Wer steckt hinter dem Tod von Militärblogger Tatarski?

    Anschlag auf Tatarski:Wer steckt hinter dem Tod des Militärbloggers?

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
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    Die Ermordung des Militärbloggers Tatarski wirft ein Schlaglicht auf den Streit über die Kriegsstrategie innerhalb Russlands. Tatarski machte sich Feinde, offenbar selbst im Kreml.

    Der Tod des russischen Propagandisten Wladlen Tatarski wirft erneut ein Schlaglicht auf die Arbeit russischer Militärblogger - und auf Streitigkeiten innerhalb Russlands über die "richtige" Strategie im Angriffskrieg auf die Ukraine.
    Russlands Militärblogger sind als glühende Anhänger des russischen Angriffskrieges eigentlich ein wichtiger Bestandteil der Kreml-Propaganda und helfen mit, den Boden für Putins Politik zu bereiten. Doch in den vergangenen Monaten wurden etliche von ihnen für Moskau zum Propaganda-Risiko: Angesichts russischer Niederlagen äußerten viele immer deutlicher Kritik am Kreml und dessen Kriegsführung.
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    Tatarski war glühender Befürworter des Kriegs

    Einem aktuellen Bericht des US-amerikanischen "Institute for the Study of War" (ISW) zufolge zeigen sie sich enttäuscht über die ausbleibenden Erfolge des Militärs. Manche forderten gar einen Rückzug der russischen Truppen aus Bachmut und rieten, dass sich das Militär stattdessen lieber auf die erwartete Gegenoffensive der Ukrainer vorbereiten solle.

    ... gehören zu den lautesten Befürwortern des russischen Kriegs in der Ukraine. Anders als viele reguläre Medien bekommen die Militärblogger umfangreichen Zugang zu den Frontlinien. Sie begleiten Soldaten ins Gefecht, laden anschließend Videos und persönliche Erzählungen in den sozialen Medien hoch. Der Kreml erhoffte sich davon nahbare, patriotische Berichte für ein junges, internetaffines und militärbegeistertes Publikum. Wie die Blogger und ihre Berichterstattung von russischen Behörden konkret gesteuert werden, ist jedoch von außen kaum zu sagen.

    Auch der getötete Tatarski war grundsätzlich ein glühender Befürworter des russischen Kriegs in der Ukraine - obwohl er selbst dort geboren worden war. Er hatte eine halbe Million Follower auf Telegram und war einer der bedeutendsten Militärblogger Russlands.

    Blogger forderte härteres Vorgehen gegen Ukraine

    Tatarski übte jedoch auch scharfe Kritik am russischen Militär und war für seine extremen Positionen bekannt: Er kritisierte immer wieder die russische Militärführung, auch den Präsidenten Wladimir Putin. Die Kriegsführung war ihm zu lasch, Tatarski forderte ein härteres Vorgehen gegen die Ukraine, beispielsweise mehr Attacken auf die Infrastruktur.
    Im Kreml machte sich Tatarski so offenbar nicht nur Freunde: Anscheinend ermittelten zwischenzeitlich auch russische Behörden gegen ihn und weitere Blogger. Der Vorwurf: Diskreditierung der russischen Armee. Das schreibt die Kolumnistin Julia Davis bei Twitter unter Berufung auf einen Bericht des Portals "gazeta.ru."

    Tatarski hatte viele Feinde

    Mit seiner Haltung war Tatarski aber auch in der Ukraine verhasst. Der Kreml sucht die Schuldigen in Kiew, wirft der Ukraine "Terror" vor: Es gebe Belege, die die Ukraine mit dem Anschlag in Verbindung brächten, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Die Ermittler nahmen eine 26 Jahre alte Frau fest, die Tatarski bei einer Veranstaltung eine Büste aus Gips überreicht hatte - darin war eine Bombe versteckt.
    Der Söldnerchef und Unternehmer Jewgeni Prigoschin schaut auffordernd in die Kamera, er ist neben einem großen Fragezeichen zu sehen. Das Foto ist schwarz-gelb eingefärbt.
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    Demgegenüber erklärte der Chef der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, er würde nicht "dem Kiewer Regime die Schuld für den Tod" geben. Der Berater des ukrainischen Präsidialamts, Mychajlo Podolyak, erklärte, dass Tatarskis Tod das Ergebnis von Machtkämpfen zwischen russischen Akteuren sei. So sieht es auch das Team des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny: Demnach stecken Agenten des russischen Geheimdienstes FSB hinter der Ermordung.
    Und so leben nun auch manche russische Militärblogger in Angst: Wladislaw Pozdnyakow schreibt beispielsweise bei Telegram an seine gut 250.000 Follower, Militärblogger sollten am besten Russland verlassen und ihre Aktivitäten vom Ausland aus betreiben: "In Russland ist man nicht vor seinen eigenen Leuten geschützt, geschweige denn vor Fremden."
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