Vetternwirtschaft in den Ampel-Ministerien?

    Postenvergabe ohne Ausschreibung:Vetternwirtschaft in den Ampel-Ministerien?

    Heike Slansky
    von Heike Slansky
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    Ob bei Wirtschaftsminister Habeck, Verkehrsminister Wissing oder im Verteidigungsministerium: In den obersten Etagen wurden Jobs ohne Ausschreibungen vergeben. Ist das rechtens?

    Koll im Gespräch mit Marietta Slomka
    Graichen ist Habecks wichtigster Mann, sagt ZDF-Korrespondent Theo Koll. Die Fehler bei der Besetzung eines Spitzenpostens seien auch ein Problem für den Minister.04.05.2023 | 2:00 min

    Worum geht es?

    Am Mittwoch erst in der Bundespressekonferenz in Berlin: Journalisten stellen Fragen an die Pressesprecher der Bundesregierung. Es ging diesmal insbesondere um das Verkehrsministerium und um die Frage, ob auch hier wichtige Positionen ohne Stellenausschreibungen vergeben worden sind. Insgesamt 18 hochdotierte Stellen, die Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit nahestehenden Personen aus seiner Partei besetzt hat. 
    Der Sprecher des Ministeriums begründete die Nicht-Ausschreibung von Posten für Getreue der FDP unter anderem mit einer "Ausnahme" gemäß "Laufbahnverordnung". Auch das Verteidigungsministerium teilt mit, dass seit Ende Dezember 2021 insgesamt 20 Stellen ohne Ausschreibungen vergeben wurden.

    Ist das rechtens?

    Die kurze Antwort: Ja. Laut Bundeslaufbahnverordnung (vgl. § 4 Absatz 2) ist ein Minister berechtigt, die Jobs der Staatssekretäre, Abteilungsleiter und persönliche Referenten ohne öffentliche Ausschreibung zu vergeben.
    Grund: Um die jeweilige Politik umzusetzen, bedarf es eines besonderen Vertrauensverhältnisses, um nicht gleich am Widerstand der Ministerialbürokratie zu scheitern. Sozusagen gelebte Realität im politischen Alltag. Von diesem Recht machte bisher so gut wie jeder Minister - egal welcher Partei - Gebrauch.
    Robert Habeck will Tricksereien bei den Russland-Sanktionen unterbinden
    Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck ist in der Kritik: Sein Staatssekretär Graichen hat seinem Trauzeugen einen Spitzenposten bei der Deutschen-Energie-Agentur verschafft.30.04.2023 | 5:17 min

    Was ist das Problem daran?

    Wann immer Transparenzregeln missachtet werden, steht schnell der Verdacht im Raum, dass nicht der Beste den Job erhält. Sprich: Qualifikation und Kompetenz stehen nicht im Vordergrund, sondern persönliche und parteipolitische Loyalitäten sind ausschlaggebend. 
    Intern sorgt diese Art der Stellenvergabe unter Vertrauten oftmals für Unmut, da altgediente und erfahrene Beamte nicht zum Zuge kommen.

    Warum die ganze Aufregung?

    Seit Tagen steht das Haus von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Pranger. Pikant sind weniger die parteipolitischen Verflechtungen als vielmehr die Verwandtschaftsverhältnisse. Zwei seiner Staatsekretäre sind gute Bekannte und miteinander verschwägert.
    Die Schwester von Staatssekretär Patrick Graichen arbeitet bei der Naturschutzorganisation BUND und ist außerdem mit dem parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner verheiratet. Das Ökoinstitut erhält Aufträge in Millionenhöhe vom Ministerium. Darüber hinaus gehört Verena Graichen dem Nationalen Wasserstoffrat an, der bereits von CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier einberufen worden war.
    Mario Czaja
    CDU-Generalsekretär Mario Czaja kritisiert Wirtschaftsminister Habecks Staatssekretär Graichen und persönliche Verflechtungen. Czaja spricht von "grünem Sumpf".30.04.2023 | 0:28 min

    Warum spricht Habeck selbst von einem Fehler?

    Staatssekretär Graichen hatte eingeräumt, dass im Auswahlverfahren für den Posten des Geschäftsführers der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (dena) sein Trauzeuge, Michael Schäfer, den Zuschlag erhielt. Graichen selbst war Mitglied der Findungskommission. Im kleinsten Kreis fiel damit die Entscheidung. 
    Das hat nach heftiger Kritik Minister Habeck als Fehler bezeichnet. Das Ausschreibungsverfahren soll nun neu aufgesetzt werden.
    Personalpolitik im Wirtschaftsministerium
    Auf Verlangen der AfD-Fraktion zum Thema "Umstrittene Personalpolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz" gab es zuletzt eine Aktuelle Stunde im Bundestag.26.04.2023 | 79:43 min

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