Im Rachen des Drachen: Wie umgehen mit China?

    Analyse

    Berlins Verhältnis zu Peking:Drei Wege aus der Abhängigkeit von China

    Diana Zimmermann
    von Diana Zimmermann
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    Deutschlands Abhängigkeit von China ist noch viel gefährlicher als die von Russland. Drei Punkte, wie Berlin sich daraus befreien kann.

    Auf dem Bild ist ein chinesischer Drache zu sehen.
    Die Abhängigkeit von China ist für Deutschland gefährlicher als die von russischem Gas und Öl. Wie erpressbar ist Deutschland im Falle eines Konfliktes? Und wie konnte es so weit kommen?25.10.2023 | 44:28 min
    Der Gedanke "Wenn Russland ein Sturm war, dann ist China der Klimawandel" stammt vom Chef des deutschen Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang. Er meint damit, dass die wirtschaftlichen Folgen der Abkopplung von Russland ein Spaziergang waren im Verhältnis zu dem, was Deutschland droht, wenn wir Ähnliches mit unserem wichtigsten Handelspartner China tun müssten.
    Noch dazu, da sich Russland und China inzwischen demonstrativ zusammentun und den Westen nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich herausfordern.
    Wie Berlin damit umgehen könnte, macht Taiwan vor. Ein Land, das noch viel abhängiger und gleichzeitig viel bedrohter ist von China als Deutschland.
    ZDF-Korrespondentin Diana Zimmermann geht in der neuen Folge von InsidePolitiX der Frage nach, wie abhängig wir von China sind.
    Gute Beziehungen zu China, das garantierte unserer Wirtschaft billige Güter und gutes Geld. Doch längst hat China in vielem nicht nur aufgeholt, sondern überholt.21.10.2023 | 11:46 min

    Die auslandsjournal-Dokumentation "Im Rachen des Drachen" von Thomas Reichart, Elisabeth Schmidt und Diana Zimmermann läuft am Mittwochabend um 22:15 im ZDF. Zu sehen ist sie schon vorab in der ZDFmediathek.

    Punkt 1: Abhängigkeit der anderen Seite stärken

    Taiwan hat ein Schutzschild und das sind seine Halbleiter. 60 Prozent aller Halbleiter und 90 Prozent der modernsten, leistungsfähigsten, werden hier produziert. Wenn TSMC, eines der wichtigsten Unternehmen der Welt, aufhört, Halbleiter zu produzieren, etwa weil China Ernst macht mit der Drohung, sich Taiwan einzuverleiben, stehen in der ganzen Welt Räder still. Können keine Handys, Computer, Windräder mehr produziert werden.
    Und sollte die Volksrepublik angreifen, müsste Deutschland mit Sanktionen gegenüber Peking reagieren. Das allein würde etwa eine Million Arbeitsplätze in Deutschland kosten - und das wäre längst nicht alles, wie Tim Rühlig von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) erklärt:

    Durch die Straße von Taiwan wird etwa ein Drittel bis die Hälfte des globalen Warenhandels verschifft. Das würde ja alles hier nicht ankommen. Das heißt, wir hätten Versorgungsengpässe und wir hätten Massenarbeitslosigkeit.

    Tim Rühlig, DGAP

    Xi Jinping
    China soll Weltmacht werden, das ist der Plan von Xi Jinping. ZDF-Korrespondentin Miriam Steimer erzählt von geleakten Dokumenten, Überwachung und einer verfolgten Journalistin.04.10.2023 | 14:02 min
    Der Erfolg des Halbleitergiganten TSMC ist das Produkt einer jahrzehntelangen Industriepolitik. Vor fast 50 Jahren trafen sich Regierungsmitarbeiter und Ingenieure in einer Sojamilchbude in Taipeh und beschlossen, Taiwan solle all seine Kraft in ein Produkt investieren, das von anderen nicht leicht nachzumachen ist.
    Heute kann kein Unternehmen der Welt so kleine und leistungsstarke Chips produzieren wie TSMC. Und: Die ganze Welt hat ein Interesse daran, dass die Firma ungestört produzieren kann. Ein Angriff Chinas auf Taiwan ist etwas, das der Westen auch und besonders aus diesem Grund unbedingt verhindern will.
    Container auf Containerschiff COSCO SHIPPING
    Bei Importen setzt die deutsche Wirtschaft immer stärker auf "Made in China". Aber auch bei den Exporten hat der chinesische Markt für viele deutsche Firmen eine große Bedeutung.13.07.2023 | 1:19 min

    Punkt 2: Investitionen kontrollieren

    Interessant ist auch, dass TSMC längst nicht mehr investieren darf, wo es will. Hat es in der Vergangenheit Werke in China und Singapur eröffnet, so gingen die letzten Investitionen nach Japan, in die USA und nach Deutschland. Das sei keineswegs zufällig, sagt der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats in Taipeh im ZDF-Interview:

    Wir sind zwar mit der Entwicklung eines globalen Netzwerks einverstanden, aber zum Schutz der Lieferkette investiert TSMC nur in Länder mit ähnlichen Werten.

    Wellington Koo, Nationaler Sicherheitsrat Taiwan

    In Deutschland ist es bislang so, dass zwar Investitionen von chinesischen Unternehmen nach Deutschland geprüft werden, andersherum aber nicht.
    Bernhard Bartsch zugeschaltet
    "De-Risking ist keine billige Strategie", sagt China-Experte Bartsch bei ZDFheute live. Dies sei langfristig aber der richtige Weg. 13.07.2023 | 19:40 min
    Dabei, so Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im ZDF-Interview, sei ja gerade beim Outbound Investment die Gefahr besonders groß, dass Wissen abfließe. Und natürlich Geld. Deshalb gibt es neuerdings eine Deckelung der staatlichen Garantien für Auslandsinvestitionen.

    Diese Garantien sind bisher ungedeckelt gewesen. Jetzt haben wir sie auf drei Milliarden pro Unternehmen pro Land gedeckelt. Da China so ein großes Land mit so vielen Investments ist, heißt das, wir deckeln die Investitionsgarantien für China.

    Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister

    Der angestrebte Effekt sei, dass die Unternehmen ihr Risiko und ihre Märkte diversifizierten. Abhängigkeiten vom chinesischen Markt wie die von VW etwa könnten so künftig vermieden werden.
    Markus Lanz vom 15. Februar 2023: Markus Lanz, Elmar Theveßen, Adrian Geiges
    Xi Jinping hat China auf einen harten Kollisionskurs mit dem Westen geführt. USA-Experte Elmar Theveßen malt ein konkretes Kriegs-Szenario.16.02.2023 | 45:27 min

    Punkt 3: Eigenproduktion stärken

    Gleichzeitig geht der European Chips Act momentan zugunsten Deutschlands auf. 43 Milliarden Euro wollen EU-Kommission und Mitgliedsländer locker machen, um Investitionen in Halbleiterfabriken zu subventionieren. Dresden profitiert. Und TSMC.
    Taiwans Vorzeigeunternehmen will dort Halbleiter für die Automobilindustrie produzieren. Investitionssumme: zehn Milliarden Euro, etwa die Hälfte davon wird aus Subventionen bestehen. Auch wenn Rohstoffe und Backend der Produktion noch immer stark von China abhängen, so sieht der Wirtschaftsminister darin doch einen Schritt nach vorn:

    Irgendwo muss man ja mal anfangen.

    Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister

    Chinas Kaiser
    Chinas Führung will die Kontrolle über das eigene Volk um jeden Preis. Xi Jinping soll jetzt zum Führer auf Lebenszeit ernannt werden.20.10.2022 | 28:37 min
    Jan-Peter Kleinhans von der Stiftung Neue Verantwortung betrachtet manche der Fabrikgründungen zwar als Aktionismus, hofft aber, dass es auch nach der Ankündigung Habecks nun eine langfristige Industriepolitik geben wird, die stetig Lieferketten und Kompetenzen in der Verwaltung stärkt. Er will weniger von "Zurückdrehen" der Globalisierung als von ihrer "Einpreisung" sprechen.
    Man müsse sich überlegen, "wo in der Welt wird etwas hergestellt, was könnte eine Disruption dieser Herstellung auf meine eigene Fertigung bedeuten. Ich muss nicht mehr nur ökonomische Interessen im Blick haben, sondern auch geopolitische und Umweltfaktoren mit einfließen lassen."
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    Deutschland ist mittlerweile beim Import von bestimmten Medikamenten von China abhängig. Besonders problematisch ist das bei Antibiotika.25.10.2023 | 1:57 min
    Das gilt natürlich nicht nur für Halbleiter, sondern etwa auch für Medikamente, seltene Erden und Metalle. Früher galt, dass produziert wird, wo es am billigsten ist, doch die Zeiten haben sich geändert und die Politik steuert um. Spät, aber doch.

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