Interview
Vor WM-Halbfinale gegen Spanien:Schweden: Euphorie statt Erfolgsdruck
von Claudio Palmieri
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Schwedens Frauenteam wurde souverän Gruppensieger, schlug die Favoriten USA und Japan - ist im WM-Halbfinale gegen Spanien am Dienstag aber nur Außenseiter. Oder?
Jubeln die schwedischen Fußballerinnen auch im Halbfinale gegen Spanien?
Quelle: dpa
Hat Schwedens Frauen-Nationalmannschaft überhaupt einen Schwachpunkt? Jennifer Meier, die in Malmö lebende deutsche Ex-Nationalspielerin, muss lange überlegen.
"Würde Schweden als Favorit ins Halbfinale gehen und jeder würde erwarten, dass sie das Spiel machen müssen, wäre das ein Nachteil", sagt die 42-Jährige gegenüber ZDFheute. "Das ist aber auch gegen Spanien nicht der Fall."
Einen "grundsätzlichen Schwachpunkt" sieht Meier, die nach ihrem Wechsel zu QBIK Karlstad 2005 in Schweden heimisch wurde, daher nicht. "Sie können sich jedem Gegner gut anpassen."
Schweden will auch gegen Spanien überraschen
Und was ist mit der Erwartungshaltung vor dem WM-Halbfinale gegen Spanien am Dienstag (10 Uhr/live im ZDF)? Die gebe es gar nicht, erklärt Meier - und macht hier einen großen Unterschied zu bereits ausgeschiedenen Teams wie Deutschland oder den USA aus:
Was sich anhört wie die Aufforderung, nicht an den rosa Elefanten zu denken, haben die Skandinavierinnen offenbar weltmeisterlich perfektioniert. Bloß keinen Druck verspüren: In der DNA der "Damlandslaget" scheint das tief verwurzelt.
Torfrau Musovic ein starker Rückhalt
Beispielhaft erinnert Meier an den entscheidenden Elfmeter für Schweden im Achtelfinale gegen das hochfavorisierte US-Team (5:4 im Elfmeterschießen). Bevor Lina Hurtig zum letzten Schuss antrat, fragte sie Torhüterin Zecira Musovic, ob danach Schluss sei. Deren Antwort: "Weiß ich auch nicht. Mach ihn einfach rein."
Gesagt, getan. "Das war clever von ihr", lobt Meier die Schlussfrau, die gegen die USA elf Torschüsse abwehrte. Musovic, bei Chelsea nur die Nummer zwei hinter DFB-Torhüterin Ann-Kathrin Berger, gehört jetzt zu den Stars der WM.
Team ohne Stars
Wobei Meier den Begriff unpassend findet. "Es gibt keinen Star in der Mannschaft", betont sie: "Das ist ja das, was Schweden im Moment so unberechenbar macht. Sie sind auf jeder Position top besetzt – und sie machen sich nicht von einer Spielerin abhängig."
Dass sich Schwedens elf Tore auf sechs Spielerinnen verteilen, ist für Meier ein weiteres Indiz für die Ausgeglichenheit im Kader. Genauso wie die Tatsache, dass nicht Milan-Mittelfeldmotor Asllani oder Fridolina Rolfö vom FC Barcelona als Top-Torschützinnen vorangehen, sondern Innenverteidigerin Amanda Ilestedt mit vier Treffern.
Neben der Art von Trainer Peter Gerhardsson, den Meier als späteren Ehemann ihrer Ex-Mitspielerin Linda Blom kennenlernte ("Ein ruhiger, sympathischer Typ, der gut zur schwedischen Mentalität passt"), benennt die frühere Stürmerin ein weiteres Pfund: die Rolle des Frauenteams in Schweden - die viel Aufschluss darüber gibt, warum Druck kein großes Thema ist.
Keine Vergleiche zum Männerfußball
"Die Presse macht eine gute Arbeit. Auch sie nimmt den Druck raus und handelt das Team nicht als Favorit", hält Meier fest. Anders als etwa in Deutschland, wo Vergleiche zum Männerteam "immer noch mitschwingen", gebe es zudem gar keine Debatten in Bezug auf Frauenfußball, so Meier weiter.
Es ist eine hilfreiche Ausgangslage für einen Nicht-Favoriten, der irgendwie doch einer ist. Und so klingt auch Meiers Halbfinal-Tipp nur beim ersten Lesen wie ein Widerspruch: "Ich sehe Spanien schon als Favorit, bin aber überzeugt, dass Schweden gewinnt. Und dann wird Schweden auch Weltmeister."
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