Streit um Gasversorgung: Wie knapp ist das Gas wirklich?

    Exklusiv

    Streit um Versorgungssicherheit:Wie knapp ist das Gas wirklich?

    Frank Bethmann berichtet von der Frankfurter Börse
    von Frank Bethmann
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    Schluss mit dem Gasnotfallplan und dem Bau von LNG-Terminals, fordert das DIW. Das Wirtschaftsministerium reagiert mit Unverständnis und hinterfragt die Annahmen des Instituts.

    LNG-Terminal in Wilhelmshaven
    In Wilhelmshaven gibt es bereits ein LNG-Terminal. Auf Rügen soll eines entstehen.
    Quelle: ZDF

    Die Kritik war deutlich. Für den Winter 2023/24 bestand "zu keinem Zeitpunkt die Gefahr einer Gasknappheit", verkündete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer Anfang der Woche veröffentlichten Studie. Es gäbe keine Mangelsituation mehr in Deutschland.
    Die Aufhebung des Gasnotfallplans sei die logische Konsequenz, so das DIW. Auch der Bau des geplanten LNG-Terminals auf der Ostseeinsel Rügen sei obsolet. Dieses Vorhaben sollte die Bundesregierung stoppen.

    Wirtschaftsministerium wirft DIW Kurzsichtigkeit vor

    Die Antwort des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ließ nicht lange auf sich warten. Und die Kritik an der Kritik der Berliner Wirtschaftsforscher fällt gleich in mehrfacher Hinsicht deutlich aus.
    Auf ZDF-Anfrage antwortet eine Pressesprecherin des BMWK: "Bei ihrem Vorgehen hat die Bundesregierung immer die kurz-, mittel- und langfristige Versorgungssicherheit für die Haushalte und die Industrie im Blick. Dabei verfolgen wir einen breiten Risiko- und Vorsorgeansatz."

    Die erwähnte Studie des DIW beschreibt dagegen eine Momentaufnahme des letzten und des aktuellen, nicht sehr dauerhaft kalten Winterverlaufs.

    Pressesprecherin Bundeswirtschaftsministerium

    So viel Gas spart/verbraucht Deutschland
    ZDFheute Infografik
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    BMWK: Bei Gaslieferungen internationale Abhängigkeiten

    Es ginge um ausreichend Sicherheitspuffer und um unterschiedliche Risiko- und Versorgungsszenarien, die berücksichtigt werden müssten, heißt es aus dem Ministerium weiter. "Beispiel: Bei andauernd kalten Temperaturen im Winter würden sich die Gasspeicher rasch entleeren und die Gaspreise wieder stark steigen", so die Pressesprecherin weiter.
    "Zudem könnten die Importmengen aus Norwegen aufgrund von Kapazitäten nicht erhöht werden. Ebenso können die Importmengen, die über belgische und holländische Terminals kommen, aufgrund von engen Leitungskapazitäten nicht erhöht werden." Und:

    Auch Anschläge auf Infrastrukturen, wie in Estland können Lieferungen und Transporte gefährden.

    Pressesprecherin Bundeswirtschaftsministerium

    Füllstand der deutschen Gasspeicher
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    Kurzum: Die Gasversorgungslage sei zwar stabil, aber nicht so, dass man schon vollends Entwarnung geben könne.

    DIW: LNG-Terminalpläne "völlig überdimensioniert"

    Auch den Vorwurf, die Bundesregierung würde mit dem Bau eines weiteren, dauerhaften Flüssiggasterminals auf Rügen am Bedarf vorbei planen, will die Sprecherin so nicht stehen lassen.
    Laut DIW könne man zwei bis drei temporäre, also nicht dauerhafte Terminals nutzen, um die Versorgungssicherheit zu sichern, aber das Rügen-Vorhaben sei "völlig überdimensioniert", insbesondere wenn man berücksichtigt, dass sich der Bau fester LNG-Terminals nur bei jahrzehntelangem Betrieb rechnen würde. Aber, so das DIW, "bis dahin müssen wir längst aus Gas als Energieträger ausgestiegen sein."
    Davon abgesehen, dass es ein rein privatwirtschaftliches Projekt sei, sei der Standort auf Rügen besonders geeignet, antwortet die BMWK-Pressesprecherin. Zu berücksichtigen sei zudem, dass man nicht, wie in der DIW-Studie, die Terminals miteinander aufsummieren dürfe, um zu dem Schluss zu kommen, die Kapazitäten seien "überdimensioniert".
    Bereits bestehende schwimmende Terminals würden perspektivisch durch dauerhafte, wie eben jenes auf Rügen, abgelöst.

    Außerdem müssen alle festen Terminals so gebaut werden, dass sie von Anfang an 'wasserstoffready' sind - also künftig für die Wasserstoffversorgung in Deutschland genutzt werden können müssen.

    Pressesprecherin Bundeswirtschaftsministerium

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    Wichtig ist dem Ministerium abschließend, dass es auch nicht stimmen würde, wie in der Analyse des DIW formuliert, dass die drei bereits bestehenden schwimmenden LNG-Terminals nur zur Hälfte ausgelastet seien. In der Antwort des Ministeriums heißt es dazu: "Sie sind voll ausgebucht."

    Das DIW hat hier eine falsche Annahme. Die geplante mögliche Menge wird derzeit nicht erreicht, weil die Netzkapazität noch nicht ausreichend vorhanden ist.

    Pressesprecherin Bundeswirtschaftsministerium

    Mit anderen Worten die Wahrheit liegt in der Mitte: Technisch ist man am Limit, theoretisch ginge mehr.
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    Frank Bethmann ist Redakteur und Reporter im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

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