Nato-Vertrag: Das steht in Artikel 4 und 5

    Konsultation und Bündnisfall:Nato-Vertrag: Das steht in Artikel 4 und 5

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    Nach dem Raketenvorfall in Polen rückt der Nato-Vertrag in den Fokus. Welche Verpflichtungen haben die Partner und wann kommt es zum Bündnisfall? Ein Überblick.

    Außenansicht Nato-Hauptquartier in Brüssel
    Artikel 4 des Nato-Vertrages sieht Konsultationen der Bündnispartner vor, wenn einer von ihnen die eigene Sicherheit bedroht sieht.
    Quelle: Imago

    Nach den jüngsten Erkenntnissen zum Einschlag einer Rakete im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine sieht Polen keine unbedingte Notwendigkeit mehr, das Verfahren nach Artikel 4 des Nato-Vertrags einzuleiten. Die meisten bislang gesammelten Beweise deuteten darauf hin, dass "die Auslösung von Artikel 4 dieses Mal vielleicht nicht notwendig sein wird", sagte Regierungschef Mateusz Morawiecki bei einer gemeinsamen Erklärung mit Präsident Andrzej Duda.
    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg teilte mit, es sei äußerst wahrscheinlich, dass eine ukrainische Luftabwehrrakete versehentlich auf dem Gebiet des EU- und Nato-Landes Polen eingeschlagen ist.
    Aber was sieht Artikel 4 überhaupt vor? Und wann käme es theoretisch zu einem Bündnisfall? Hier ein Überblick.

    Was regelt Artikel 4 des Nato-Vertrags?

    Er sieht Beratungen der Nato-Staaten vor, wenn einer von ihnen die Unversehrtheit seines Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht sieht. Konkret heißt es da: "Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist." Konkrete Reaktionen muss das nicht zur Folge haben.
    Der Artikel wurde Nato-Angaben zufolge seit der Gründung des Bündnisses 1949 sieben Mal in Anspruch genommen - zuletzt am 24. Februar, dem Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine. Bulgarien, Tschechien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und die Slowakei hatten die Konsultationen dazu beantragt.

    Die 30 Mitgliedstaaten der Nato sind: Albanien (Beitritt 2009), Belgien (1949), Bulgarien (2004), Dänemark (1949), Deutschland (1955), Estland (2004), Frankreich (1949), Griechenland (1952), Großbritannien (1949), Italien (1949), Island (1949), Kanada (1949), Kroatien (2009), Lettland (2004), Litauen (2004), Luxemburg (1949), Montenegro (2017), Niederlande (1949), Nordmazedonien (2020), Norwegen (1949), Polen (1999), Portugal (1949), Rumänien (2004), Slowakei (2004), Slowenien (2004), Spanien (1982), Tschechien (1999), Türkei (1952), Ungarn (1999), USA (1949).

    Quelle: Bundesregierung

    Warum beantragt Polen nicht den Bündnisfall nach Artikel 5?

    Weil es bislang keine Hinweise darauf gibt, dass die Rakete gezielt auf das polnische Dorf abgefeuert wurde. In Artikel 5 ist geregelt, dass die Nato-Staaten einen bewaffneten Angriff gegen einen oder mehrere Partner als Angriff gegen alle ansehen. Daraus ergibt sich die Verpflichtung, Beistand zu leisten.
    Artikel 5 wurde erst ein einziges Mal aktiviert - nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA. Dies führte dazu, dass Deutschland und andere Nato-Staaten sich am Krieg gegen die Taliban und die Terrororganisation Al-Kaida in Afghanistan beteiligten.

    Artikel 5 wird nicht automatisch ausgelöst

    Aber: Nach einem Angriff auf einen Mitgliedstaat kommen die Nato-Staaten zusammen, um zu entscheiden, ob sie den Sachverhalt gemäß Artikel 5 einordnen wollen. Somit handelt es sich bei der Umsetzung des Artikels nicht um einen Automatismus.
    Zudem ist die Dauer solcher Konsultationen nicht zeitlich begrenzt. Nach Ansicht von Expertinnen und Experten ist die Formulierung flexibel genug, dass jedes Mitglied selbst entscheiden kann, wie weit es bei der Reaktion auf einen bewaffneten Angriff gegen ein Bündnismitglied gehen will.
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    Quelle: Reuters, dpa, AFP

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