Nukleares Risiko: Besorgte Blicke nach Saporischschja

    Nukleares Risiko:AKW Saporischschja: Weiterhin Sorge um Kämpfe

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    Das Bundesamt für Strahlenschutz warnt vor Kämpfen rund um das ukrainische AKW Saporischschja. Die Folgen einer nuklearen Katastrophe wären auch bei uns zu spüren.

    Das Tor zum Kernkraftwerk Saporischschja in der Ukraine
    Das Kernkraftwerk Saporischschja ist das größte AKW in Europa und immer wieder Schauplatz des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine.
    Quelle: epa

    Angesichts des andauernden Krieges in der Ukraine hat die Präsidentin des Bundesamts für Strahlenschutz, Inge Paulini, an das weiterhin bestehende Risiko für die dort angesiedelten Atomkraftwerke erinnert. Insbesondere die Situation am größten ukrainischen Kernkraftwerk Saporischschja gebe "immer wieder Anlass zur Besorgnis", sagte Paulini an diesem Dienstag.

    Bundesamt warnt vor Kämpfen in der Nähe von AKW

    Ein besonderes Risiko stellten dabei die Kampfhandlungen, die Stromversorgung sowie die Arbeitsbedingungen der Angestellten dar. Es müsse alles dafür getan werden, die Kühlung aller sicherheitsrelevanten Systeme sicherzustellen, appellierte Paulini.

    Kerntechnische Einrichtungen sollten keinesfalls in kriegerische Auseinandersetzungen hineingezogen werden.

    Inge Paulini, Bundesamt für Strahlenschutz

    Die Infografik zeigt, wie die Kühlung des Atomkraftwerks Saporischschja nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms funktioniert. Ein kompaktes Sicherheitssystem kühlt die Brennstäbe. Der Stausee ist zwar abgesunken, der Kühlteich wurde allerdings schnell vom Stausee abgeschottet - so dient er weiter als Wasserreservoir. Die Reaktoren sind alle heruntergefahren, brauchen nun weniger Kühlung. In Sprühbecken wird aufgeheiztes Kühlwasser an der Luft abgekühlt und wieder in die Anlagen zurückgepumpt. Nur verdunstetes Wasser muss neu aufgefüllt werden.
    Russische Truppen hatten das Atomkraftwerk Saporischschja Anfang März 2022 besetzt. Seitdem sind kriegsbedingt die meisten Leitungen ausgefallen, die die frontnahe Anlage mit Strom versorgen.
    Ein Team der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA ist ständig vor Ort, um die Lage in dem weitgehend stillgelegten Kraftwerk zu beobachten. Die Fachleute berichten immer wieder über militärische Aktivitäten in der Nähe.
    Das Bundesamt für Strahlenschutz beobachtet die Lage seit Ausbruch des Krieges im Frühjahr 2022 sehr genau - und informiert auch über mögliche Auswirkungen eines nuklearen Zwischenfalls für Deutschland. Die Behörde schätzt diese nach wie vor als begrenzt ein. Die Notfallmaßnahmen würden sich voraussichtlich auf die Landwirtschaft und die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte beschränken, erklärte das Amt dazu.
    Ukrainisches Atomkraftwerk Saporischschja aus der Vogelperspektive
    Die russischen Besatzer im AKW Saporischschja haben erneut Minen um die Anlage gelegt. Es ist nicht mehr möglich Sicherheit zu gewährleisten.20.01.2024 | 0:23 min

    Amt: Ausgabe von Jodtabletten in Deutschland nicht nötig

    Sollte es in Saporischschja etwa zu einem Zwischenfall mit Kernschmelze kommen, sei nicht zu erwarten, dass weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland - wie beispielsweise die Ausgabe von Jodtabletten - notwendig wären.
    Bundesamt-Präsidentin Paulini hält ein stärkeres Bewusstsein für die Bedeutung des Zivil- und Katastrophenschutzes hierzulande dennoch für unabdingbar. Spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine sei "das Risiko einer Straftat im Umgang mit radioaktiven Stoffen oder gar eines Nuklearwaffenangriffs" wahrscheinlicher geworden, sagte Paulini.
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    Seit 50 Jahren: Messnetz sammelt radioaktive Daten

    Sie verwies in diesem Zusammenhang auch auf das bundesweite Messnetz für Radioaktivität, das an diesem Dienstag 50 Jahre alt wird. Die rund 1.700 Sonden, die sich über das gesamte Bundesgebiet verteilen, überwachten die radioaktive Strahlung in der Umwelt "rund um die Uhr", erklärte Paulini.
    Überschreitet der gemessene Pegel an einer Messstelle einen bestimmten Schwellenwert, gehe automatisch eine Meldung an die Rufbereitschaft des Bundesamts, das die Werte dann genauer prüfe. Paulini würdigte dieses System als "Zugewinn an Sicherheit für alle".
    Die erste Sonde ging 1974 im oberbayerischen Holzkirchen in Betrieb. Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und der schwelenden Gefahr eines Atomkriegs sollte ein System zur automatisierten Erfassung radioaktiver Strahlung entstehen. Das Reaktorunglück von Tschernobyl im Jahr 1986 sorgte für die bislang relevantesten Ausschläge im Messsystem.
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    Quelle: dpa
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