Energiepolitik: Kieler Minister kritisiert Bayern bei "Lanz"

    Madsen kritisiert Söder bei Lanz:Energiepolitik: Nordminister sieht Südproblem

    von Felix Rappsilber
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    Der Kieler Minister Claus Ruhe Madsen beklagt bei "Lanz" das "Südproblem" des deutschen Energiemarktes und fordert eine "Hauruck-Mentalität" beim Ausbau erneuerbarer Energien.

    Claus Ruhe Madsen im Studio bei Markus Lanz.
    Claus Ruhe Madsen im Studio bei Markus Lanz fordert Energiepreiszonen.
    Quelle: Cornelia Lehmann ZDF

    "Wenn wir einen Schritt langsamer werden, dann sind wir eine Diashow. Wir können überhaupt nicht von der Deutschland-Geschwindigkeit reden" - den Begriff, mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz das Tempo der Bundesregierung bei Energiewende und Digitalisierung gelobt hatte, sieht Claus Ruhe Madsen nicht bestätigt.
    Der schleswig-holsteinische Minister für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus forderte am Dienstagabend bei Markus Lanz:

    Wir müssen unabhängiger werden. Wir müssen die Erneuerbaren deutlich stärker ausbauen. Da gilt es einfach, dass wir jetzt eine Hauruck-Mentalität hinbekommen.

    Claus Ruhe Madsen, schleswig-holsteinischer Minister

    Der parteilose Madsen berichtete von ganzen Branchen, die "große Sorgen" hätten. Aufgrund der hierzulande hohen Energiepreise gebe es beispielsweise in der energieintensiven Chemiebranche, "wo die Unterschiede zwischen den verschiedenen Produkten im Cent-Bereich liegen", Wettbewerbsnachteile, "die von großer Bedeutung sind und die dazu führen, dass man Deutschland den Rücken kehrt".
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    Trittin: "Strom war noch nie so billig"

    Grünen-Politiker Jürgen Trittin erwiderte: "Das Problem ist für uns: Wir müssen unsere gesamte Energieversorgung, unsere Netze, all dieses umbauen. Diese Infrastrukturkosten werden zurzeit auf die Stromkosten umgelegt." Schaue man nur auf die produzierte Kilowattstunde, "so war der Strom noch nie so billig", erklärte er.
    Mit Blick auf das deutsche Unternehmertum widersprach Claus Ruhe Madsen: "Wenn ich die Netzausbauten deswegen, weil ich sehr vorbildlich unterwegs bin, mit bezahlen muss, dann ist das ein Problem für Ansiedlungsgespräche, ist ein Problem für unsere Wirtschaft insgesamt."
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    Madsen: "Wir brauchen Energiepreis-Zonen"

    Es gebe ein weiteres, ein "Südproblem", sagte Madsen. Bezüglich der Energiewende sei Süddeutschland "nicht gerade der Klassenprimus", wenngleich die dortigen Energiepreise deutlich niedriger seien als im Norden des Landes.
    Wo sich - mit "65 Prozent erneuerbaren Energien" und "zwei Terawatt zu viel Strom" - der "Klassenprimus" befinde, der jedoch die "höchsten Strompreise" zahlen müsse: "Die Windkraftenergie ist so preiswert, aber wird so teuer bei uns bezahlt. Das kann ich weder den Menschen, die dort leben, erklären und auch nicht der Wirtschaft." Madsen appellierte:

    Wir müssen doch die Menschen, die dort leben, wo Energie entsteht, damit auch belohnen. Das heißt, wir brauchen Energiepreis-Zonen.

    Claus Ruhe Madsen, schleswig-holsteinischer Minister

    Damit würde man Unternehmens-Ansiedlungen ermöglichen und den Strom "verbrauchen, wo er entsteht": "Dort, wo der Fisch gefangen wird, wird er auch gegessen und nicht irgendwohin transportiert. Und wenn, würde ich ihn zumindest gerne veredeln und dann das schöne Filet nach Süddeutschland bringen."
    Den in Norddeutschland günstig produzierten Strom wolle Madsen in Süddeutschland teurer verkaufen. Preiszonenpolitik würde dazu führen, "dass man in Regionen, wo man bisher wenig erneuerbare Energie hat, sich stärker dafür einsetzt", so Madsen.
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    2030 sollen 80 Prozent des Stromes erneuerbar sein

    Im Falle dieses Szenarios gäbe es einen "starken ökonomischen Stimulus" in Bayern, "den Stillstand beim Ausbau der Erneuerbaren zu überwinden", merkte Trittin an.
    2030 wolle man in Deutschland schließlich 80 Prozent des Stromes erneuerbar herstellen: "Das sind aber nicht 80 Prozent der heutigen 100 Prozent. Das ist sehr, sehr viel mehr. Wenn wir Mobilität, Wärme, Wasserstoff erzeugen wollen - für all das brauchen wir erneuerbaren Strom."
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    Trittin: "Bayern einen kleinen Schubs geben"

    Die Idee, "den Bayern einen kleinen Schubs zu geben", hielt Trittin daher für zielführender "als die Föderalisierung des Atomrechts".
    Damit spielte er auf die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder an, Atomkraft den Bundesländern zu unterstellen, um das bayerische Kernkraftwerk Isar 2 weiterlaufen zu lassen.

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