Nach Ukraine-Einsatz: Russland setzt Mörder auf freien Fuß

    Nach Kampfeinsatz in der Ukraine:Russland setzt Mörder wieder auf freien Fuß

    Autorenfoto Nils Metzger
    von Nils Metzger
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    In der Ukraine kämpfen, um aus dem Gefängnis zu kommen. Auf diesen Deal ließen sich viele russische Häftlinge ein. Nun berichten Anwohner, wie Mörder in ihre Städte zurückkehren.

    Eine russische Gefängniswache läuft entlang der Absperrungen um die Strafkolonie IK-3 im zentralrussischen Charp.
    Die Strafkolonie IK-3 im zentralrussischen Charp: Russlands Militär rekrutiert weiter Soldaten in Gefängnissen. (Archivbild)
    Quelle: Reuters

    Im vergangenen Jahr sorgte es für große Schlagzeilen: Russland und insbesondere die damals im rasanten Aufstieg befindliche Söldnertruppe Wagner rekrutierten in russischen Gefängnissen für den Krieg in der Ukraine. Es kursierten sogar Videos von Söldner-Boss Jewgeni Prigoschin, wie er persönlich vor Häftlingen für den Kriegseinsatz warb. Das Angebot:

    In sechs Monaten geht ihr heim mit einer Begnadigung. (…) Wer an der Front ankommt und am ersten Tag entscheidet, dass das nichts für ihn ist, wird als Deserteur betrachtet und erschossen.

    Wagner-Anführer Jewgeni Prigoschin 2022 vor Häftlingen

    Nun werden aus Russland zunehmend Fälle berichtet, wonach verurteilte Verbrecher bis hin zu Mördern nach Ende ihres Kampfeinsatzes frei kommen.

    Hinterbliebene entsetzt über Begnadigungen

    Die Zeitung "Financial Times" berichtete etwa über das Schicksal von Anna B. aus der Region Kaluga in Zentralrussland, deren Tochter 2014 vergewaltigt und ermordet worden war. Von der zuständigen Gefängnisverwaltung habe sie die Information erhalten, dass der verurteilte Mörder ihrer Tochter nun begnadigt worden sei.

    Ich gehe zum Grab meiner Tochter, während er zum Grillen mit Freunden fährt.

    Hinterbliebene Anna B.

    In der Stadt Berdsk in Sibirien hätten Anwohner den Mörder einer Frau aus dem Jahr 2019 in einer Taxi-App identifiziert. Nikolay O., der nach dem Ritualmord an vier Teenagern russlandweit bekannt wurde, kam im Oktober frei, nachdem er laut Angaben seiner Familie im Kampfeinsatz verwundet worden war. Sogar Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sah sich gezwungen, zu diesem Fall Stellung zu beziehen - betonte aber, die Regelungen beibehalten zu wollen:

    Alle studieren nun die Begnadigungslisten sehr genau. (…) Aber ich wiederhole es noch mal, wir sprechen hier über bestimmte Bedingungen mit Bezug zu den Frontlinien. Es gibt hier keine Anpassungen.

    Kreml-Sprecher Dmitri Peskow

    Teils sollen Angehörige von Opfern von Freilassungen dadurch erfahren haben, dass die Unterstützungszahlungen, zu denen manche Häftlinge verpflichtet sind, plötzlich stoppten.
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    Wie viele russische Straftäter sind betroffen?

    Bei Kriegsbeginn lag die russische Gefängnispopulation bei 420.000 Menschen, laut Vize-Justizminister Wsewolod Wukolow waren es im Oktober nur noch rund 266.000. Prigoschin prahlte in Videos einst, 50.000 Häftlinge für Wagner angeworben zu haben. Der russischen Menschenrechtsorganisation Gulagu zufolge sollen diese Rekrutierungsbemühungen - teils unter Androhung von Folter - auch nach dem Tod Prigoschins im August 2023 weiterlaufen.
    Wie viele Verurteilte insgesamt durch einen Kriegsdienst früher zu Freiheit gelangten, darüber gibt es bislang keine Zahlen. Die Opferzahlen der russischen Häftlingseinheiten in der Ukraine sollen überaus hoch sein.
    Was manchen Angehörigen in Russland besonders aufstößt: Teils kommen Häftlinge früher aus dem Kampfeinsatz nach Hause als Wehrpflichtige, für die eine einjährige Dienstzeit gilt. Zum 1. Januar 2024 stieg das Höchstalter für Wehrpflichtige von 27 auf 30 Jahre. Bis 2025 könnten so bis zu 1,5 Millionen zusätzliche Soldaten eingezogen werden. Offiziell sollen Wehrpflichtige nicht in Kampfeinsätze geschickt werden, was in der Realität jedoch häufig missachtet oder durch komplizierte Rekrutierungsverträge umgangen wird.
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    Militär statt Knast - wie regeln das andere Länder?

    Insbesondere in den USA hält sich das Gerücht, Richter würden auch heute noch Strafen erlassen oder abmildern, sollten sich Täter zum Militär melden. Das Fachmedium "Task and Purpose" schreibt in einem Artikel aus dem Jahr 2022: "Es ist Zeit, diesen alten Mythos zu begraben." Zwar würden Richter bei Verhandlungen vereinzelt solche Vorschläge unterbreiten, es stehe dem US-Militär jedoch offen, solche Bewerber abzulehnen. Gesetzesinitiativen einzelner Politiker, solche Regelungen einzuführen, seien ohne Erfolg geblieben.
    Dienst an der Waffe anstelle von Haft ist in Deutschland nicht vorgesehen - eher das Gegenteil trifft zu. Wen ein deutsches Gericht zu einer Haftstrafe von mindestens einem Jahr oder zu Haft wegen Straftaten wie Landesverrat oder Volksverhetzung verurteilt, der darf weder Berufssoldat noch Soldat auf Zeit werden. Das ist im Soldatengesetz festgelegt. Auch andere Vorstrafen gelten als großes Einstellungshindernis, selbst anhängige Ermittlungsverfahren müssen im Bewerbungsprozess offengelegt werden.
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    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
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