Annalena Baerbock hat die ukrainische Großstadt Charkiw nahe der russischen Grenze besucht - als erste ausländische Außenministerin seit Kriegsbeginn.
Außenministerin Annalena Baerbock ist als erstes Kabinettsmitglied nach Charkiw in die Ostukraine gereist. Von Amtskollege Kuleba ließ sie sich die Zerstörungen durch russische Angriffe zeigen – unweit der Front.
Bei ihrem Besuch in Charkiw im Nordosten der Ukraine hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) weitere Unterstützung aus Deutschland zugesagt. Mit ihrer Visite wolle sie den Menschen in der Ukraine zeigen, "dass sie sich auf unsere Solidarität und unsere Unterstützung verlassen können", sagte Baerbock am Dienstag. "Dazu zählen auch weitere Waffenlieferungen, die die Ukraine braucht, um ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger zu befreien, die noch unter dem Terror russischer Besatzung leiden."
Baerbocks Besuch in der ostukrainischen Großstadt, die nur etwa 40 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt liegt, war vorab nicht angekündigt worden. Kein ausländischer Außenminister hat die Stadt seit Beginn des Kriegs besucht. Fast täglich steht die Region Charkiw unter russischem Beschuss.
Charkiw sei "Sinnbild für den absoluten Irrsinn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und für das unendliche Leid, mit dem die Menschen, ganz besonders hier im Osten des Landes, jeden Tag konfrontiert sind", sagte Baerbock.
Lange stand Charkiw unter starkem Beschuss, die Grenze zu Russland ist nur 40 Kilometer entfernt. ZDF-Reporter Timm Kröger berichtet über die angespannte Lage vor Ort.
Nachts in Charkiw "bis zu minus 15 Grad"
Mit dem Besuch folgte Baerbock einer Einladung ihres ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba, der mit ihr die Stadt besuchte. Sie wolle vor allem den Bewohnerinnen und Bewohnern zuhören, "die der Krieg in diesem bitterkalten Winter, in dem die Temperaturen in der Nacht gerade auf bis zu minus 15 Grad sinken, so hart trifft, dass wir uns das gar nicht vorstellen können", sagte die deutsche Ministerin.
Kuleba drängte auf die Lieferung von Leopard-Panzern.
Die deutschen Panzer seien nötig, "um unsere Energieinfrastruktur zu retten, um die Ukrainer vor den Verbrechen zu retten." Baerbock wollte die Lieferung noch nicht zusagen. Das begründete sie mit Abstimmungen mit den Verbündeten, die noch liefen. Sie kündigte aber weitere 40 Millionen Euro Unterstützung an. Sie seien für die Minenräumung und für eine bessere Internetverbindung.
Liefert Deutschland die schweren Kampfpanzer, die die Ukraine fordert? Die festgefahrene Debatte komme in Bewegung, berichtet Florian Neuhann aus Brüssel.
Baerbocks Besuch erfolgt wenige Tage, nachdem die Zusage der Bundesregierung zur Lieferung deutscher Schützenpanzer an die Ukraine einen weiteren Streitpunkt im beidseitigen Verhältnis ausgeräumt hat. Baerbocks Partei, die Grünen, wollen die Ukraine auch mit noch schwererem Kriegsgerät beliefern, dem Kampfpanzer Leopard.
Anreise mit dem Zug
Die Ukrainerinnen und Ukrainer sähen "ihre Zukunft in Europa, in der EU", sagte Baerbock. "Wir wollen als Bundesregierung der Ukraine ganz konkrete Angebote machen, um bei der Stärkung des Rechtsstaats, unabhängiger Institutionen und der Korruptionsbekämpfung sowie bei der Angleichung an die EU-Standards voranzukommen."
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Baerbocks Besuch fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Die Ministerin und ihre Delegation reisten mit dem Zug an. Die Visite dauerte nur wenige Stunden. Am späten Dienstagnachmittag traten sie bereits wieder die Rückreise nach Deutschland an.
Die Millionenstadt Charkiw und das gleichnamige Gebiet in der Ostukraine gehörten zu den ersten Angriffszielen Russlands nach der Invasion im Februar 2022. Die Ukraine schlug die russischen Truppen bis September weitgehend zurück.