"Letzte Generation": Ziel steht schon im Koalitionsvertrag

    "Letzte Generation" in Berlin:Protestziel steht schon im Koalitionsvertrag

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
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    Das Bündnis "Letzten Generation" kündigt neue Proteste an. Die Polizei ist gelassen, die Politik zum Teil. Was das Bündnis will, steht eigentlich schon im Koalitionsvertrag.

    Klimakleber umgeben von Polizisten.
    Für morgen haben Aktivisten der Letzten Generation eine große Demonstration in Berlin angekündigt. Kommende Woche soll die Stadt dann komplett blockiert werden. Die Polizei und andere Behörden wollen das verhindern.18.04.2023 | 2:06 min
    Ab Mittwoch das Regierungsviertel, ab Montag die gesamte Stadt: Die Klimaaktivisten des Bündnisses "Letzte Generation" wollen ihren Protest auf Berlin konzentrieren und die Hauptstadt lahmlegen. Man wolle "den Alltag unterbrechen und die Stadt friedlich zum Stillstand bringen". Und zwar unbefristet.
    Wie genau, ob mit Festkleben auf Straßen, Brücken oder Beschmieren von Gebäuden, das verriet das Bündnis am Dienstag bei einer Pressekonferenz nicht. 800 Teilnehmende hätten sich derzeit angemeldet. Das Ziel: Die Bundesregierung soll einen Gesellschaftsrat einsetzen. Der soll den Parlamenten vorschlagen, wie bis 2030 der Verzicht auf fossile Energien sozial gerecht organisiert werden kann.

    Bündnis: Regierung bricht Verfassung

    Das Bündnis wirft der Bundesregierung "Verantwortungsverweigerung" vor, wie Sprecherin Carla Hinrichs sagt. Zwar habe das Bundesverfassungsgericht 2021 die Klimaschutzgesetze als unzureichend bewertet. Die aktuelle Koalition habe aber "keinen zusammenhängenden Plan", so Hinrichs, wie sie die Klimaziele 2030 einhalten will. "Damit bricht sie die Verfassung." Hinrichs sagt:

    Gegen eine Regierung, die ihre eigene Verfassung bricht, muss eine Gesellschaft Widerstand leisten.

    Carla Hinrichs, "Letzte Generation"

    Die Verschärfung des Protestes sei, so das Bündnis, die Konsequenz aus dem vergangenen Jahr. Die Bundesregierung sei weder auf ihre Forderung nach einem Tempolimit auf den Autobahnen oder dem Neun-Euro-Ticket eingegangen. Weil man aber davor sei, die Klima-Kipppunkte zu überschreiten, sei man jetzt gezwungen zu handeln.
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    Bürgerräte auch im Koalitionsvertrag

    Dabei beruft sich das Bündnis auf den Koalitionsvertrag der Ampel: Dort ist das Einsetzen von Bürgerräten durch den Bundestag verabredet, die ihre Ergebnisse in die Parlamente einbringen sollen. "Wir werden Bürgerräte zu konkreten Fragestellungen durch den Bundestag einsetzen und organisieren", heißt es dort.
    Immer wieder hatte es heftige Reaktionen auf den Straßen gegen die Proteste der "Letzten Generation" gegeben. Die Mehrheit der Bevölkerung glaubt das Bündnis jedoch hinter sich. Sprecherin Aimée van Baalen sagt:

    Vielleicht gibt es nicht für die "Letzte Generation" die absolute Unterstützung, aber auf jeden Fall dafür, mehr Klimaschutz zu machen.

    Aimée van Baalen, Letzte Generation

    Einsatzfahrzeuge der Rettungsdienste und Feuerwehr, so versichert das Bündnis, sollen bei den Aktionen durchkommen. Das hatte bei vorherigen Protesten nicht immer geklappt.
    Auf dem Bild ist ein mit öl-ähnlicher Flüssigkeit beschmiertes Gebäude zu sehen.
    Die „Letzte Generation“ und „Extinction Rebellion“ haben in Berlin mehrere Gebäude mit einer öl-ähnlichen Flüssigkeit beschmiert. Betroffen sind unter anderem Gebäude der FDP, sowie der Konzerne Coca Cola und Bayer.13.04.2023 | 2:02 min

    Grüne: Menschen nicht auf die Nerven gehen

    Nach Unterstützung innerhalb des Bundestages für die Gesellschaftsräte sieht es momentan allerdings nicht aus. Zwar streitet man sich über die Einhaltung der Klimaziele und ob Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ein Sofortprogramm vorlegen muss. Die Grünen finden ja, das Bundeskanzleramt irgendwie nicht, die FDP auch eher nicht. Aber für die Aktionen der "Letzte Generation" ist man trotzdem nicht.
    Die Sorgen angesichts der Klimakrise versteht Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge schon. Die Proteste von Fridays for Future zum Beispiel, selbst in Lützerath. Wenn aber die "Letzte Generation" mit ihren Aktionen den "normalen Menschen in ihrem Alltag auf die Nerven gehen und behindern", dann habe das mit Ursache und Wirkung nichts zu tun und sei "kontraproduktiv":

    Nein, das unterstützen und verstehen wir nicht.

    Katharina Dröge, Grüne

    Die Ampel und das Klimaschutzgesetz
    Der Expertenrat für Klimafragen veröffentlicht heute seinen Co²-Prüfbericht. Und es geht um die Frage, wie der Klimarat die Regierungsvorlage zur Anpassung des Klimaschutzgesetzes bewertet.17.04.2023 | 2:39 min

    Union: "Letzte Generation" besteht aus "Extremisten"

    In der Union hält man die Gruppe für "Extremisten", so CDU-Generalsekretär Mario Czaja. "Wir können uns nicht von ein paar wenigen angeblichen Aktivisten, aber in Wirklichkeit sind es ja Extremisten, von der Arbeit abhalten lassen", sagte er im Deutschlandfunk. Die Polizei müsse "hart durchgreifen", so Czaja auf Twittrer:
    Tweet von CDU-Generalsekretär Mario Czaja
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    Für CDU-Chef Friedrich Merz seien die Protestierenden keine Klimaschützer, sondern "Straftäter". Die Aktionen seien "rechtswidrig und müssen unterbunden werden". Längere Gefängnisstrafen und die Möglichkeit, Menschen vorsätzlich in Gewahrsam zu nehmen, fordert CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Damit könne im Vorfeld verhindert werden, "dass dieses Vorgehen weiter Blüten treibt."
    Die Berliner Polizei sieht sich indes gut vorbereitet und spricht von "professioneller Gelassenheit", so eine Sprecherin. Derzeit lägen mehr als 2.600 Strafanzeigen vor, die rund um die Proteste bislang entstanden sind. Auch die Initiative "Extinction Rebellion" verstärkt zurzeit die Proteste in der Hauptstadt.

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