Braucht es für mehr Klimaschutz Blockaden wie in Berlin?

    "Letzte Generation" in Berlin:Braucht es für mehr Klimaschutz Blockaden?

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    Die umstrittene Protestwelle der "Letzten Generation" in Berlin hat begonnen. Sind die Blockadeversuche in der Hauptstadt legitim, weil Ampel und Grüne beim Klimaschutz schwächeln?

    Die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" haben mit ihrer Protestwelle in Berlin begonnen, mit der sie die Hauptstadt in nächster Zeit immer wieder lahmlegen wollen. Doch mit dieser Art des Protests stoßen sie auch bei den Grünen auf Gegenwind.
    Deren Verkehrsexperte Stefan Gelbhaar diskutiert mit Aktivist Raphael Thelen bei ZDFheute live darüber, woran mehr Umweltschutz scheitert, welcher Protest zielführend ist und ob die Grünen in der Ampel ihre Glaubwürdigkeit verspielen.

    Wie bewerten Grüne und "Letzte Generation" die Berlin-Proteste?

    Den Beginn der Aktionen in Berlin bewertet Raphael Thelen von der "Letzten Generation" als Erfolg, vor allem wegen der regen Teilnahme von 200 bis 300 Aktivisten, wie er betont. Die Politik sei dadurch genötigt, sich mit dem Thema Klimawandel auseinandersetzen, "was sie sehr, sehr gerne vermeiden würde", sagt Thelen und kritisiert hier vor allem die Regierungsparteien FDP und SPD.
    Stefan Gelbhaar, der engagierten Klimaschutz als die "DNA" seiner Partei bezeichnet, zeigt zwar einerseits Verständnis für die geäußerte Verzweiflung der Demonstranten, andererseits sieht er durch die Blockaden kein Vorankommen beim Umweltschutz: "Ich persönlich sehe immer Menschen, die genervt sind." Auf die Klimakrise aufmerksam zu machen, sollte aus Sicht von Gelbhaar nicht im Vordergrund stehen:

    Ich glaube, das Buzzword Klimakrise, das ist inzwischen jedem geläufig.

    Stefan Gelbhaar, Bundestagsabgeordneter Bündnis 90/Die Grünen

    Vielmehr sei es zentral, "die Klimasaboteure, die eben den aktiven Klimaschutz" störten, zu stellen. Dabei müsse man auch bei zivilgesellschaftlichen Aktionsformen "deutlich präziser werden", sagt Gelbhaar.

    Wie legitim ist ziviler Ungehorsam?

    Thelen verteidigt die Form des Protests der "Letzten Generation", denn die "paar Staus, die wir hin und wieder produzieren, sind ein Witz gegen das, was an Staus jeden Tag in Deutschland passiert".

    Berlin wird ständig für irgendeinen Marathon gesperrt oder für ein Großevent, und dann mault auch keiner rum.

    Raphael Thelen, Klimaaktivist der "Letzten Generation"

    Leider sei es so, dass große gesellschaftliche Veränderungen über Druck auf der Straße entstünden - kein Mitglied der "Letzten Generation" blockiere gerne Straßen. Zudem sei ziviler Ungehorsam auch vom Bundesverfassungsgericht gedeckt.
    Auch Gelbhaar stimmt zu, dass es "total richtig und total wichtig" sei, öffentlich Druck aufzubauen, um auf ein wichtiges Thema aufmerksam zu machen. Allerdings brauche es eine parlamentarische Mehrheit, um zum Beispiel ein Tempolimit zu beschließen - die gebe es allerdings aktuell nicht wegen des Widerstands von CDU, AfD und FDP.

    Gelbhaar: In der Ampel stockt es beim Klimaschutz

    Den Vorwurf gegenüber der Grünen-Partei, in Regierungsverantwortung zu wenig für den Klimaschutz zu tun, weist Gelbhaar mit Verweis auf die anderen beiden Koalitionäre in der Ampel zurück: "Wir haben ja keine 51 Prozent im Bundestag, dann würden wir nur mit uns selbst verhandeln." Man müsse auch die Zustimmung von SPD und FDP erhalten: "Da hapert es hier und dort."
    Trotzdem sieht Thelen auch bei den Grünen politisches "Wischiwaschi" und nennt als Beispiel den Kohleabbau in Lützerath durch RWE, den die Partei zu verantworten habe. Dagegen wendet Stefan Gelbhaar ein, dass diese Entscheidung bereits vor der Koalition im Gesetz gestanden habe.

    Klimaaktivist kritisiert Springer-Chef Döpfner

    Einigkeit herrscht bei beiden Seiten, dass gegen geltende Regelungen wie das Klimaschutzgesetz, die demokratisch entstanden seien, vielfach verstoßen würde. Doch es gebe auch Gesetze, die nicht gebrochen werden könnten, sagt Gelbhaar: "Das sind Naturgesetze." Das sei das Problem, dass der menschengemachte Klimawandel das Leben auf der Erde immer stärker bedrohen werde - dagegen müsse angekämpft werden.
    Raphael Thelen bezweifelt hingegen, ob bestimmte politische Strömungen überhaupt ein Interesse an mehr Klimaschutz hätten. Als Beispiel nennt Thelen Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner, der gesagt habe, dass der Klimawandel gut wäre - und die Politik der FDP fördere.

    Das müssen wir uns immer wieder klar machen: Es gibt Menschen, die profitieren von dieser Krise und es gibt Menschen, die darunter leiden. (...) Und das müssen wir ändern.

    Raphael Thelen, Klimaaktivist der "Letzten Generation"

    Quelle: ZDF

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