Die USA kommen der Schuldengrenze immer näher

    Weißkopfseeadler vs. Pleitegeier:Die USA kommen der Schuldengrenze immer näher

    ZDF-Korrespondent Benjamin Daniel in Washington
    von Benjamin Daniel, Washington
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    Das US-Kongress-Budgetbüro hat seine Haushalts- und Wirtschaftsprognose sowie einen Bericht zur Schuldengrenze publiziert. Die USA könnten demnach im Juli zahlungsunfähig werden.

    Washington 11.11.2022, Das Kapitol in der Abenddämmerung
    Nach Schätzungen des unabhängigen Budgetbüros des US-Kongresses droht der Regierung in Washington ohne Anhebung der Schuldenobergrenze zwischen Juli und September ein Zahlungsausfall.
    Quelle: dpa

    Vieles, was in den nun veröffentlichten Berichten zusammengefasst ist, überrascht ExpertInnen nicht. Gleichwohl manifestiert sich mit der Veröffentlichung die bereits breit diskutierte Perspektive, dass die USA bereits im kommenden Juli zahlungsunfähig werden könnte, wenn das Weiße Haus und der Kongress keinen Kompromiss zur Anhebung der Schuldenobergrenze finden können.
    Im ZDF-Interview ordnet Wirtschafts-Experte Jacob Kirkegaard vom "Peterson Institute for International Economics" (PIIE) die Veröffentlichung wie folgt ein:

    Ich bin mir sicher, dass sich die Biden-Administration im Zweifel für einen Zahlungsausfall entscheiden würde - zum Beispiel also keine Sozialversicherungszahlungen an amerikanische SeniorInnen mehr zu leisten und dafür den RepublikanerInnen im Kongress die Schuld geben.

    Jacob Kirkegaard, Peterson Institute for International Economics

    "Ich würde nicht so weit gehen, es als Schmierentheater zu bezeichnen, doch es handelt sich schon um ein politisches Spiel. Die apokalyptischen Szenarien, von denen wir manchmal in Bezug auf den möglichen Zahlungsausfall hören, werden aber meiner Meinung nach nicht eintreten."
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    Alle Jahre wieder

    Die USA haben eine gesetzlich festgelegte Grenze, die besagt, wie viele neue Schulden die Regierung aufnehmen darf. Dass diese Schuldengrenze in recht regelmäßigen Abständen angehoben wird, gehört in Washington zu den politischen Standardprozeduren. Dennoch machen sich BeobachterInnen und PolitikerInnen zunehmend Sorgen, dass der Kampf um das festgeschriebene Limit diesmal noch härter geführt werden könnte als üblich.
    Ein Grund dafür ist die neu gewonnene Mehrheit der Republikaner im US-Repräsentantenhaus, deren Mitglieder einer Anhebung des Schuldendeckels zustimmen müssen. Da die Majorität hauchdünn ist, können die radikalen Republikaner ihren Sprecher Kevin McCarthy massiv unter Druck setzen, wenn es darum geht, mit dem US-Präsidenten Ausgabenkürzungen im Gegenzug für die Zustimmung zur Schuldengrenze-Erhöhung zu verhandeln.
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    Warnung vor Wirtschafts-Katastrophe

    Joe Biden hatte in seiner Rede zur Lage der Nation deutlich gemacht, dass er keinesfalls bereit sei, Kürzungen bei Sozialprogrammen vorzunehmen. Außerdem wolle er grundsätzlich erst über Kürzungen verhandelt, nachdem der Kongress einer Anhebung des Schulden-Limits zugestimmt habe. Er und Kevin McCarthy hatten sich Anfang Februar zu einem ersten Gespräch über das Thema getroffen. McCarthy erklärte anschließend, er habe dem Präsidenten gesagt, dass er die Schuldenobergrenze ohne Zugeständnisse von Seiten der Demokraten nicht anheben werde.
    Wie ernst die Lage ist, unterstrich am Dienstag unter anderem die US-Finanzministerin, Janet Yellen, indem sie ausdrücklich vor einer wirtschaftlichen Katastrophe warnte, sollten sich das Weiße Haus und der Kongress nicht bald auf einen Kompromiss einigen. So würde eine Zahlungsunfähigkeit der USA die Kosten für eine Kreditaufnahme nachhaltig verteuern, was wiederrum zur Verteuerung künftiger Investitionen führen und unter anderem die Kosten für Hypotheken, Autokredite oder Kreditkarten in die Höhe treiben würde.

    Deadline rückt näher

    Durch eine von der Finanzministerin geschaffene Übergangslösung kann der Staat seinen Zahlungsverpflichtungen im Moment noch nachkommen. Allerding muss bis spätestens Mitte des Jahres eine Lösung gefunden werden. Investoren haben davor gewarnt, dass ein Ausreizen dieser Frist auch die internationalen Finanzmärkte massiv unter Druck setzen könnte.
    Dennoch scheint der US-Präsident noch zuversichtlich zu sein. Ebenfalls bei seiner "State of the Union"-Rede machte er klar:

    Auf dem Weg zu einem gleichmäßigeren, stabileren Wachstum bleibt noch einiges zu tun, und es könnte auf dem Weg dorthin auch Rückschläge geben

    Joe Biden, Präsident der USA

    Im politischen Washington befürchten dennoch zahlreiche Beobachter, dass der Streit über die Schuldengrenze diesmal so heftig ausfallen könnte wie 2011. Damals kam es unter US-Präsident Barack Obama zu einer Zahlungsunfähigkeit des Staates und einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten.
    Quelle: ZDF, mit Material von dpa, AP, AFP, Reuters

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