Ex-General: Russland terrorisiert ukrainische Bevölkerung
Interview
Ex-Nato-General im ZDF:Ramms: Putin will Moral der Ukrainer brechen
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Laut Ex-Nato-General Egon Ramms rückt die Ukraine in Cherson vor, doch ein Sieg steht noch nicht fest. Moskau versuche, die ukrainische Bevölkerung und den Westen zu verunsichern.
In der Region Cherson üben die ukrainischen Truppen immer mehr Druck auf die russischen Besatzer aus. Laut Ex-Nato-General Egon Ramms zeichnet sich dort trotzdem noch kein überzeugender Sieg für die Ukraine ab. Dennoch sei dort die Lage für Russlands Armee aufgrund abgeschnittener Versorgungswege schwierig.
Durch bestimmte Mittel, wie die Evakuierung der Bevölkerung, versuche Russland im Gegenzug, die Menschen in Cherson zu verunsichern. Das passe zur aktuellen russischen Strategie in der gesamten Ukraine, die aus Beschüssen durch Drohnen oder Raketen bestehe.
Egon Ramms geht derzeit nicht davon aus, dass der Staudamm Nova Kakhovka von einer der beiden Seiten zerstört wird - beide hätten davon Nachteile. Die Ukraine und Russland hatten sich gegenseitig beschuldigt, eine Sprengung zu planen.
Russland könne das nicht riskieren, da ansonsten die Wasserversorgung auf der Krim gefährdet werde. Bei einer Zerstörung des Staudamms sei die ukrainische Bevölkerung durch die entstehende Flut stark betroffen, "das können Präsident Wolodymyr Selenskyj und die ukrainische Führung nicht wollen".
Vorwürfe zu "schmutziger Bombe" soll Westen spalten
Diese Art des Informationskriegs habe Russland bereits vor Beginn des Ukraine-Kriegs angewendet, bei der Annektierung der Krim und der Separatisten-Bewegung im Donbass, und sie werde auch weitergehen. Ziel sei es, den Westen - die Europäische Union und Nato - zu spalten und die ukrainische Bevölkerung zu verunsichern.
Ramms: Ukrainischer Bedarf an Waffen bisher nicht gedeckt
Mit Blick auf Waffenlieferungen des Westens besteht von der Ukraine weiterhin Bedarf an Waffen und Schützenpanzern, der bisher nicht gedeckt ist, sagt Egon Ramms. Den Ukraine-Besuch von Bundespräsident Steinmeier sieht er nicht als Zeichen für anstehende Waffenlieferungen Deutschlands.
Aber man müsse darüber nachdenken, ob "man dieses Thema auch von unserer Seite her neu aufgreifen sollte". Vor allem eine funktionsfähige Luftabwehr über dem ganzen Land gegen Drohnen und Flugzeuge sei ein wichtiges Ziel für die Ukraine. Die deutsche Industrie produziere mit Iris-T solche Systeme, die für die Ukraine sehr hilfreich wären.
Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau unproduktiv
Zu möglichen neuen Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau warnt Ramms, dass der Westen die Ukraine dazu nicht drängen sollte. Das müsse die Ukraine selbst entscheiden können.
Allerdings sind diese Gespräche momentan unproduktiv, da Russland offenbar weiter die Absicht hat, die vier völkerrechtswidrig annektierten Gebiete ganz einzunehmen, sagt Egon Ramms. Das sei für die Ukraine nicht akzeptabel.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.