Cannabis, Kinderehe, Wahl: Wichtige Entscheidungen 2023

    FAQ

    Cannabis, Kinderehe, Fußball:Karlsruhe: Wichtige Entscheidungen 2023

    von Jan Henrich
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    Kinderehe, Drohnen, Gras: Beim Bundesverfassungsgericht stehen in diesem Jahr wichtige Entscheidungen an. In mehreren Rechtsgebieten sollen Grundsatzurteile fallen. Ein Überblick.

    Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgericht verkündet das Urteil in Sachen Desiderius-Erasmus-Stiftung.
    Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes. Ein Überblick über die Entscheidungen im Jahr 2023. (Symbolfoto)
    Quelle: dpa

    Eigentlich befindet sich das Bundesverfassungsgericht derzeit in einem der größten personellen Umbrüche seiner Geschichte. Innerhalb eines Zeitraums von nur 18 Monaten wechselt fast die Hälfte der 16 Richterinnen und Richter. Doch viel Zeit zur Einarbeitung bleibt den Neuen nicht.
    Vergangene Woche hat das Gericht eine Verfahrensvorschau veröffentlicht. Und die lässt erahnen, dass in diesem Jahr gleich mehrere Grundsatzentscheidungen fallen könnten.

    Cannabisverbot mit Grundrechten vereinbar?

    Ist es mit Grundrechten vereinbar, den Umgang mit Cannabis strafrechtlich zu verfolgen, während Alkohol legal überall bezogen werden kann? Mehrere Amtsgerichte halten die noch bestehenden Strafvorschriften zu Cannabis für unverhältnismäßig. Sie hatten insgesamt zehn bei ihnen anhängige Strafverfahren ausgesetzt und den Karlsruher Richtern zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt. (u.a. 2 BvL 3/20)
    Das Bundeskabinett hat Eckpunkte eines Gesetzes zur Cannabis-Legalisierung beschlossen. Was erlaubt sein soll - und was nicht:

    Berlin-Wahl beschäftigt immer noch

    Die Berliner Pannen-Wahl von 2021 lässt das Bundesverfassungsgericht nicht los. Nachdem Ende Januar bereits ein Eilantrag gegen die Wiederholung der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus gescheitert war, steht zudem noch die Bundestagswahl auf dem Prüfstand. Auch hier soll eine (Teil-)Wiederholung stattfinden - genauer eine Wiederholung in 431 Berliner Wahlbezirken. Die Entscheidung darüber könnte sich allerdings noch verzögern. Die Richter in Karlsruhe wollen in einem anderen Verfahren offenbar zunächst Eckpunkte für das Bundestags-Wahlrecht konkretisieren. (u.a. 2 BvC 4/23)

    Wer zahlt für Polizeieinsätze bei Fußballspielen?

    Veranstalter von Großevents können unter bestimmten Voraussetzungen an den Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen im Fußball beteiligt werden. Eine entsprechende Regelung hatte Bremen 2014 eingeführt und darauf basierend einen Gebührenbescheid an die Deutsche Fußball Liga (DFL) geschickt. Die klagte dagegen, bislang allerdings erfolglos. Nun soll das Bundesverfassungsgericht entscheiden. (1 BvR 548/22)

    Drohneneinsätze von US-Airbase in Ramstein

    Muss sich die Bundesregierung stärker für die Einhaltung von Völkerrecht einsetzen, wenn von US-Luftwaffenstützpunkten in Deutschland aus Drohnen-Einsätze gesteuert werden? Zwei Jemeniten, deren Angehörige bei einem Raketenangriff getötet wurden, hatten Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie sind der Auffassung, Deutschland habe eine Pflicht zum Schutz des Rechts auf Leben und die Verantwortung, ihre Familien vor weiteren Angriffen unter Einbeziehung der US-Airbase in Ramstein zu schützen. (2 BvR 508/21)

    EncroChat Daten und Überwachungsbefugnisse von Sicherheitsbehörden

    Welche Überwachungsbefugnisse Sicherheitsbehörden in Deutschland haben, ist ein juristischer Dauerbrenner. Auch in diesem Jahr stehen gleich mehrere Entscheidungen insbesondere im Zusammenhang mit Fragen zu Online-Durchsuchungen und sogenannter Quellen-Telekommunikationsüberwachung an.
    Doch ein Verfahren sticht heraus: 2020 war es französischen Ermittlern gelungen die verschlüsselte Kommunikationssoftware EncroChat zu infiltrieren und Nachrichten auszulesen. Der Messenger-Dienst war bei Kriminellen beliebt, um illegale Geschäfte abzuwickeln. Mit den gewonnenen Daten konnten auch in Deutschland hunderte von Strafverfahren auf den Weg gebracht werden. Die Verfassungsrichter müssen nun klären, ob die Daten vor Gericht auch verwertet werden durften. (u.a. 2 BvR 558/22)
    Kriminelle mit Software identifizieren? Dafür sieht das Bundesverfassungsgericht keine Rechtsgrundlage:

    Geht Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen zu weit?

    Der Gesetzgeber hatte 2017 beschlossen, dass im Ausland geschlossene Ehen von unter 16-Jährigen pauschal für nichtig erklärt werden. Mit der Neuregelung sollten insbesondere Mädchen vor Früh- und Zwangsehen geschützt werden. Doch Kritiker bemängeln, dass das Gesetz den Zweck verfehlt. Betroffene könnten so auch automatisch Schutzrechte und Ansprüche verlieren, beispielsweise bei Unterhalts- oder erbrechtlichen Fragen. (1 BvL 7/18)
    Quelle: ZDF

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