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Recherche zum Film

Die Recherchen zu diesem Film begannen bereits im Frühjahr 2020, einer ungewissen Zeit für uns alle – der Anfang der Corona Pandemie. Abstand halten und zu Hause bleiben – wenn möglich.

Doch Obdachlose haben kein Zuhause. Für sie war es in dieser Situation besonders schwer, sich zu schützen. Und für uns war es besonders schwer sie zu finden. Bei unserer Suche geholfen haben uns engagierte Menschen, die täglich mit Obdachlosen zu tun haben.

Wir wollten wissen: Wer sind die Macherinnen und Macher in Deutschland und Europa, die nicht nur während der Pandemie, sondern jederzeit darum bemüht sind, Menschen ein Dach über dem Kopf zu geben?

Zuerst fallen einem natürlich Sozialarbeiter*innen und auch Ehrenamtliche ein, die auf der Straße, in Notunterkünften oder Suppenküchen und in ganz Deutschland tolle Arbeit leisten - doch eine offensichtliche Antwort darauf, wer Menschen von der Straße zurück in die eigenen vier Wände hilft, hatten wir nicht. Gelingt das in Deutschland überhaupt großflächig und organisiert? 

Die nüchterne Antwort darauf wäre „Nein!“, aber das wäre zu kurz gegriffen. Denn, wie unsere Recherchen zeigen sollten, gibt es sehr wohl Organisationen und Kommunen, die sich mit innovativen Ideen darum kümmern. Diese zu finden war unsere Aufgabe.

Der erste Begriff, über den wir in Gesprächen und im Internet stolperten, war „Housing First“. Ein Konzept, das Ende der 90-er-Jahre in den USA entstand und inzwischen in einigen europäischen Ländern wachsende Anerkennung findet. Housing First kehrt die Logik bei der Wohnungssuche für Obdachlose auf den Kopf: Normalerweise wurde vorausgesetzt, dass ein Mensch dann eine Wohnung bekommen kann, wenn er oder sie ein geregeltes Einkommen, Zuverlässigkeit und eine Bankverbindung nachweisen kann. Doch in der Realität ist das nur schwer umzusetzen – Probleme werden nicht auf der Straße gelöst. Housing First hingegen garantiert obdachlosen Menschen erstmal eine Unterkunft, von wo aus das Leben organisiert werden kann. Simpel, aber clever.

In Deutschland wird dieses Programm noch nicht im größeren Stil umgesetzt. Einige Leuchtturmprojekte gibt es aber bereits: In Berlin, Düsseldorf aber auch im kleinen Bamberg. Uns interessierte, wer dieses Projekt, das hier unter dem Titel „Übergangswohnen Plus“ läuft, in der fränkischen Stadt mit knapp 80.000 Einwohnern vorantreibt. Wir lernten Mario Schmidt vom Sozialamt der Stadt und Maria Joecks von der Caritas kennen, engagierte Sozialarbeiter*innen, die uns auch bei der Suche nach Betroffenen unterstützen wollten. Ein Problem, das uns zwar von Beginn an klar war, aber nun für die Dreharbeiten besonders in den Fokus rückte: Kaum jemand möchte in dieser Situation gefilmt werden. In Bamberg schafften wir es durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Sozialamt und der Caritas, die das Projekt gemeinsam leiten, einen Protagonisten auf dem Weg in seine eigenen vier Wände zu begleiten.   

Ein sehr erfolgreiches Projekt, das während unserer Produktionszeit – auch wegen Corona – keine Dreharbeiten möglich machen konnte, ist „Social Bite“ aus Schottland. Der Gründer Josh Littlejohn, der selbst eine Zeitlang obdachlos war, führt inzwischen fast ein soziales Imperium, das in mehreren Städten im Vereinigten Königreich zu finden ist. Hier geht es nicht nur darum, obdachlosen Menschen eine Unterkunft zu geben, sondern sie mit einem Job und sozialen Begegnungen wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Traurig über die Absage mussten wir allerdings nur kurz sein, denn schon kurz darauf entdeckten wir die spanische Fundación Madrina in Madrid.  

Conrado Giménez zusammen mit seiner Klientin Petra.
Conrado Giménez zusammen mit seiner Klientin Petra. Er tut alles, um für die alleinerziehende Mutter von neun Kindern ein neues Zuhause zu finden.

Der Gründer und Präsident dieser kleinen Power-Organisation ist Conrado Giménez. Der 62-Jährige war ein erfolgreicher Banker, bis er nach einem beinahe tödlichen Unfall sein Leben ändern wollte. Sein neues Ziel wurde es, junge Mütter und Familien vor Obdachlosigkeit zu bewahren. Mit seinem 11-köpfigen Team und zahlreichen Freiwilligen versucht er gleich mehrere Probleme Spaniens zu lösen. Parallel zu einer steigenden Obdach- und Wohnungslosigkeit in der Hauptstadt gibt es zu wenige (junge) Menschen in strukturschwachen Dörfern und Kleinstädten – die Gefahr dort: Schulen müssen schließen und Arbeitsplätze können nicht besetzt werden. In Zusammenarbeit mit den Kommunen versucht Conrado Familien in diesen Regionen ein neues Leben zu ermöglichen. Bereits 300 Familien hat er so schon vermittelt. Bei unserem Besuch waren wir von der Produktivität dieses kleinen Teams überwältigt. Die Arbeitstage von Conrado ziehen sich häufig von morgens acht bis spät in die Nacht. Denn nach der Vermittlung in die Kommunen betreut er jede einzelne Familie so lange, bis sie auf eigenen Beinen stehen kann, mit Essen, Einrichtungsgegenständen und Spielzeug für die Kinder. Finanziert wird das Ganze aus Spenden und EU-Geldern.  

Probeaufbau für das neue Ulmer Nest. Hier sollen Obdachlose sicher und vor Wetter geschützt übernachten können.
Probeaufbau für das neue Ulmer Nest. Hier sollen Obdachlose sicher und vor Wetter geschützt übernachten können.

Was wir während unserer Recherche auch lernten war, dass einige Menschen gar nicht vermittelt werden wollen oder können. Was passiert mit ihnen im kalten Winter? Eine innovative Antwort darauf fanden wir wieder im Süden Deutschlands – in Ulm. Hier hat sich ein Team aus Ingenieuren und Tüftlern daran gemacht mobile Mini-Unterkünfte zu entwickeln, in denen Obdach- und Wohnungslose übernachten können: Kleine Schlafboxen, die Schutz vor dem Erfrieren aber auch vor Übergriffen bieten, die sogenannten „Ulmer Nester“.

Am Ende unserer Recherche waren wir positiv überrascht von den vielen ambitionierten Ideen, die es überall in Deutschland und Europa gibt. Für einige der Projekte sehen wir die Chance, dass sie flächendeckend auf Deutschland übertragen werden könnten. Wir sind gespannt, ob wir durch unseren Film einen Beitrag dafür leisten können.

von Lars Hering

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