Kakaoindustrie: Die Kinder zahlen den Preis

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    Kinderarbeit nimmt zu:Kakaoindustrie: Die Kinder zahlen den Preis

    von Marcel Burkhardt (Text) und Michaela Waldow (Grafiken)
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    Die Dauerkrisen der Welt stürzen Millionen Familien in Existenznot. Eine Folge: ausufernde Kinderarbeit. Etwa im Kakaogeschäft, zu dem wir Europäer ein inniges Verhältnis haben.

    • Wachsende extreme Armut stürzt Millionen Minderjährige auf der Welt ins Elend der ausbeuterischen Kinderarbeit.
    • Ein Hotspot ist Westafrika, wo der Kakao für europäische Schokolade hauptsächlich angebaut wird.
    • Experten zufolge sind faire Preise für Rohstoffe der beste Weg, um Kinderarbeit schnell einzudämmen.

    Mädchen trifft es am schlimmsten: Sie werden schon im Alter von zehn Jahren auf Märkten verkauft und "landen dann in der Kinderarbeit oder werden zwangsverheiratet".
    Dies ist kein Bericht aus längst vergangenen Tagen. Dies geschieht laut Welthungerhilfe heute, in Uganda, einem der ärmsten Länder der Welt.

    Rund um den Globus Kinder in Not

    In dem ostafrikanischen Land wie in vielen anderen Staaten hat wirtschaftlicher Niedergang Kinder ins Elend gestürzt. Laut Vereinten Nationen ist etwa jedes zehnte von Kinderarbeit betroffene Kind im Alter zwischen fünf und elf Jahren.
    Einer neuen Studie des Wirtschaftswissenschaftlers Guilherme Lichand könnten weltweit bis zu 375 Millionen Mädchen und Jungen im Alter von sieben bis 14 Jahren von Kinderarbeit betroffen sein.
    Die Liste der Produkte, in denen Kinderarbeit steckt, ist sehr lang.
    Zahlen zur Kinderarbeit laut neuer Studie
    ZDFheute Infografik
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    Ausbeuterische Kinderarbeit im Kakaogeschäft

    Das Kakaogeschäft zeigt exemplarisch, wie ein ungleiches wirtschaftliches Kräfteverhältnis und damit verbundene extreme Armut bei den Benachteiligten zu Kinderarbeit führen: In der Elfenbeinküste und Ghana, wo ein Großteil des Kakaos für Europa und die USA angebaut wird, gehen Kinder – wenn überhaupt – meist nur wenige Jahre zur Schule.
    Trotz ihres Reichtums am begehrten Rohstoff sind die Länder sehr arm – und das auch, weil sie den Kakaopreis nicht bestimmen können. Das führt zunehmend zu Konflikten.
    Verbreitung von Unterernährung
    ZDFheute Infografik
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    Einer Studie des NORC-Instituts der Universität Chicago zufolge schuften fast 1,6 Millionen Kinder in Kakaoplantagen, obwohl dies sowohl in Ghana als auch in der Elfenbeinküste offiziell verboten ist.
    Ein Grund hierfür, der von Experten genannt wird: Viele Kleinbauern seien so mittellos, dass sie sich keine erwachsenen Hilfskräfte leisten könnten. Und: Kakaobohnen seien oft die einzige, kleine Einnahmequelle.

    Neue wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass das Ausmaß der globalen Kinderausbeutung womöglich noch größer ist als bislang bekannt. Was sind die Ursachen? Wer trägt wirtschaftlich und politisch Verantwortung? Welche Macht haben internationale Finanzinvestoren? Und helfen neue Lieferkettengesetze, Kinderrechte künftig besser zu schützen?

    ZDFheute geht diesen Fragen in einer siebenteiligen Serie nach. Bisher erschienen:

    In Westafrika nimmt Kinderarbeit seit zehn Jahren zu

    Einhergehend mit einem starken Anstieg der Kakaoproduktion in den vergangenen zehn Jahren hat auch Kinderarbeit in Ghana und der Elfenbeinküste zugenommen.
    In den Kakaoanbaugebieten ist nach Informationen des Inkota-Netzwerks fast jedes zweite Kind von "ausbeuterischer Kinderarbeit" betroffen. Hunderttausende Kinder müssen dort schwere Erntesäcke schleppen, mit Macheten und giftigen Pestiziden hantieren.

    Deutlich mehr Familieneinkommen, weniger Kinderarbeit

    Was die Lage der Kinder und ihrer Familien verbessern könnte, darüber hat Pauline Zéi von der ivorischen Entwicklungsorganisation Inades eine klare Vorstellung. ZDFheute sagt sie:

    Faire Preise für Kakao sind der beste Weg, um Kinderarbeit zu beenden. Die Preise müssten sich verdreifachen, damit die Bauern ein existenzsicherndes Einkommen erzielen können.

    Pauline Zéi, Entwicklungsorganisation "Inades"

    Doch Kakaopreise verharren im Keller – wie seit vielen Jahren schon.
    Tagespreis für Kakaobohnen
    ZDFheute Infografik
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    Desiré Adon ist einer der ungezählten ivorischen Bauern, die verzweifelt sehen, wie einerseits die Kosten für Lebensmittel und Dünger explodieren, während andererseits das ohnehin geringe Einkommen durch die galoppierende Inflation dramatisch an Wert verliert.

    Derzeit ist es unmöglich, vom Kakaoeinkommen zu leben. Wir sind verdammt dazu, unter der Armutsgrenze zu existieren. Ohne faire Preise kommen wir aus diesem Teufelskreislauf nicht heraus.

    Desiré Adon, Kakoabauer aus der Elfenbeinküste

    Das strukturelle Hauptproblem sei, dass die Kakao-Produktionskosten von den Käufern "nicht berücksichtigt" würden. Das halte die Bauern in Armut gefangen.
    Adon hat sich mit anderen in einer Kooperative zusammengetan, um gemeinsam etwas stärker zu sein. Die Gemeinschaft profitiere immerhin etwas, sagt er ZDFheute: "Bei uns müssen keine minderjährigen Kinder während der Ernte helfen, unsere Kinder gehen zur Schule."
    Vielerorts sehe es jedoch düster aus – auch weil "Mafia-Netzwerke" Kinder aus Nachbarländern wie Mali und Burkina Faso als Arbeitssklaven in Plantagen missbrauchten und der Staat dies nicht verhindere.

    NGOs geben Schokoladenindustrie Mitschuld an Misere

    Nichtregierungsorganisationen klagen derweil über die Einkaufspraktiken der milliardenschweren internationalen Kakao- und Schokoladenindustrie, die den Bauern keine existenzsichernden Einkommen zubillige.
    Während Unternehmen die Kritik zurückweisen, sagt Wirtschaftsexperte Friedel Hütz-Adams vom Bonner Südwind-Institut ZDFheute:

    Alle Marktteilnehmer wissen, dass es ohne signifikant höhere Kakaopreise keine Fortschritte im Kampf gegen Kinder- und Zwangsarbeit geben wird.

    Friedel Hütz-Adams, Wirtschaftsexperte vom Bonner Südwind-Institut

    Das würde in Europa, wo so viel Schokolade wie nirgendwo sonst auf der Welt genossen wird, auch nicht wehtun, rechnet Hütz-Adams vor:

    Wenn Ferrero den Einkaufspreis für seinen Kakao verdoppeln würde, würde die Tafel Kinderschokolade vielleicht einen Cent teurer.

    Friedel Hütz-Adams, Wirtschaftsexperte vom Bonner Südwind-Institut

    Auch eine Verdreifachung der Kakaopreise könnten sich europäische Schokoladengenießer dementsprechend gut leisten. "Das reißt in unsere Portemonnaies keine riesigen Löcher, würde aber den Kakaobauern extrem helfen, ein menschenwürdiges Leben zu führen", sagt Hütz-Adams.
    Preiszusammensetzung pro Kilo Schokolade
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