Atom-Aus: Habeck muss Rede und Antwort stehen

    Bundestagsausschüsse:Atom-Aus: Habeck muss Rede und Antwort stehen

    von Oliver Klein und Dominik Rzepka
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    Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik eigener Experten zum Atom-Aus ignoriert haben. Die FDP spricht von Vertrauensbruch. Habeck selbst wird am Freitag dazu im Bundestag befragt.

     Robert Habeck bei einer Plenardebatte im Bundestag am 26.04.2024.
    Nach Berichten über mögliche Informationsmanipulation beim Atomausstieg haben sich Robert Habeck und Steffi Lemke den Fragen der zuständigen Ausschüsse gestellt.26.04.2024 | 2:25 min
    Haben wichtige Mitarbeiter von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) interne Kritik und Expertise an den Plänen zum Atomausstieg unterdrückt? Ein Bericht des Magazins "Cicero" sorgt in Berlin für Aufregung.
    Mehrere FDP-Politiker nutzen den an diesem Donnerstag veröffentlichten Artikel für eine Attacke auf ihren Koalitionspartner. "Cicero" hatte berichtet, dass innerhalb der Ministerien Einschätzungen von Fachleuten zu einer Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke manipuliert worden sein sollen. Robert Habeck selbst sei von seinen eigenen Leuten bewusst falsch informiert worden, heißt es bei "Cicero". Das Wirtschafts- und das Umweltministerium dementierten diese Darstellung, aber der Schaden ist angerichtet.
    Andreas Jung, klima- und energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion, im Gespräch mit ZDF-Mima-Moderatorin Mirjam Meinhard
    Nach den Erklärungen von Robert Habeck vor den zuständigen Ausschüssen seien "viele Fragen nicht beantwortet", so der energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Jung.26.04.2024 | 5:05 min

    FDP-Bundesvorstand spricht von "Vertrauensbruch"

    FDP-Bundesvorstand Gerald Ullrich schreibt bei X von einem "Vertrauensbruch, der Konsequenzen haben sollte".

    Die AKW-Files zeigen, dass wir Bürger und wir Koalitionspartner nicht die ganze Wahrheit über den Kernkraftausstieg erfahren haben.

    FDP-Bundesvorstand Gerald Ullrich bei X

    Michael Kruse, der energiepolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, schreibt bei X, er sei "von Robert Habeck enttäuscht". Gegenüber ZDFheute erklärte er, dass im Frühjahr 2022 aus Gesprächen mit Kraftwerksbetreibern hervorging, "dass eine Laufzeitverlängerung möglich ist und hilft, um Gas zu sparen. Die von der FDP erfolgreich durchgesetzte Laufzeitverlängerung hat das später bestätigt."
    AKW Brokdorf
    Gefährdet der Atomausstieg die Versorgungssicherheit im Land? Wie gut geht der Ausbau der Erneuerbaren voran? Oder muss doch das Atom-Revival her? Jutta Sonnewald zieht Bilanz.04.01.2024 | 3:08 min
    Auch aus regelmäßigen Gesprächen mit den Fachabteilungen des Wirtschaftsministeriums seien keine anderslautenden Einschätzungen bekannt geworden, so Kruse.

    Dass Robert Habeck die Position seiner Fachabteilung nicht gekannt haben soll, ist nicht glaubwürdig.

    Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

    Einschätzung von ZDF-Korrespondent Hinterleitner




    ZDF-Hauptstadtkorrespondent Karl Hinterleitner, zugeschaltet aus Berlin, im Gespräch mit Moderatorin Christina von Ungern-Sternberg.
    Wirtschaftsminister Habeck und Umweltministerin Lemke mussten vor dem Energieausschuss zum Atomausstieg aussagen. Ob die Sache damit vom Tisch ist, berichtet Karl Hinterleitner.26.04.2024 | 1:04 min

    Habeck wird am Freitag im Bundestag erwartet

    Auch von Unionsseite ist die Kritik heftig. Thorsten Frei, der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, schreibt bei X: "Beim Kernkraft-Aus wurden Parlament und Bevölkerung belogen." Habeck solle nun sämtliche Akten dazu auf den Tisch legen.
    Posting von Thorsten Frei (CDU) bei X
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    CSU-Generalsekretär Martin Huber postet bei X, Habeck sei "nicht mehr tragbar". "Entweder hat er gelogen, oder sein eigenes Ideologie-Ministerium nicht im Griff", so Huber.
    Die Union beantragte für diesen Freitag zwei Sondersitzungen von Bundestagsausschüssen. Nach ZDFheute-Informationen wird Habeck im Klima- und Energieausschuss des Bundestags erscheinen und auf Fragen der Abgeordneten antworten. Auch Umweltministerin Lemke will Rede und Antwort stehen, wie ein Sprecher der dpa sagte.
    Kommt die Atomkraft wieder?
    Ein Jahr nach dem endgültigen Ausstieg Deutschlands aus der Atomkraft bezeichnet die CDU diesen Schritt als historischen Fehler. 16.04.2024 | 2:50 min

    Habeck verteidigt den Atomausstieg

    Habeck selbst verteidigt die Entscheidung für den Atomausstieg. Der Ausstieg sei "absolut vertretbar", er habe die Versorgungssicherheit Deutschlands nicht gefährdet, sagte Habeck am Donnerstagnachmittag in einem TikTok-Video. "Wir sehen heute, dass wir klarkommen."
    Das Wirtschaftsministerium wies die Vorwürfe des Magazins "Cicero" zurück. Die Darstellung sei "verkürzt und ohne Kontext", entsprechend seien die daraus gezogenen Schlüsse "nicht zutreffend". "Zu Nutzen, Chancen, Risiken, Hürden einer möglichen Verlängerung des Betriebs" der AKW sei innerhalb des Ministeriums, zwischen Ressorts und mit den Kraftwerksbetreibern schon "frühzeitig eine breite, fundierte, offene und kritische Diskussion geführt und verschiedene Argumente gehört und gewogen" worden, hieß es.

    Betreiber waren gegen längere Laufzeiten

    Unterlagen zeigen beispielsweise, dass die drei AKW-Betreiber EnBW, Eon und RWE sich Anfang 2022 klar gegen eine Laufzeitverlängerung aussprachen. Bedingung für einen Streckbetrieb - eine Verlängerung der Laufzeit über 2022 hinaus - wäre einer dieser Unterlagen zufolge eine Senkung oder Abschaltung der Stromproduktion im Sommer.
    Ab Juni 2022 hätten die AKW-Betreiber diese Aussage aber geändert, wie es aus Ministeriumskreisen hieß: Ein Streckbetrieb sei doch möglich. Die Ampel-Koalition stritt heftig über diese Laufzeitverlängerung. Die FDP war grundsätzlich für eine längere Laufzeit. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entschied schließlich, dass die drei Atomkraftwerke noch bis 15. April 2023 laufen sollen.
    Mit Material von Reuters, AFP

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