Studie: Deutsche fürchten Desinformation

    Angst um die Demokratie:Studie: Deutsche fürchten Desinformation

    |

    Die Angst richtet sich vor allem auf Fake News aus dem Netz: Eine große Mehrheit der Deutschen sieht Falschinformationen als Gefahr für die Demokratie. Das zeigt eine neue Studie.

    Typical: Desinformation
    Wem kann man noch trauen? Die Deutschen machen sich Sorgen wegen möglicher Fake News im Internet.
    Quelle: epa

    Die Menschen in Deutschland sind alarmiert wegen Desinformationskampagnen und der Verbreitung von Fake News. Einer Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung zufolge sehen 84 Prozent in vorsätzlich verbreiteten Falschinformationen im Internet ein großes oder sogar sehr großes Problem für die Gesellschaft. 81 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass diese ein Risiko für Demokratie und Zusammenhalt darstellen. Die Studie wurde an diesem Mittwoch veröffentlicht.

    Blick auf das Superwahljahr

    "Den meisten Menschen ist inzwischen bewusst, dass Desinformation eine Gefahr für die demokratische Gesellschaft darstellt", erklärte Stiftungsvorständin Daniela Schwarzer zu den Ergebnissen der Studie. "Diese Entwicklung ist besonders mit Blick auf das laufende Superwahljahr eine Herausforderung, die gelöst werden muss, um unsere liberale Demokratie zu schützen."
    Lutz Güller im Schaltgespräch mit Nazan Görkdemir
    Ziel russischer Desinformation in den sozialen Medien sei es, mit immer neuen Methoden "zu täuschen, um zu destabilisieren", sagt Lutz Güllner vom Europäischen Auswärtigen Dienst.27.01.2024 | 5:09 min
    In diesem Jahr finden in Deutschland und anderen Ländern richtungsweisende Wahlen statt. So wird im November in den USA ein neuer Präsident bestimmt, wobei unter anderem auch Ex-Präsident Donald Trump als Kandidat ins Rennen gehen dürfte.
    In Deutschland stehen im September Landtagswahlen in den drei ostdeutschen Ländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg an. Dort ist die AfD in Umfragen derzeit teilweise mit klarem Abstand stärkste politische Kraft.
    Tal Hanan, alias Jorge
    Eine israelische Firma bietet gegen Geld Desinformationskampagnen an – weltweit. Gemeinsame Recherchen von ZDF, SPIEGEL und ZEIT mit Forbidden Stories enthüllen das Ausmaß.15.02.2023 | 29:10 min

    Bei diesen Themen werden Fake News erwartet

    Desinformation nehmen die Menschen laut Umfrage am häufigsten in Verbindung mit kontroversen Themen wie Einwanderung, Gesundheit und Corona, dem Krieg gegen die Ukraine oder der Klimakrise wahr. Als Urheber sehen sie vor allem Akteurinnen und Akteure im politischen Raum, die Meinungen der Bevölkerung oder den Ausgang von Wahlen beeinflussen und Radikalisierung fördern wollen.

    Die Bertelsmann-Stiftung setzt sich weltweit für Bildung, Demokratie, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit und internationale Verständigung ein. Die Stiftungsprojekte finanzieren sich aus den Kapital-Erlösen des Bertelsmann-Konzerns (unter anderem: RTL Group, BMG, Arvato, Penguin Random House). Die Stiftung wurde 1977 von Reinhard Mohn gegründet. Quelle: dpa

    Als Haupteinfallstor wird demnach die Verbreitung von Falschinformationen über soziale Medien wahrgenommen. 59 Prozent der Befragten gaben an, diese seien ihnen als Kommentare oder Beiträge in Netzwerken wie Facebook oder X begegnet. 37 Prozent nannten außerdem Kommentare unter Artikeln auf Blogs oder Nachrichtenseiten als Quelle. Weitere 33 Prozent nahmen Fake News direkt in Artikeln auf Blogs oder Nachrichtenseiten wahr.

    Skepsis bei Aktivisten - aber nicht nur

    Protest- und Aktivistengruppen werden dabei von 66 Prozent als wichtigste Verantwortliche für die Desinformationsverbreitung betrachtet. 60 Prozent schreiben dies schwerpunktmäßig Influencern in sozialen Medien und Bloggern zu. 53 Prozent sehen ausländische Regierungen als wichtige Quelle für Fake News, 50 Prozent Politiker aus Deutschland. 34 Prozent sind der Meinung, die Bundesregierung sei für Falschinformationen verantwortlich.
    Mit etwa 55 Prozent ist dabei etwa die Hälfte der Befragten der Auffassung, dass Desinformation gleichermaßen von Vertretern des rechten wie des linken politischen Spektrums eingesetzt wird. 25 Prozent machen primär Aktivisten des rechten Lagers verantwortlich, zehn Prozent Vertreter des linken Lagers.

    Studie fordert strengere Vorgaben für Social Media

    Die Stiftung zeigte sich alarmiert und forderte mehr Gegenmaßnahmen. "Wir brauchen bessere Vorgaben - die sozialen Netzwerke sollten verpflichtet sein, Faktenchecks und Vertrauensbewertungen einzubinden", erklärte Studienkoautorin Cathleen Berger. Nutzern müsse es erleichtert werden, Informationen zu prüfen und gegebenenfalls zu melden.
    Vor dem Hintergrund von Krisen und zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen erhält das Problem der Desinformation zunehmend größere Aufmerksamkeit. Speziell Russland wird immer wieder vorgeworfen, westliche Demokratien durch Cyberpropaganda und Verbreitung von Fake News destabilisieren zu wollen.
    Weiter befeuert wird die Debatte auch durch den technischen Fortschritt, vor allem den Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

    Menschen in den USA reflektierter

    Die Studie erlaubt nach Bertelsmann-Angaben teilweise auch einen Vergleich mit den USA. Dort sind die Verunsicherung über den Wahrheitsgehalt digitaler Inhalte und die Wahrnehmung von Desinformation demnach ausgeprägter als in Deutschland. Zugleich seien die Menschen in den USA "reflektierter": Während dort 39 Prozent befürchteten, selbst auf Falschinformationen hereinzufallen, sähen in Deutschland lediglich 16 Prozent ein solches Risiko für sich selbst.
    Für die Studie wurden im Auftrag der Stiftung im Oktober in Deutschland etwa 5.000 Menschen befragt, in den USA weitere rund 2.000. Sie trägt den Titel "Verunsicherte Öffentlichkeit", die Umfragedaten sind repräsentativ.
    Quelle: AFP

    Mehr zu dem Problem Desinformation