Sanitäter in Bachmut: "Wie Verdun da draußen"

    Kampf um zerstörte Stadt:Sanitäter in Bachmut: "Wie Verdun da draußen"

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    Immer wieder werden die Kämpfe im Donbass mit den Schlachten des Ersten Weltkriegs verbunden. Auch die Gefechte um Bachmut sind lang, blutig und aussichtslos.

    Ukrainische Soldaten stehen neben einer fliegenden Drohne, aufgenommen am 12.02.2023 in Bachmut (Ukraine)
    Ukrainische Soldaten in Bachmut ziehen Vergleiche mit den Schlachtfeldern im Ersten Weltkrieg.
    Quelle: dpa

    Mit heulender Sirene rast ein Krankenwagen zu einer Sammelstelle für verwundete ukrainische Soldaten außerhalb von Bachmut. Minen und Granaten haben ihnen ganze Körperteile weggerissen. Der Sanitäter Iwan vergleicht den Kampf um die ostukrainische Stadt mit der Schlacht zwischen Deutschland und Frankreich im Ersten Weltkrieg.

    Es ist wie in Verdun da draußen.

    Iwan, Sanitäter in Bachmut

    Wie damals sind auch die Gefechte in Bachmut lang, blutig und aussichtslos.
    Die Söldnergruppe Wagner hat am Sonntag die Eroberung eines Ortes nahe Bachmut gemeldet:
    Seit sieben Monaten stehen sich hier ukrainische und russische Truppen gegenüber, es ist die längste Konfrontation seit Beginn des Krieges in der Ukraine vor einem Jahr. Eine Entscheidung zum Jahrestag am 24. Februar wäre nur symbolisch. Längst liegt die Stadt in Schutt und Asche.
    Karte: Frontstädte Bachmut und Soledar

    Dennoch verstärken beide Seiten ihre Truppen in Bachmut, um das Patt zu beenden. Moskau will nach vielen Rückschlägen seinen ersten bedeutenden Sieg erringen, Kiew ist entschlossen, die Stellung zu halten. Obwohl ein Sieg "in militärischer und strategischer Hinsicht nichts bedeuten würde", sagt Mark Cancian von der US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies.

    Das ist ein klassisches Problem wie im Ersten Weltkrieg. Wenn die Russen dort angreifen, haben die Ukrainer keine andere Wahl, als die Stadt zu verteidigen.

    Mark Cancian, Center for Strategic and International Studies

    "Wir werden so lange um Bachmut kämpfen, wie wir können", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Anfang des Monats vor Vertretern der EU in Kiew und forderte erneut mehr und schnellere Waffenlieferungen.
    "Westliche Waffen kommen zu spät", sagt ZDF-Korrespondentin Katrin Eigendorf mit Blick auf Bachmut.
    Die ukrainischen Soldaten an der Front beklagen den Mangel an Waffen und Munition. "Der Feind hat einen enormen Vorteil bei der Artillerie", sagte Juri Kryschberskyj, ein 37-jähriger Offizier, Ende Januar. Binnen einer halben Stunde würden oft 40 Granaten vorbeifliegen, schilderte er die Situation im Dorf Wasjukiwka nördlich von Bachmut.

    Unteroffizier: Russen in der Überzahl

    Ein Unteroffizier mit Kampfnamen Alkor sagte, die russischen Truppen seien auch von der Zahl her überlegen:

    Wir schießen und schießen und schießen, aber nach fünf Minuten kommen 20 weitere Männer auf uns zu.

    Alkor, Unteroffizier in der ukrainischen Armee

    Damals, Ende Januar, lagen ein Dutzend Leichen, mutmaßlich russische Söldner der berüchtigten Wagner-Truppe, zwischen Granaten auf dem gefrorenen Boden. "Sie haben nicht einmal ihre Verwundeten mitgenommen und die starben dann dort auf dem Feld", sagte ein ukrainischer Soldat namens Wladislaw.

    Zahl der Toten unklar - aber wohl hoch

    Der russischen Armee und der Gruppe Wagner wird immer wieder vorgeworfen, schlecht vorbereitete Rekruten als "Kanonenfutter" einzusetzen. Weder Kiew noch Moskau teilen mit, wie viele Soldaten sie verloren haben, beide Seiten bezeichnen jedoch die Schlacht um Bachmut als die blutigste des Krieges.



    Überall brennen Häuser, Granatsplitter liegen herum, der Schnee ist blutbefleckt. Offiziellen Angaben zufolge sind mehr als die Hälfte der Gebäude zerstört. In der Stadt, die einst für ihren Sekt und ihre Salzminen bekannt war, harren noch etwa 6.500 der ursprünglich 70.000 Einwohner aus.

    Kerzen spenden Wärme - ein wenig

    Die Soldaten in den Schützengräben am Stadtrand versuchen, sich an den gespendeten Kerzen zu wärmen und bereiten sich auf eine neue russische Offensive vor. Etwa 50 Kilometer weiter nordwestlich liegt einer von ihnen in der gefrorenen Erde begraben. Der 28-jährige Oleksandr Korowny, ein Mitglied des Asow-Bataillons, ist bei Bachmut gefallen. Ein Freund, Oleksij Storosch, zeigt unter dem grauen Januarhimmel auf die nahe gelegene Gedenkstätte des Zweiten Weltkriegs. "Die Geschichte wiederholt sich", sagt er. "Wozu ist das alles gut?"
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    Quelle: Susannah Walden, AFP
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