Platzt der Traum vom grünen Stahl bei Thyssenkrupp?
Transformation bei Thyssenkrupp:Platzt der Traum vom grünen Stahl?
von Thadeus Parade
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Die Umstellung der Stahlerzeugung auf Wasserstoff soll den Traditionskonzern in eine klimaneutrale Zukunft führen. Ob der Umbau gelingt und sich am Ende auch rechnet, ist fraglich.
Thyssenkrupp steigt in die klimaneutrale Stahlproduktion ein
Quelle: AP
Thyssenkrupp steht aktuell vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen - und die Zukunft um das traditionelle Kerngeschäft, dem Stahl, ist ungewisser denn je. In den vergangenen Jahren hat der Konzern erhebliche Verluste im Stahlgeschäft hinnehmen müssen: Aufgrund von Überkapazitäten und Billig-Stahl aus China sind die Preise auf einem historischen Tiefstand.
Seit Monaten steht der Aktienkurs unter Druck, auch deswegen dürfte die heutige Bilanzpressekonferenz spannend werden. Und der Streit darum, welcher wirtschaftliche Kurs den Konzern in eine gesicherte Zukunft führen kann, hat zu tiefen Zerwürfnissen zwischen Belegschaft und Management geführt.
Seit Wochen demonstrieren sie gegen die Chefetage ihres Mutterkonzerns Thyssenkrupp: Die Arbeiter fürchten, dass Teile ihrer Stahlsparte verkauft werden und Jobs wegfallen.16.09.2024 | 2:30 min
Thyssenkrupp plant Grüne Transformation
Ein zentraler Aspekt der Unternehmensstrategie ist die Grüne Transformation. Denn bislang verursacht die Stahlproduktion mit Kohle gewaltige Mengen an klimaschädlichem CO2. Thyssenkrupp plant deshalb, in Duisburg einen der weltweit ersten wasserstoffbetriebenen Hochöfen zu errichten - mit dem ambitionierten Ziel, die CO2-Emissionen bis 2030 um bis zu 30 Prozent im Vergleich zu 2018 zu senken.
Dies ist nicht nur ein Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit, sondern könnte auch ein entscheidender Wettbewerbsvorteil in einem zunehmend umweltbewussten Markt sein, lautet ein Argument.
Grüner Stahl soll Hoffnung für die deutsche Industrie bringen. Aufgrund von Kostensteigerung droht Thyssenkrupp jedoch die Produktion abzubrechen.10.10.2024 | 1:35 min
Thyssenkrupp-Chef schürt Zweifel an Grünstahl-Plänen
Transformationspläne, die von der Ampel-Koalition in Berlin und auch der schwarz-grünen Landesregierung in NRW wohlwollend unterstützt wurden: 1,3 Milliarden Euro hat der Bund allein für Thyssenkrupp zugesagt, das Land NRW legt noch einmal 700 Millionen Euro drauf. Das ist die größte Einzelinvestition, die es jemals in NRW gegeben hat.
Doch der Umbau kommt nicht richtig in Fahrt, auch, weil Thyssenkrupp-Chef Miguel Lopez öffentlich Zweifel schürt. Offenbar treiben ungeplante Mehrkosten beim Bau der sogenannten Direktreduktionsanlage den Preis schon jetzt in die Höhe.
Branchenkenner: Förder-Milliarden werden nicht reichen
Für Branchenkenner wie Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist überhaupt fraglich, ob sich der milliardenschwere Umbau am Ende auch rechnet: "Da wird jetzt der grüne Stahl nach oben gezogen und eine grüne Zukunft gemalt", so Tüngler.
Aber von wem wird dieser grüne Stahl überhaupt gekauft?
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Marc Tüngler, Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz
Nach der Trump-Wahl gebe es eine neue Kalibrierung der Nachhaltigkeits-Diskussion auch in Europa, "Grüner Stahl wird doch frühestens in zehn bis fünfzehn Jahren gekauft, wenn die restlichen Wertschöpfungsketten auch grün werden, also CO2 frei", sagt Tüngler. Seine Prognose: Die bis jetzt zugesagten staatlichen Fördermilliarden werden bei Weitem nicht ausreichen, um das Gesamtprojekt zu finanziere. Und "bisher ist keiner da, der sagt, ich zahle die Zeche."
Thyssenkrupp droht die Produktion von grün hergestelltem Stahl abzubrechen. Könnten sie mit herkömmlichem Stahl weitermachen? Dazu ZDF-Börsenexperte Frank Bethmann.10.10.2024 | 1:02 min
Experte warnt vor hohen Kosten für Grünen Wasserstoff
Eine Studie des Energiewissenschaftlichen Instituts der Uni Köln (EWI) kommt zu ähnlichen Schlüssen. Grüner Wasserstoff könnte demnach noch auf Jahrzehnte zu teuer für viele industrielle Anwendungen sein und wäre auf Dauersubventionen in Milliardenhöhe angewiesen. Manuel Frondel vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung bläst ins gleiche Horn:
Stahl mit Grünem Wasserstoff zu produzieren ist das mit Abstand teuerste Verfahren, das wir uns eigentlich gar nicht leisten können.
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Manuel Frondel, Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
Die Politik habe sich viel zu voreilig darauf festgelegt, so Frondel.
Thema des Nationalen Stahlgipfels in Duisburg war die Zukunftsfähigkeit der Branche. Im Fokus: Die Klimaneutralität der Stahlproduktion, an der viele Arbeitsplätze hängen.16.09.2024 | 2:50 min
Hohe politische Erwartungen an Thyssenkrupp
Aussagen, die in Berlin und NRW nicht gut ankommen dürften. Denn NRW-Ministerpräsident Henrik Wüst bekräftigte mit Blick auf die Führungsetage von Thyssenkrupp erst kürzlich wieder: "Unser Commitment ist völlig klar und ich erwarte auch Klarheit, was die Zukunftsinvestition in die Direkreduktionsanlage angeht."
Die Erwartungen an den Thyssenkrupp sind also hoch - fraglich, ob der der Traditionskonzern die Grüne Transformation aus eigener Kraft stemmen kann. Am Ende ist es aber auch die Frage, ob sich die Politik ein Scheitern dieses industriellen Großprojekts in Deutschland überhaupt leisten kann.
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