Scholz kontra Union: Harte Attacken im Taurus-Streit

    Scholz kontra Union:Harte Attacken im Taurus-Streit

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Die Taurus-Debatte strapaziert die Nerven: Dünnhäutig beantwortet Kanzler Scholz im Bundestag Fragen. Mit Schwäche habe das nichts zu tun, sagt er. Die Union attackiert ihn hart.

    Bundeskanzler Olaf Scholz und Boris Pistorius bei Regierungsbefragung im Bundestag.
    Ein kämpferischer Olaf Scholz erneuert bei der Regierungsbefragung sein "Nein" zur Taurus-Lieferung an die Ukraine – und wirft der Union die Verbreitung von Halbwahrheiten vor. 13.03.2024 | 2:45 min
    Die erste Frage hat noch niemand gestellt, da wird es bei der Fragestunde im Bundestag grundsätzlich. Die wochenlange Kritik an seiner Entscheidung, keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu schicken, scheint an Kanzler Olaf Scholz (SPD) nicht spurlos vorübergegangen zu sein.
    Die Unterstützung für die Ukraine sei "weiter notwendig", sagt Scholz zu Beginn. Aber jede Entscheidung müsse sorgsam abgewogen werden.

    Besonnenheit ist nicht etwas, was man als Schwäche qualifizieren kann, wie einige das tun. Besonnenheit ist etwas, worauf Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch haben.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

    Deswegen habe er sich gegen das Taurus-System für die ukrainische Armee entschieden. Es sei "ausgeschlossen", solche weitreichende Waffen ohne Beteiligung deutscher Soldaten in den Einsatz zu schicken. "Das ist eine Grenze, die ich als Kanzler nicht überschreiten will."
    Befragung des Bundeskanzlers
    Die Befragung des Bundeskanzlers in ganzer Länge.13.03.2024 | 84:36 min

    Scholz wirft Union Spiel mit "Halbwahrheiten" vor

    Wie dünn das Nervenkostüm ist, zeigt sich in den Wortgefechten mit Fragestellern aus der Unionsfraktion. Erst versucht es Johann Wadephul (CDU): Was sei denn nun die wirkliche Erklärung für die Anti-Taurus-Entscheidung? Deutsche Soldaten seien doch, wenn man dem Gespräch der Offiziere nach dem geleakten Gespräch weiß, dafür gar nicht nötig?
    Oder misstraue der Kanzler der Ukraine, dass sie die Waffen eben nicht zur Verteidigung, sondern zum Angriff Russlands einsetze? Und müsse man dann nicht die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland stoppen?
    Nach eigenen Angaben sind russische Pro-Ukraine Kämpfer in russische Orte nahe der ukrainischen Grenze vorgedrungen. Die Duma äußert sich derweil zur Taurus-Debatte.
    Nach eigenen Angaben sind russische Pro-Ukraine Kämpfer in russische Orte nahe der ukrainischen Grenze vorgedrungen. Die Duma äußert sich derweil zur Taurus-Debatte.12.03.2024 | 1:41 min
    Es sei "nicht verantwortbar", so Scholz, dass "mit einer Ansammlung von Halbwahrheiten" in der öffentlichen Diskussion "ein falscher Eindruck" erweckt werde. Die Taurus-Entscheidung mit der Soldatenausbildung zu verbinden, sei "lächerlich", so Scholz.
    Auf der Infografik wird der Marschflugkörper Taurus gezeigt. Die Waffe findet und zerstört ihr Ziel selbstständig. Dafür wird der Flugweg mehrere Tage vorgeplant und in der Waffe abgespeichert.
    Doch von "lächerlich" hatte Wadephul gar nicht gesprochen. Es sei nun mal, so der CDU-Politiker, eine "maßgebliche Verwirrung" entstanden. Warum misstraue Scholz der Ukraine eigentlich so? Mit Vertrauen, so Scholz, habe das alles nichts zu tun. Es gehe um Sicherheit. Scholz' Vorwurf Richtung Union: "Die Bürgerinnen und Bürger haben Angst vor Ihnen." Es werde mit "psychologischen Kategorien" über Krieg und Frieden gesprochen, wenn "Besonnenheit und Abwägung als Zögerlichkeit und Feigheit oder sonst was" bewertet würden, so Scholz.
    Archiv, 22.02.2024, Berlin: Johann Wadephul (CDU) spricht in der Debatte zu Zehn Jahre russischer Krieg in der Ukraine im Bundestag.
    Bei der Regierungsbefragung im Bundestag liefern sich Bundeskanzler Scholz und CDU-Politiker Wadephul einen Schlagabtausch zur Thematik der Taurus-Lieferung. 13.03.2024 | 6:29 min
    Wadephul zeigte sich großzügig. Wenn es Scholz guttue, den Fragesteller anzugreifen, "dann machen Sie das". Sein Parteikollege Norbert Röttgen bleibt da weniger ruhig.
    Die von der Bundeswehr herausgegebene Aufnahme zeigt einen Kampfjet bestückt mit dem Lenkflugkörper Taurus.
    Für den Bundeskanzler steht fest: Keine Taurus für die Ukraine, damit Deutschland nicht Kriegspartei wird. Wichtige Verbündete und der Koalitionspartner FDP sehen das anders.10.03.2024 | 4:05 min

    Röttgen: "Wahre Motive" weiter unklar

    Neuer Versuch: Sind denn, fragt Röttgen, Frankeich und Großbritannien nun Kriegsbeteiligte, weil sie an der Steuerung ihrer Marschflugkörper in der Ukraine beteiligt sind? Und wenn nein: Warum fürchte Scholz dann, dass mit Taurus Deutschland kriegsbeteiligt würde?
    Scholz wiederholt seinen Vorwurf: "Halbwissen" werde in der Öffentlichkeit verbreitet. "Durch die Lieferung der Waffen wird man nicht kriegsbeteiligt. Niemand hat das gesagt." Allerdings:

    Was mich ärgert, ist, sehr geehrter Herr Abgeordneter, lieber Norbert: Dass du alles weißt und eine öffentliche Kommunikation betreibst, die darauf baut, dass dein Wissen kein öffentliches ist.

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

    Um welches Wissen es genau geht, sagt Scholz nicht. Vielleicht um Informationen, die in den nichtöffentlichen Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses gefallen sind. Oder im Verteidigungsausschusses. Oder ob es noch ein Leak irgendwo gibt.
    Sondersitzung Verteidigungsausschuss
    Die Opposition hat viele Fragen an die Regierung. Aufklärung über das geleakte Gespräch von Bundeswehr-Offizieren soll eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses bringen.11.03.2024 | 3:06 min
    Röttgen spricht von einer Unterstellung. "Ich weiß gar nicht, wer mir dieses Wissen geben sollte." Es gehe darum, dass Scholz seine "wahren Motive" nicht nenne, sondern "immer neue Ausreden erfinde, die sich widersprechen". Röttgens Vorwurf an Scholz:

    Sie spielen nicht mit klaren Karten, sondern zielen darauf ab, die Öffentlichkeit in dieser Frage zu täuschen.

    Norbert Röttgen (CDU)

    ARCHIV - 01.12.2023, Berlin: Norbert Röttgen, CDU-Bundestagsabgeordneter, spricht im Plenum des Bundestags.
    Bundeskanzler Scholz und CDU-Bundestagsabgeordneter Norbert Röttgen diskutieren hitzig über die Taurus-Frage. Röttgen wirft Scholz vor, die Öffentlichkeit zu täuschen.13.03.2024 | 4:10 min

    Eiliges Händeschütteln - und dann schnell weg

    Nach einer Stunde scheint Scholz fast erleichtert. Die Fragestunde ist beendet. Eilig läuft er zu den Abgeordneten seiner Koalitionsfraktion und schüttelt allen die Hände, die in den ersten Reihen sitzen. Erst bei der FDP, dann bei den Grünen, dann seiner eigenen, der SPD. Dann schnell weg Richtung Ausgang.
    Der Union schenkt er noch nicht einmal einen Blick.

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