Klimakonferenz COP: Angst vor "gigantischem Misserfolg"
Weltklimakonferenz in Dubai:COP: Angst vor "gigantischem Misserfolg"
von Mark Hugo und Elisa Miebach, Dubai
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Ein erster Textentwurf für den Abschluss der Klimakonferenz liegt vor. Doch von einem konsequenten Ausstieg aus den Fossilen ist dort keine Spur mehr. Die Ernüchterung ist groß.
Beobachter fürchten, dass die Weltklimakonferenz in Dubai zum Misserfolg werden könnte.
Quelle: dpa
Noch ist gar nichts entschieden. Doch das, was COP-Präsident Sultan Ahmed Al Jaber da am Montag als Entwurf für die Abschlusserklärung vorgelegt hat, macht wenig Hoffnung - auf ein Ende der Klimakonferenz im Zeitplan sowieso, aber vor allem auf einen Beschluss, konsequent und weltweit bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aus Kohle, Öl und Gas auszusteigen.
Denn genau das will eine große Mehrheit der fast 200 verhandelnden Länder, darunter Deutschland und die EU. Öl- und gasproduzierende Länder blockierten bisher und scheinen sich zumindest in diesem ersten Entwurf auch durchgesetzt zu haben.
Baerbock: "Entwurf ist eine Enttäuschung"
Einen "großen Schritt vorwärts" nennt Al Jaber selbst sein Werk. "Der vorliegende Entwurf der COP-Präsidentschaft ist eine Enttäuschung", erklärte dagegen Bundesaußenministern Annalena Baerbock.
Für "uns als EU" seien wesentliche Elemente "nicht akzeptabel", sagt sie. Die suggerierten, dass fossile Energien in unserer Zukunft weiterhin eine entscheidende Rolle spielen können - sogar ein Neubau von Kohlekraftwerken wäre weiter möglich.
Kurz vor Ende der COP28 ist ein Streit über den Abschlusstext ausgebrochen. Der Entwurf sieht keinen Austritt aus fossilen Energien vor. ZDF-Umweltexperte Andreas Stamm berichtet.11.12.2023 | 1:09 min
Kann-Formulierungen statt Entscheidungen
Statt verpflichtende Entscheidungen stehen im Text nur noch Kann-Formulierungen. Vieles ist erlaubt, auch das umstrittene Mindern von Emissionen bei der Gas- und Ölproduktion durch Einfangen und Speichern von CO2. Die Staaten sind lediglich aufgerufen, zu handeln und das "könne unter anderen beinhalten", den Verbrauch und Konsum von fossilen Energien auf Netto-Null bis etwa 2050 zu reduzieren.
Unter "kann" fallen sogar die Textstellen, in denen eine Verdreifachung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien und die Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030 angestrebt wird. Eine klare Entscheidung galt schon vor der COP fast als sicher.
Beobachter: Energiepaket wäre Erfolg für fossile Lobby
Nicht nur für die Außenministerin sind die Passagen eine dünne Suppe. Beobachter Petter Lydén von Germanwatch schimpft:
Und weiter: "Das notwendige massive Herunterfahren von Kohle, Öl und Gas bis 2030 fehlt."
Untragbar ist das vor allem für die Länder, die hier über ihr Überleben verhandeln. Joseph Sikulu von der Klimaorganisation 350.org sagt:
Sikulu stammt von der Pazifikinsel Tonga.
Dabei hatte UN-Generalsekretär António Guterres noch am Morgen gesagt, jetzt sei die Zeit für maximalen Ehrgeiz. Der Kampf gegen die Erderhitzung erfordere, "aus allen fossilen Energieträgern auszusteigen". Sein Appell kam bisher jedenfalls noch nicht bei allen an.
Forscher warnen vor klimatischen Veränderungen, die Domino-Effekte auslösen können. Die Warnung erreicht die Weltklimakonferenz zur Halbzeit - ob sie etwas bewegen kann ist fraglich.06.12.2023 | 1:45 min
Direkte Verhandlungen zwischen EU und dem COP-Präsidenten erwartet
Die EU und andere gehen jetzt wohl zunächst in direkte Verhandlungen mit dem COP-Präsidenten - in der Hoffnung , die gestrichenen Passagen wiederzubeleben. Erwartet wird ein hartes Ringen. Dass, wie von Al Jaber verkündet, der finale Hammer schon am Dienstagvormittag fallen würde, damit hat sowieso nie ernsthaft jemand gerechnet. Bisher wurde auf Klimakonferenzen noch immer überzogen.
Ein schnelles Verhandlungsende erscheine nun umso mehr "wie eine Fata Morgana in der Wüstensonne", sagt WWF-Klimachefin Viviane Raddatz.
"Hold the line" steht auf den Schildern, die Klimaschützer am Abend vor dem Plenum ihren Verhandlern zeigen. "Gebt nicht klein bei!" Wer sich am Ende durchsetzt, ist nun offener denn je.
Elisa Miebach und Mark Hugo berichten für die ZDF-Umweltredaktion aus Dubai.