Spannungen an Nato-Ostgrenze: Wie Belarus Polen provoziert

    Spannungen an Nato-Ostgrenze:Warum sich Polen von Belarus provoziert fühlt

    von Linda Kierstan
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    Die Lage an der polnischen Grenze zu Belarus spitzt sich zu. Wagner-Truppen im Nachbarland, belarussische Hubschrauber und steigende Flüchtlingszahlen alarmieren Warschau.

    Konflikt zwischen Polen und Belarus
    Polen beschuldigt Belarus mit Militärhubschraubern in den polnischen Luftraum eingedrungen zu sein – und hat daraufhin die Zahl der Soldaten an der Grenze erhöht.02.08.2023 | 2:09 min
    Sie fliegen zu niedrig, um vom Radarsystem erfasst zu werden - Hubschrauber aus Belarus. Doch den Menschen in den polnischen Dörfern an der Grenze entgehen die lauten Helikopter-Geräusche nicht. "Ich dachte, er trifft meine Scheune", sagt ein Mann, der die Hubschrauber mit eigenen Augen gesehen hat.
    Warschau kritisiert, was Minsk bestreitet - dass polnischer Luftraum verletzt wurde. Die Folge: Polen entsendet weitere Truppen an die Grenze. Nicht zum ersten Mal in diesem Sommer.

    Polen wegen Wagner-Truppen alarmiert

    Seit bekannt ist, dass sich Truppen der berüchtigten Wagner-Gruppe in Belarus befinden, ist Warschau alarmiert. Dass sie dort gemeinsam mit dem Militär Übungen macht, wurde vom Verteidigungsministerium bestätigt. Videoaufnahmen sollen das beweisen. Am 23. Juli verstärkt Machthaber Lukaschenko bei einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin noch einmal die Sorgen in Polen, als er davon spricht, dass die Truppen ihn gefragt hätten, ob sie in den Westen gehen können.
    Jewgeni Prigoschin, Chef der Gruppe Wagner, lachend hinter offener Scheibe einer Autotür
    Der Wagner-Chef ist zurück18.07.2023 | 10:01 min
    Dabei sollen sie auch von Warschau gesprochen haben. Lukaschenko versichert in dem Gespräch gegenüber Putin, er werde sie - wie vereinbart - in Belarus lassen. Am Ende des Satzes lacht Lukaschenko.

    Sorge vor illegalen Grenzübertritten

    Eine Provokation, über die in Polen wohl niemand lachen kann. Etwa 4.000 Wagner-Söldner sollen in Belarus sein, sagt Polens Ministerpräsident Morawiecki. Doch nicht allein die Tatsache, dass sich Wagner in der direkten Nachbarschaft befindet, sorgt für Unruhe.
    Die polnische Regierung befürchtet, dass Wagner helfen könnte, Migranten über die Grenze zu befördern. Schon jetzt ist die Zahl der versuchten Grenzübertritte gestiegen, höher als im gesamten Jahr 2022. Morawiecki spricht von 16.000.

    Polnischer Grenzschutz spricht von hybrider Kriegsführung

    Die Migration über die sogenannte "Belarus Route" lässt in Polen Erinnerungen wach werden. Denn im Jahr 2021 kamen Tausende über Belarus in die EU. Viele Menschen mussten über Wochen in den Wäldern an der Grenze ausharren, eine humanitäre Notlage. Schon damals wurde vermutet, Belarus würde dabei helfen, die Menschen über die Grenze zu schleusen.
    Heute steht dort ein 187 Kilometer langer Zaun, unüberwindbar ist er nicht. Der Grenzschutz spricht von hybrider Kriegsführung. Gegenüber dem ZDF sagt die Pressesprecherin, Anna Michalska: "Diese Migrantengruppen werden eindeutig gelenkt."

    Das Überqueren der Barriere wäre ohne die Unterstützung der belarussischen Kräfte nicht möglich. Sie geben den Menschen Werkzeuge und Schaufeln, damit sie unterirdische Gänge oder Leitern bauen können.

    Anna Michalska, Pressesprecherin des polnischen Grenzschutzes

    Auch der polnische Ministerpräsident spricht in einer Pressekonferenz mit dem litauischen Präsidenten Nauseda am Donnerstag von hybriden Attacken. Belarus versuche, die Region gezielt zu destabilisieren.
    Litauens Armee trainiert den Ernstfall
    Litauen hat eine Grenze zu Russland und eine zu Belarus. Beide Länder bedrohen das Land.10.07.2023 | 4:30 min

    Grenzschließungen Polens und Litauens zu Belarus denkbar

    Das Treffen fand wohl nicht zufällig an der Suwalki-Lücke statt, die einzige Landverbindung zwischen den Nato-Staaten im Baltikum und Polen - strategisch hochsensibel. Es sind nur 65 Kilometer Luftlinie zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und Belarus. Die Botschaft von Nauseda und Morawiecki: Geschlossenheit. Nicht ausgeschlossen, dass beide Seiten die Grenze zu Belarus dicht machen.
    Morawiecki betonte auch die Bedeutung der Zusammenarbeit, mit Litauen und allen anderen Staaten der Nato. Und noch einmal erinnerte er daran, warum die Grenze zu Belarus das gesamte Bündnis betrifft: "Heute sind die Grenzen Polens und Litauens die Grenzen der freien Welt, die den Druck aus dem Osten aufhalten."
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