Kurswechsel beim Klimaschutz: Habeck streicht Sektorziele

    Kurswechsel im Klimaschutz:Habeck streicht stramme Sektorziele

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    Nach der Heiz-Einigung legt Minister Habeck einen Entwurf für ein neues Klimaschutzgesetz vor. Dort wird nicht länger auf die starre CO2-Reduktion für jeden Sektor geschaut.

    Robert Habeck am 14.06.2023 in Berlin
    Klimaschutzgesetz: Habeck verabschiedet sich von Sektorzielen.
    Quelle: dpa

    Mit einem Maßnahmenpaket der Bundesregierung soll das Erreichen von Klimazielen wieder näher rücken. Klimaschutzminister Robert Habeck brachte am Mittwoch ein lange erwartetes Programm auf den Weg. Außerdem legte der Grünen-Politiker eine vom Koalitionspartner FDP geforderte Reform des Klimaschutzgesetzes vor.

    "Klimapolitische Handlungsfähigkeit" wieder vorhanden

    Erst am Dienstag hatte sich die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf wesentliche Änderungen am umstrittenen Heizungsgesetz geeinigt. Der wochenlange Konflikt blockierte andere Vorhaben wie eine Reform des Klimaschutzgesetzes. Habeck sagte, beim Heizungsgesetz hätten sich alle Seiten bewegt.
    Dadurch sei eine "klimapolitische Handlungsfähigkeit" wiederhergestellt worden, die in den vergangenen drei oder vier Monaten "arg unter die Räder" geraten sei. Das Klimaschutzprogramm soll dazu beitragen, dass eine "Klimalücke" beim Einsparen von Treibhausgasen kleiner wird. Habeck sagte:

    Das Ziel, bis 2030 die Klimagas-Emissionen um 65 Prozent zu senken, ist damit erstmals in Reichweite gerückt.

    Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister

    Klimalücke könne bis zu 80 Prozent geschlossen werden

    Laut der neuen Projektion bleiben bis 2030 nun noch etwa 200 Millionen Tonnen klimaschädlicher Treibhausgase, die noch eingespart werden müssen. Als er Minister geworden sei, habe diese Lücke bis 2030 noch 1.100 Millionen Tonnen betragen. Man sei insgesamt enorm vorangekommen, sagte Habeck.
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    Mit den Maßnahmen des Klimaschutzprogramms könnten bei ihrer Umsetzung voraussichtlich bis zu 80 Prozent der Klimalücke geschlossen werden, welche die Ampel von der Vorgängerkoalition aus Union und SPD geerbt habe. "Wir haben das Schiff wieder auf Kurs gebracht", sagte Habeck. Es gehe nun darum, Geschwindigkeit aufzunehmen. Das Programm sieht zahlreiche Maßnahmen vor, darunter viele bereits bekannte oder geplante, wie einen Umbau der Lkw-Maut.

    Deutschland soll bis 2045 klimaneutral werden

    Habeck gab das Programm zur Abstimmung an die anderen Ressorts - ebenso wie die Reform des Klimaschutzgesetzes. Die Ziele im Gesetz bleiben unverändert: Deutschland muss demnach den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis 2030 gegenüber 1990 um 65 Prozent senken. Die erlaubte Zielmenge beträgt dann höchstens 440 Millionen Tonnen CO2. Bis 2045 muss dann verbindlich Klimaneutralität erreicht werden. Zurzeit beträgt die Minderung laut Umweltbundesamt rund 41 Prozent.
    Zu sehen ist eine Pflanze, die auf rissiger Erde (einem ehemaligen Stausee nähe Barcelona) wächst.
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    Neu ist aber, dass die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr rückwirkend nach verschiedenen Sektoren wie Verkehr, Industrie oder Landwirtschaft kontrolliert wird - sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Die Bundesregierung als Ganzes entscheidet künftig, in welchem Sektor und mit welchen Maßnahmen die zulässige Gesamtmenge bis 2030 erreicht werden soll.
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    Lindner: Umsetzung erfolge marktwirtschaftlich

    Die Ressorts, in deren Zuständigkeit Klimaziele verfehlt werden, hätten aber weiter eine "politische Verantwortung", so Habeck. Es habe in der Vergangenheit eine "politische Realität" gegeben, dass man sich nicht an das Gesetz gehalten habe - sonst dürfte es keine Klimalücke geben.
    Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sagte, die Ambition der Regierung bleibe hoch, aber die Umsetzung erfolge marktwirtschaftlicher. Künftig könne und solle Klimaschutz dort beschleunigt werden, wo die Effizienz am größten ist. "So können wir unrealistische Vorgaben in Sektoren wie Mobilität und Gebäuden, die zu drastischen Eingriffen in den Alltag der Menschen führen müssten, abwenden."
    CO2: Änderung seit 1990
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    Umweltverbände kritisieren Reform

    Umweltverbände reagierten empört über die bereits angekündigte Reform. So kommentierte Greenpeace-Vorstand Martin Kaiser:

    Während in Deutschland Waldbrände wüten und das Trinkwasser knapp zu werden droht, will die Ampel mit dieser Novelle den Klimaschutz weiter auf die lange Bank schieben. Vor allem im Verkehr, dem Schlusslicht im Klimaschutz, wäre das fatal.

    Martin Kaiser, Greenpeace-Vorstand

    Der Nabu sprach von einem deutlichen Rückschritt. Präsident Jörg-Andreas Krüger sagte, die geplante, sektorübergreifende Betrachtung über einen mehrjährigen Zeitraum sei eine Ausrede für die Ressorts, die nicht liefern - allen voran Verkehr und Bauen.

    Treibhausgas-Ausstoß gesunken
    :Expertenrat warnt vor Klimagesetz-Aufweichung

    Deutschland hat 2022 weniger Treibhausgase ausgestoßen als 2021 - doch bei Verkehr und Gebäuden wurden die Ziele verfehlt. Der Klimarat warnt vor der Aufweichung des Klimagesetzes.
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    Quelle: dpa

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