontrollen im Hinterland sollen für mehr Sicherheit sorgen.21.10.2023 | 4:43 min
    ZDFheute: Wie hoch muss das Sondervermögen sein?
    Kopelke: Die Bundeswehr hat für die Sicherheit der Außengrenzen äußere Sicherheit ein Sondervermögen bekommen. Das braucht es auch für die Polizei, weil wir natürlich durch den Krieg in Israel, durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, aber auch durch die Alltagskriminalität so gefordert sind, dass wir das in Bund und Ländern nicht einzeln schaffen.

    Wir fordern ein Sondervermögen vom Bundestag, damit der Bund die Länder in der Sicherheitsarbeit stärkt.

    Jochen Kopelke, Gewerkschaft der Polizei

    ZDFheute: Also 100 Milliarden Euro? Das wird Bundesfinanzminister Christian Lindner nicht freuen.
    Kopelke: Nein, wir machen ja aber auch Vorschläge, wie man Kriminellen das Geld wegnimmt, wie man den Bereich der Geldwäsche, Finanzkriminalität, Ressourcen bekommt. Wir machen Vorschläge in allen Gesetzgebungsverfahren, wie eingenommene Bußgelder und Strafgelder, denen Sicherheitsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Und Geld ist ja da. Es gibt ja Steuereinnahmen in Milliardenhöhe.
    ZDFheute: Werden Sie es denn ohne das Sondervermögen schaffen, das Gesetz personell umsetzsetzen?
    Koeplke: Wir werden in einigen Bereichen mehr Erfolge haben, weil wir ja anders betreten dürfen, anders suchen dürfen, mehr Informationen vorhalten dürfen. Schaffen werden wir das alles jetzt nicht. Deswegen fordern wir die von Christian Lindner abgelehnten 300 zusätzlich Polizisten. Das braucht es auch. Und das kann der Deutsche Bundestag jetzt auch parallel zu diesem Gesetz auf den Weg bringen.
    Grenzkontrolle-Sachsen
    Bundesinnenministerin Faeser hat nun doch stationäre Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz bei der EU beantragt. Im sächsischen Görlitz ging es gestern Abend los mit den ersten Kontrollen.17.10.2023 | 1:49 min
    ZDFheute: Also unterm Strich: Das Gesetz ist gut, aber nur dann, wenn es mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro bessere Ausstattung und 300 mehr Stellen für die Polizei gibt?
    Kopelke: Genau. Und wenn das Bundespolizeigesetz endlich kommt. Dann hätten wir an der Grenze andere Befugnisse und das unterstützt mit Personal. Wenn Herr Lindner nicht mehr blockiert und der Deutsche Bundestag zustimmt, dann wären wir eigentlich auf einen guten Weg.
    ZDFheute: Und dann kommen Sie an die großen Schleuserringe?
    Kopelke: Ja. Wir sehen in der Polizeiarbeit, dass die großen Schleuservorgänge - insbesondere das unkontrollierte Reinkommen ins Land - ja organisiert stattfindet. Und da den Riegel vorzuschieben - mit den Erfahrungen aus 2015, 2016 - rettet Menschenleben, wenn man über Containerschleusen und Autoschleusen nachdenkt.
    Wir sind ja in den Ländern und im Bund sehr vernetzt, aber mittlerweile auch in den Nachbarstaaten und über Europol auch europäisch. Es gibt also sehr gute polizeiliche Möglichkeiten dieser organisierten Schleuserkriminalität Herr zu werden, wenn der Fokus darauf gelegt wird.
    Das Interview führte Kristina Hofmann.

    Mehr Hintergründe