Wie sich das Leben in Russland verteuert hat

    Rubel schwächelt seit Monaten:Wie sich das Leben in Russland verteuert hat

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    Der Rubel schwächelt seit Monaten und befindet sich auf dem tiefsten Stand seit dem Frühjahr 2022 - auch wegen der westlichen Sanktionen. Für viele Russen bedeutet das: Sparen.

    Archiv: Mann in russischem Supermarkt
    Fallender Rubel und hohe Preise zwingen zur Zurückhaltung (Symbolbild)
    Quelle: Reuters

    Igor Inkin, 63 Jahre alt und mittlerweile pensioniert, verzichtet auf Desserts und andere kleine Freuden des Lebens. "Die Preise in den Geschäften gehen nach oben und wir müssen unsere Ausgaben anpassen", sagt der frühere Unternehmer der Nachrichtenagentur AFP.
    Er steht im Zentrum von Moskau und findet diese Entwicklung allmählich "beunruhigend". Anderthalb Jahre westliche Sanktionen und sinkende Öleinnahmen haben Spuren hinterlassen.

    Rubel auf niedrigstem Stand seit Frühjahr 2022

    Der Rubel schwächelt nach kurzen Hochphasen seit Monaten und hat durch den Aufstand der Söldnertruppe Wagner Ende Juni noch einmal an Wert verloren. Am Donnerstag wurden 107 Rubel für einen Euro gehandelt und 97 Rubel für einen Dollar - der niedrigste Wert für die russische Währung seit Frühjahr 2022.
    Das verteuert die Importe. Die Inflation steigt, was die Zentralbank des Landes jüngst zu einer kräftigen Leitzinserhöhung veranlasste.
    Wagner-Kämpfer in Rostow am Don, Archivbild
    In Russland war der seit langem schwelende Machtkampf zwischen Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnertruppe Wagner, und der russischen Militärführung eskaliert.27.06.2023 | 7:15 min

    "Für uns Rentner ist es besonders besorgniserregend"

    Inkin hat schon einige Hochs und Tiefs der Wirtschaft seines Landes erlebt: die Knappheit zu Sowjetzeiten, das Chaos der Wende 1990, die Wirtschaftskrise von 1998, die die Ersparnisse der Russinnen und Russen auffraß.
    Nun hat er erneut Sorgen, über die Runden zu kommen. "Für uns Rentner ist es besonders besorgniserregend". Viele arbeiten ohnehin nebenbei, um sich ihre Renten aufzubessern.

    Sanktionen erschweren Importe

    Bei den Jüngeren klingt das allerdings nicht anders. Dmitri Bobrow, 19 Jahre alt und selbstständig im IT-Bereich tätig, hat Mühe, die nötigen Teile für seine Arbeit zu beschaffen. "Grafikkarten, Prozessoren... die Preise sind deutlich gestiegen."
    Wegen der westlichen Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine können russische Firmen die nötigen Produkte nicht mehr so leicht beschaffen und sind auf sogenannte Parallel-Importe angewiesen - also Einfuhren über ein anderes Land.

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    Die EU arbeitet an ihrem 11. Sanktionspaket. Aber wirken die Sanktionen in Russland überhaupt? Ja, sagt Ökonom Wladimir Milow. Sie treffen die Mächtigen, aber auch einfache Bürger.
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    Interview

    Lebensmittel werden deutlich teurer

    Fjodor Tichonow, 37 Jahre alt und in der Filmindustrie tätig, merkt das auch beim Einkauf ganz alltäglicher Dinge. Früher konnte er für 1.000 Rubel ein Abendessen für seine Familie einkaufen. "Heute kostet das 2.000 Rubel", sagt er, während er ein Lebensmittelgeschäft verlässt.
    Moskau müsse dringend über die Sanktionen "verhandeln", sagt er.

    Das kann nicht ewig so weitergehen.

    Fjodor Tichonow

    Banken-Ansturm Ende Juni

    Anzeichen für die Sorgen der Russinnen und Russen war auch ein Ansturm auf ihre Ersparnisse: Wegen der Wagner-Unruhen zogen sie zwischen dem 23. und dem 25. Juni eine Milliarde Rubel (fast 9,4 Millionen Euro) ab, das war rund fünf Mal so viel wie der normale Durchschnitt von drei Tagen.
    "Der Fall des Rubel war erwartet worden", sagt der Analyst Arnaud Dubien, "er spiegelt den Außenhandel wider". Ungewöhnlich sei hingegen, dass der Rubel trotz wieder steigender Ölpreise weiter schwächeln würde.
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    Seit fast einem Jahr führt Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Viele Russen zahlen dafür selbst einen hohen Preis und spüren im Alltag die Sanktionen des Westens.20.02.2023 | 2:04 min

    Putin sieht historische Chance

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    Die russische Führung sieht in den Sanktionen und der Abwanderung westlicher Firmen eine historische Chance für eine Stärkung der inländischen Unternehmen, für Produkte "Made in Russia" und die Schaffung neuer Jobs im Land.
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