Festnahmen im "Reichsbürger"-Milieu: Das Netz des Prinzen
Geldgeber, Politikerin, Militär:"Reichsbürger"-Razzia: Das Netz des Prinzen
von Julia Klaus
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Erneute Festnahmen im "Reichsbürger"-Netzwerk von Heinrich Prinz Reuß: Welche Rolle spielten eine Politikerin, ein Financier und ein Mann fürs Militärische?
Sie nannten sich "Patriotische Union" und wollten nichts weniger als einen bewaffneten Staatsstreich - vor rund sechs Monaten hatten Ermittler in einer der größten Razzien gegen "Reichsbürger" ein Netzwerk aus Mitgliedern und Unterstützern festgenommen. Vermuteter Rädelsführer ist der Frankfurter Immobilienunternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß.
Am Montagabend nun wurden drei weitere Personen aus der Gruppierung festgenommen, bestätigte die Generalbundesanwaltschaft ZDFheute. Ihnen wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Zuerst hatten die ARD und der "Spiegel" berichtet. Es geht um eine Politikerin, einen Financier und einen wichtigen Mann fürs Militärische:
Johanna F.-J. (Bodenseekreis) hatte für die "Querdenken"-nahe Partei "Die Basis" erfolglos bei der Bundestagswahl 2021 kandidiert. Für das Reichsbürger-Netzwerk soll sie mindestens zwei Mal einen Generalkonsul der Russischen Föderation getroffen haben, um Unterstützung für die Gruppe zu erhalten. Auch soll sie bei mehreren Treffen der Führungsriege teilgenommen haben, bei denen diese ihre Ziele festlegte. Bei der Frau hatte es bereits im Dezember eine Hausdurchsuchung gegeben.
Hans-Joachim H. (Landkreis Harburg) soll als Geldgeber insgesamt 140.000 Euro gespendet, an Sponsoren-Treffen und Veranstaltungen für die Mitglieder-Rekrutierung teilgenommen haben.
Steffen W. (Landkreis Freudenstadt) soll eine führende Rolle beim Aufbau der "Heimatschutzkompanien" gehabt haben - der Armee, die die Gruppierung geplant hatte. Er soll Bedarfslisten für Waffen und Munition angelegt und die Übernahme einer Kaserne geplant haben. Auch sollte er Personal für seinen Bereich gewinnen und es militärisch ausbilden.
Die Drei seien schon länger beschuldigt gewesen, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft gegenüber ZDFheute. Aus den sichergestellten Asservaten habe sich nun der Verdacht erhärtet.
Die Razzia gegen Prinz Reuß und sein "Reichsbürger"-Netzwerk 21.12.2022 | 17:07 min
Das war die Razzia gegen Prinz Reuß und sein Netzwerk:
"Patriotische Union": Rat und militärischer Arm für den Putsch
Die Gruppierung um den Prinzen soll einen gewaltsamen Umsturz unter Anwendung militärischer Gewalt und die Abschaffung des demokratischen Systems geplant haben. Sicherheitsbehörden waren deshalb am 7. Dezember mit einer Großrazzia gegen die Verdächtigen vorgegangen. 25 Personen wurden damals festgenommen, darunter frühere Offiziere und Polizeibeamte. Ihnen wird die Bildung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Von den 25 Verdächtigen sitzen noch 23 in Untersuchungshaft. Aktuell gelten 63 Personen als Beschuldigte.
"Reichsbürger" sind Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven - unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich - die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Eine einheitliche Bewegung sind "Reichsbürger" allerdings nicht, die Szene gilt als heterogen.
Nach Angaben des Verfassungsschutzes sind der Szene der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" deutschlandweit etwa 23.000 Personen zuzurechnen. Etwa 2.100 davon gelten als "gewaltorientiert". Quelle: Bundesamt für Verfassungsschutz
Die Pläne der "Patriotischen Union" waren laut Bundesanwaltschaft sehr konkret: Sie hatten eine Art Regierung gebildet, die sie "Rat" nannten und an dessen Spitze Prinz Reuß gestanden haben soll. Als künftige Justizministerin wurde die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann gehandelt, die ebenfalls festnemommen worden war.
So funktioniert die Parallelwirtschaft der "Reichsbürger":
Auch hatte es einen militärischen Arm gegeben, dessen Kopf Rüdiger von P. gewesen sein soll. An dessen Aufbau soll auch Maximilian E., Mitgründer der Bundeswehr-Elitegruppe KSK, mitgewirkt haben. Diese geplante "Reichsbürger"-Einheit hatte sich zu bewaffnen versucht und auch Schießtrainings durchgeführt. Geplant war ein deutschlandweites System von Heimatschutzkompanien.
Steffen W. wurde bereits am Montagabend dem Ermittlungsrichter vorgeführt, Johanna F.-J. und Hans-Joachim H. sollen im Laufe des Dienstags dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. Dieser entscheidet darüber, ob die Haftbefehle in Vollzug gesetzt werden.