Auswärtiges Amt: Zwei Iran-Diplomaten unerwünschte Personen

    Auswärtiges Amt:Zwei Iran-Diplomaten unerwünschte Personen

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    Es ist eine Reaktion auf das Todesurteil gegen Jamshid Sharmahd im Iran: Außenministerin Annalena Baerbock hat zwei iranische Diplomaten zu unerwünschten Personen erklärt.

    Archiv: Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), Außenministerin von Deutschland, spricht vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
    Außenministerin Annalena Baerbock
    Quelle: dpa

    Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat mitgeteilt, dass sie vor dem Hintergrund des gestern bekannt gegebenen Todesurteils gegen Jamshid Sharmahd den Geschäftsträger der iranischen Botschaft einbestellen ließ. Ihm sei erklärt worden, dass die Bundesregierung die massive Verletzung der Rechte eines deutschen Staatsangehörigen nicht akzeptiere. Eine solche Einbestellung gilt als scharfes diplomatisches Mittel.

    Baerbock fordert Widerruf des Todesurteils

    Dem Geschäftsträger sei mitgeteilt worden, "dass wir die massive Verletzung der Rechte eines deutschen Staatsangehörigen nicht akzeptieren", teilte die Außenministerin weiter mit. Als Folge habe die Bundesregierung zwei Angehörige der iranischen Botschaft zu unerwünschten Personen erklärt und mit kurzer Frist aufgefordert, Deutschland zu verlassen.
    Djamshid Sharmahd sitzt im Gerichts-Saal
    Jamshid Sharmahd ist in Iran wegen Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt worden. Der Deutsch-Iraner wurde 2020 vom Regime entführt. In Deutschland schlägt der Fall jetzt hohe Wellen.22.02.2023 | 2:28 min
    Baerbock betonte erneut: 

    Wir fordern den Iran auf, das Todesurteil für Jamshid Sharmahd zu widerrufen und ihm ein faires und rechtsstaatliches Berufungsverfahren zu ermöglichen.

    Annalena Baerbock (Grüne), Bundesaußenministerin

    Bereits am Dienstag hatte Baerbock angekündigt, dass die Verhängung der Todesstrafe "eine deutliche Reaktion zur Folge haben" werde. Die iranische Justiz hatte den 67-Jährigen zuvor wegen Terrorvorwürfen zum Tode verurteilt.

    Sprecher: Tragweite wird deutlich

    Auf die Funktionen der Ausgewiesenen innerhalb der iranischen Botschaft wollte ein Sprecher des Außenministeriums in Berlin nicht eingehen. Es handele sich um zwei Personen, die auf der Diplomatenliste der iranischen Botschaft in Berlin angemeldet seien. Er ergänzte:

    Sie können davon ausgehen, dass diese so gewählt sind, dass Iran die Tragweite der Situation in angemessener Weise deutlich gemacht wird.

    Sprecher des Auswärtigen Amts

    Eine "persona non grata" ist eine "unerwünschte Person". Wird ein Diplomat oder eine Diplomatin von einem Gastland zu einer solchen Person erklärt, sind sie nicht mehr willkommen. Ihre Tätigkeit vor Ort wird durch die entsprechende Benachrichtigung an den Heimatstaat beendet.

    Der Heimatstaat ist völkerrechtlich verpflichtet, die "persona non grata" abzuberufen. Der fragliche Diplomat muss das Gastland innerhalb einer bestimmten Frist verlassen. Üblich sind laut Auswärtigem Amt 48 Stunden oder mehr. Die Erklärung zur "persona non grata" kann auch erfolgen, bevor jemand überhaupt im Gastland eintrifft.

    Geregelt werden Rechte und Pflichten von Diplomaten durch das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD). Wichtigstes Vorrecht ist danach die Immunität eines Diplomaten. Wird er zur "persona non grata" erklärt, kann das Gastland die Immunität mit Ablauf der Ausreisefrist aberkennen. Ein konkretes Fehlverhalten des diplomatischen Personals ist nach Angaben des Auswärtigen Amtes keine Voraussetzung für die Erklärung zur "persona non grata". Vielmehr liegt dieser Schritt voll im Ermessen des Gastlandes und muss nicht begründet werden.

    mit Material von AFP

    Teheran macht Sharmahd auch für die Planung mehrerer Terroranschläge verantwortlich. Außerdem legte das Gericht ihm die Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten zur Last. Überprüfen lassen sich die Vorwürfe nicht. Todesstrafen werden im Iran üblicherweise durch Erhängen vollstreckt.

    Deutsch-Iraner in Dubai bei Zwischenstopp entführt

    Sharmahds Festnahme hatte der Iran im August 2020 bekannt gegeben. Nach Angaben seiner Familie wurde der Deutsch-Iraner, der zuletzt in den USA lebte, bei einem Zwischenstopp in Dubai vom iranischen Geheimdienst entführt und in den Iran verschleppt. Im Februar 2022 begann sein Prozess.
    Die iranische Justiz wirft Sharmahd insbesondere vor, an einem Anschlag auf eine Moschee in der südiranischen Stadt Schiras im April 2008 beteiligt gewesen zu sein, bei dem 14 Menschen getötet wurden.
    Der in Teheran geborene Sharmahd war in Deutschland aufgewachsen und 2003 in die USA ausgewandert. Er gehört der Oppositionsgruppe Tondar (deutsch: Donner) an, die auch als "Kingdom Assembly of Iran" bekannt ist. Sie lehnt das politische System der Islamischen Republik Iran ab und tritt für die Wiedereinführung der Monarchie in dem Land ein.

    Kanzler Scholz: Todesurteil "inakzeptabel"

    Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete das Todesurteil als "inakzeptabel". "Das iranische Regime bekämpft sein eigenes Volk auf jede erdenkliche Weise und missachtet die Menschenrechte", schrieb Scholz am Mittwoch auf Twitter.

    Wir verurteilen dies auf das Schärfste und fordern das iranische Regime auf, das Urteil zurückzunehmen.

    Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler

    Tweet des Bundeskanzlers
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    In Deutschland hatte auch CDU-Chef Friedrich Merz scharfe Kritik am Todesurteil gegen Sharmahd geäußert. Dies sei ein Affront, schrieb Merz auf Twitter. "Er hatte keinen Anwalt seines Vertrauens und die deutsche Botschaft keinen konsularischen Zugang." Merz hatte Anfang Januar angekündigt, Sharmahds politische Patenschaft zu übernehmen.
    Tweet von Friedrich Merz
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    Tochter: Letzte Chance zur Rettung

    Die in den USA lebende Tochter von Sharmahd hat die Bundesregierung eindringlich gebeten, sich für ihren Vater einzusetzen. "Es ist die letzte Chance, das Leben meines Vaters zu retten", sagte sie.
    "Meinem Vater geht es immer schlechter", klagte Gazelle Sharmahd, die in Los Angeles lebt. Er habe während der Haft seine Zähne verloren. "Jedes Mal, wenn sich die Zellentür öffnet, muss er denken, dass es das letzte Mal sein könnte", sagte sie. Sie fügte hinzu:

    Mein Vater und die anderen Inhaftierten mit doppelter Staatsangehörigkeit sind Sündenböcke in diesem kranken Spiel, das sie spielen.

    Gazelle Sharmahd, Tochter des zum Tode verurteilten Jamshid Sharmahd

    Irans Milizen im Mittleren Osten
    :Tod und Vertreibung - der lange Arm Teherans

    Die Opfer von Irans Politik im Irak, Syrien und dem Libanon verfolgen die Vorgänge in Iran genau. Und sie erwarten von der EU konkretere Schritte in Richtung Teheran.
    von Golineh Atai
    Iran
    Quelle: AFP, ZDF, dpa

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