Spanien gegen England: Formcheck vor dem WM-Endspiel

    Formcheck vor dem WM-Endspiel:Spanien - England: So ist die Ausgangslage

    von Frank Hellmann, Sydney
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    Im WM-Endspiel zwischen Spanien und England treffen unterschiedliche Ansätze aufeinander, aber es begegnen sich zwei Teams auf Augenhöhe. So ist die Ausgangslage vor dem Finale.

    FIFA Women s World Cup 2023
    Das Spiel der Spiele dieser WM steigt am Sonntag in Sydney: Spanien gegen England
    Quelle: imago

    Wo früher alte Hafendocks lagen, lockt in Sydney heute das schillernde Darling Harbour mit lauter Luxusbauten. In das vom Pier bunt strahlende International Convention Center lud der Fußball-Weltverband Fifa seine Mitgliedsverbände, um die prächtigen Perspektiven des Frauenfußballs zu beleuchten. Natürlich Thema bei der Tagung: das WM-Finale zwischen Spanien und England (Sonntag, 12 Uhr MESZ/live im ZDF) im Australia Stadium von Sydney.
    Wer sich bei Legenden, Rednern und Experten umhörte: Ein echter Favorit ist nicht zu auszumachen. Und eine besondere Vorliebe auch nicht, wobei Fifa-Generalsekretärin Fatma Samoura am anschaulichsten ihren Zwiespalt beschrieb.
    "Meine Tochter hält zu Spanien, mein Sohn zu England - es gibt am Sonntag ein großes Drama zuhause", erzählte die 60 Jahre alte Senegalesin, die bald aus ihrem Amt scheidet.

    Spanien und England treffen bei den Frauen das erste Mal bei einer Weltmeisterschaft aufeinander. An das letzte Duell bei der Europameisterschaft 2022 haben die "Lionesses" die besseren Erinnerungen, weil sie das umkämpfte Viertelfinale nach einem 0:1-Rückstand in der Verlängerung mit 2:1 durch ein Tor von Georgia Stanway vom FC Bayern München für sich entscheiden konnten.

    Von bisher 16 Länderspielen gewannen die Engländerinnen seit 1993 sieben und verloren nur drei. Sechs Spiele endeten unentschieden.

    Die Ausgangslage

    Aus dem Wunsch nach mehr Vielfalt bei den Topnationen im Fußball der Frauen ist sicher zu begrüßen, dass es nach Norwegen, USA, Deutschland und Japan einen neuen Weltmeister geben wird - und Deutschland sein Alleinstellungsmerkmal los wird, mit Frauen und Männern einen WM-Titel gewonnen zu haben.
    Dieser historische Überbau wirkt für England deutlich bedeutender als für Spanien. Auf der Insel ist die Sehnsucht groß, nach 57 Jahren, "57 years of hurt", wie es heißt, eine WM zu gewinnen. Nur immer das Wembley-Tor von 1966 zu wiederholen, ist irgendwann öde.

    Die Trainer

    Erste Kritiker leisten bei Spaniens Nationalcoach Jorge Vilda inzwischen Abbitte. Was Personal, Taktik und Ausrichtung angeht, machte der 42-Jährige seit der K.o.-Runde keine Fehler mehr. Verbandspräsident Luis Rubiales nennt den Fußballehrer sogar den "Architekten".
    Und das trotz der Querelen um die 15 rebellierenden Spielerinnen, die unprofessionellen Rahmenbedingungen beklagten und sich auch über Vilda beschwerten. Der wollte am Tag vor dem Finale über die angeblich noch nicht behobenen Spannungen nichts sagen und blaffte nur: "Nächste Frage!"
    Englands Nationaltrainerin Sarina Wiegman muss mit den vielen Lobeshymnen klarkommen, die sogar so weit gingen, dass der eigene Verband für befähigt hält, auch den Job von Garath Southgate bei den Männern machen zu können. Kein Thema für die Niederländerin am Samstag: "Lassen Sie uns über das Finale sprechen!"
    Die 53-Jährige ist seit zwei Jahren die Garantin, das aus den "Lionesses" eine Ergebnismaschine geworden ist. Für die Trainerin ist es das vierte Endspiel, nachdem sie bereits bei der EM 2017 und WM 2019 mit den Niederlanden und der EM 2022 mit England einen solchen Showdown erlebte. Nun aber will die zweimalige Europameisterin Wiegman erstmals Weltmeisterin werden.

    Die Taktik

    Jill Ellis, zweimalige Weltmeistertrainerin der USA, leitet inzwischen die Technische Studiengruppe der Fifa.

    Es sind zwei Teams mit großen Gegensätzen, aber beide wollen pressen, beide wollen den Ball.

    Jill Ellis, Weltmeistertrainerin der USA

    Ansonsten aber ist es ein Kampf zweier Fußballkulturen.
    Die auf Kurzpässen fußende spanische Philosophie, die vom landestypischen Tiki Taka abgeleitet wird, trifft auf den auf Power ausgelegten englischen Ansatz, der ein bisschen vom früheren Trendsetter USA abgeleitet ist.
    Beide Teams werden von erfahrenen Spielerinnen geleitet: Hier sind es Jennifer Hermoso, Irene Paredes oder Aitana Bonmati, dort Millie Bright, Lucy Bronze oder Mary Earps.

    Die Joker

    In England wird leidenschaftlich diskutiert, ob Lauren James nach Ablauf ihrer Sperre wieder spielen soll. Der Shootingstar fehlte bei den Kraftakten gegen Kolumbien (2:1) und Australien (3:1), die 21-Jährige könnte jetzt "nach ihrem Riesenfehler" (Wiegman) wieder mitwirken. Doch haben sich Ella Toone, Lauren Hemp und Alessia Russo so gut eingespielt, dass diese Troika eigentlich auch zusammenbleiben kann.
    Dieselbe Gretchenfrage stellt sich bei Spanien: Soll Weltfußballerin Alexia Putellas den Vorzug vor Salma Paralluelo bekommen, obwohl sie bisher für "Furia Roja" noch gar kein Faktor war? Es deutet sich an, dass die 19-jährige Salma wieder von der Bank kommt, zumal sie als Einwechselspielerin gegen die Niederlande (2:1) und Schweden (2:1) zur Matchwinnerin wurde.
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