Scaloni und Deschamps: Unaufgeregte Architekten des Erfolgs

    Trainer der WM-Finalisten:Scaloni vs Deschamps: Architekten des Erfolgs

    von Frank Hellmann
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    Den argentinischen Nationaltrainer Lionel Scaloni und den französischen Kollegen Didier Deschamps verbindet vor dem WM-Finale mehr als nur der sachliche Ansatz.

    Lionel Scaloni
    Lässig und unaufgeregt: Argentiniens Trainer Lionel Scaloni.
    Quelle: imago

    Ihr Auftreten und ihre Haltung bei der WM in Katar ähneln sich fast schon verdächtig. Lässig in T-Shirt mit verschränkten Armen stehen Lionel Scaloni und Didier Deschamps nahe am Anstoßkreis. Die Trainer von Argentinien und Frankreich, die sich im WM-Finale am Sonntag (16 Uhr) im riesigen Lusail duellieren, weichen auch vor dem Showdown von ihren Ritualen in ihren Trainingsstätten in Doha nicht ab.
    Auf dem Gelände der Universität von Katar, wo die Südamerikaner den Trainingsplatz 03 zugewiesen bekommen haben, spaziert Scaloni gerne an der Mittellinie herum. Hier hat er die beste Übersicht, auch wenn Reservisten nur über Hürden sprinten. In dem Stadion des Al Sadd Sports Club, wo die Europäer ihr Trainings- und Medienzentrum errichtet haben, hält Deschamps manchmal persönlich die Plastikwand fest, gegen die seine Stars passen. Ansonsten läuft auch er gerne das Zentrum ab.
    Didier Deschamps
    Didier Deschamps führt die Equipe Tricolore mit seiner sachlichen Art zum Erfolg.
    Quelle: imago

    Argentinien und Frankreich tragen deutliche Handschrift ihrer Trainer

    Mag die Welt beim Endspiel auf Lionel Messi und Kylian Mbappé schauen, geht ein bisschen unter, dass sich zwei Teams duellieren, die beide eine deutliche Handschrift ihrer Trainer tragen. Beide sind ein gutes Beispiel für einen sachlichen Ansatz. Unaufgeregte Architekten im Trainingsanzug, die dem Scheinwerferlicht nicht entgehen, es aber nicht bräuchten.
    Ihre besten Argumente sind die Erfolge. Sonst wäre die von Deschamps vor zehn Jahren übernommene Equipe Tricolore nicht wie 2018 unter der Anleitung des "Generals" so weit gekommen. Sonst hätten sich die "Albiceleste" seit Amtsantritt von Scaloni im selben Jahr nicht in eine titeltaugliche Ergebnismaschine verwandelt, die bis zur Auftaktniederlage gegen Saudi-Arabien 36 Länderspiele nicht mehr verloren hatte. Deschamps hat aus 139 Länderspielen einen Punkteschnitt von 2,13 pro Partie verbucht. Weltmeisterlich klingt das eine wie das andere.

    Komplimente gehen direkt an die Kabine

    Beide besitzen zudem die Gabe, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen. Komplimente an ihre Person werden bei Pressekonferenzen unverzüglich in die Kabine weitergereicht. Der Star ist immer die Mannschaft. Nie der Trainer. So etwas kommt bei Spielern, die nicht frei von Eitelkeiten sind, gut an.
    Deschamps weiß, dass das gewonnene WM-Achtelfinale 2018 gegen Argentinien (4:3) keine Referenzgröße darstellt. Damals konterten die "Bleus" den Gegner aus. Im WM-Finale 2022 wird das kaum klappen, sagt der 54-Jährige:

    Es ist eine andere Mannschaft als die, gegen die wir vor vier Jahren gespielt haben

    Didier Deschamps über Endspiel-Gegner Argentinien

    Mögen beim Weltmeister durch die Ausfälle von Paul Pogba, N’golo Kanté oder Lucas Hernandez einige Schlüsselpositionen neu besetzt sein, erinnert vieles an den Coup in Russland. Das System, die Spielweise: Die auf gnadenlose Effizienz getrimmte Grundausrichtung hat der seit jeher in der Grande Nation hoch angesehene Deschamps nicht verändert.

    Enge Verbindung zu Messi

    Lionel Scaloni war in Argentinien zunächst eigentlich nur als Notlösung vorgesehen. Vor vier Jahren musste er erstmal die Trümmer seines Vorgängers Jorge Sampaoli beiseite räumen. Der 44-Jährige besitzt einen guten Draht zu Lionel Messi.
    Mit dem sechsfachen Weltfußballer gewann Argentinien dann nach 28 titellosen Jahren beim Erzrivalen Brasilien die Copa América 2021. Messi weinte vor Glück. Zuletzt schluchzte Scaloni in den Armen seines Kapitäns, mit dem ihn mehr als der Vorname verbindet.

    Auf einer Wellenlänge

    Beide funken auf einer Wellenlänge, was Messi von den meisten der acht Vorgänger nicht behaupten konnte. Diego Maradona, mit dem er jetzt so oft verglichen wird, war die wohl größte Lachnummer, als Argentinien im WM-Viertelfinale 2010 gegen Deutschland (0:4) unterging.
    Bundestrainer Joachim Löw sagte damals, die Argentinier hätten eine "zweigeteilte Mannschaft" - er hätte auch sagen können: Sie hatten keinen auf der Bank, der Messi zu Titeln führen kann. Nun aber wird das argentinische Team schon "La Scaloneta" genannt. Ein größeres Kompliment kann es für einen Trainer nicht geben.

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