Haushalt im Bundestag: "Haben es uns nicht leicht gemacht"

    Haushaltsdebatte im Bundestag:Ampel zufrieden: Haushalt passt, plötzlich

    Kristina Hofmann
    von Kristina Hofmann
    |

    Monatelang hat die Ampel über den Haushalt gestritten. Jetzt steht er zur Abstimmung im Bundestag. Und alle in der Koalition sind sich einig: passt - plötzlich.

    Robert Habeck, Olaf Scholz, Christian Lindner
    Die Einsparungen beim Haushalt rufen Kritik der Opposition an der Ampelregierung hervor. Im Bundestag kam es zu einem Schlagabtausch.30.01.2024 | 1:53 min
    Es beginnt mit Ladehemmungen. Das Rednerpult ist kaputt, der Beginn der Debatte im Bundestag muss warten. Ladehemmungen wie der Haushalt 2024, der in dieser Woche mit monatelanger Verspätung verabschiedet werden soll.
    Das Pult funktioniert an diesem Dienstag nach Minuten wieder. So schnell ging es beim Haushalt nicht. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mussten Milliarden zusätzlich eingespart werden, wochenlang hat die Bundesregierung gerungen, wo gespart werden soll, ob die Schuldenbremse hält. Über Wochen konnte nur mit einer vorläufigen Haushaltsführung gewirtschaftet werden.
    Nun steht das Werk. Und die langen Verhandlungen haben an den Nerven offensichtlich gezehrt.
    SGS Banerjee
    Die Aufstellung des Haushalts für 2024 war ein Kraftakt. Was das angesichts schlechter Wirtschaftsprognosen für zukünftige Haushalte bedeutet, weiß Shakuntala Banerjee.30.01.2024 | 1:32 min

    Lindner: Union wie "ein Marsianer im Ufo"

    Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) braucht keinen Zettel, als er an das Rednerpult tritt. Die Vorwürfe der Union zuvor haben offenbar seinen Puls erhöht. Selten, sagt Lindner, sei ein Haushalt so intensiv beraten worden wie dieser.

    Agrardiesel und Schuldenbremse
    :Das steckt im Bundeshaushalt 2024

    Der Januar ist um, doch wofür der Staat 2024 wie viel Geld ausgeben darf, ist noch unklar. Heute beginnnt der Bundestag mit den Schlussberatungen. Am Freitag soll der Etat stehen.
    Bundesfinanzminister Christian Lindner während der Schlussberatungen im Bundestag
    FAQ

    Wir haben uns es nicht leicht gemacht. Aber es hat sich gelohnt.

    Bundesfinanzminister Christian Lindndern (FDP)

    Trotz des Ukraine-Krieges, trotz der Energiekrise, trotz des Haushaltsurteils sei dies ein "Gestaltungshaushalt", so Lindner. Die Investitionsquote steige auf 12,3 Prozent. Diese Regierung investiere in Straße, Schiene, digitale Infrastruktur "auf Rekordniveau". Und das sei nötig, weil die Vorgängerregierung diesen Investitionsstau hinterlassen habe. Die Union klinge "wie ein Marsianer, der vor 14 Tagen mit seinem Ufo gelandet ist." Sie habe aber 16 Jahre Verantwortung getragen.
    Haushalt 2024 nach Ministerien
    ZDFheute Infografik
    Ein Klick für den Datenschutz
    Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
    Lindner verteidigte die internationalen Ausgaben, wie die Verdoppelung der Ukraine-Hilfe auf acht Milliarden Euro. Oder die Steigerung der Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts. Krisenprävention sei "zutiefst im deutschen Interesse", so Lindner.
    Und das alles "im Rahmen der Schuldenbremse". Schließlich sei, da schaut er dann doch auf einen kleinen Zettel, die Schuldenquote von 69 Prozent im Jahr 2021 auf jetzt 64 Prozent gesunken. Von wegen immer mehr Schulden.
    Der haushalspolitische Sprecher der FDP, Otto Fricke, im Interview.
    "Wir haben klare Koalitionsvereinbarungen und die haben auch ganz klar und deutlich gesagt: Die Schuldenbremse gilt", sagt Otto Fricke, haushaltspolitischer Sprecher der FDP. 30.01.2024 | 5:11 min

    Union: "Wachstumsschädlicher Unsinn"

    477 Milliarden Euro umfasst der Haushalt in diesem Jahr. 120 Milliarden Euro mehr als 2019, bevor die ganzen Krisen begannen. "Wir leben massiv über unsere Verhältnisse“, sagte deswegen Mathias Middelberg (CDU), der für die Union die Kritik der größten Oppositionsfraktion vorbrachte. Die Krisen seien jedoch nur Ausreden. Denn andere Länder litten auch daran, deren Wirtschaft wachse aber, während die deutsche nach Prognosen stagniere oder sinke.
    Die Ampel-Koalition habe mit dem Hin und Her zur Gasumlage, zum Heizungsgesetz, mit den Diskussionen nach dem Verfassungsurteil Investoren und Verbraucher "massiv verunsichert", so Middelberg. Und: Gerüstet sei man für die Zukunft mit diesen Haushalt nicht:

    Sie reden von Zeitenwende, Sie ändern aber nichts.

    Mathias Middelberg (CDU)

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), spricht mit Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, in der Debatte zum Auftakt der Haushaltswoche
    Mit scharfen Angriffen aus den Reihen der Opposition haben im Bundestag die abschließenden Beratungen über den Haushalt 2024 begonnen.30.01.2024 | 2:31 min
    Statt Steuersenkungen - wie die FDP es immer wolle - steige die Ticketsteuer, für die Bauern die Kfz-Steuer, höhere Mehrwertsteuer für die Gastronomie. Statt am Bürgergeld oder an den Migrationskosten wirklich zu sparen, so Middelberg. Und die FDP mache all diesen "wachstumsschädlichen Unsinn auch noch mit", sagte der CDU-Politiker.
    Die Kritik der AfD geht in eine andere Richtung: Haushaltspolitiker Peter Boehringer warf der Ampel vor, dass die Schulden in Wahrheit dreifach höher seien, als es das Grundgesetz zulasse. Und damit sei auch dieser Haushalt schon wieder verfassungswidrig. Sollte er dennoch am Ende der Woche in Bundestag und Bundesrat durchgehen, will die AfD eine Verfassungsklage einreichen.
    Für eine Klage aus dem Bundestag heraus braucht die AfD allerdings ein Viertel der Stimmen. Und warb um die Union.
    Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner (v.l.) am 13.12.2023 in Berlin
    Die Ampel hat sich auf einen Haushalt verständigt, der Bundestag muss noch zustimmen. Hält die Koalition 2024 wirklich an der Schuldenbremse fest?21.01.2024 | 3:59 min
    Alles Kritik, die die Ampel-Parteien selbst für wenig glaubwürdig halten. Denn in der Bereinigungssitzung des Haushaltes habe die CDU/CSU keinen einzigen Änderungsantrag gestellt. Für die Grünen ein Zeichen, dass die Union eben keine konkreten Konzepte und nur pauschale Forderungen habe. Das sei "Arbeitsverweigerung und grenzt an Populismus", so Haushaltspolitiker Sven Kindler (Grüne).
    Sein Parteikollege Andreas Audretsch sprach von "Faulheit". Von wegen "eine Regierung im Wartestand".

    Worum es auch geht: Die Demos und die AfD

    Um Geld und Schulden ging es an diesem Dienstag im Bundestag aber nicht nur. Allgegenwärtig: die Demos gegen Rechtsextremismus im ganzen Land. Oder besser: die Umfrageerfolge der AfD. Die einen nutzen die Redezeit, um sich bei den Bürgerinnen und Bürgern zu bedanken, wie Dennis Rohde (SPD). Man könne ja unzufrieden sein mit der Politik, sagte Frauke Heiligenstadt (SPD). "Aber es gibt keinen einzigen Grund in unserer Bundesrepublik, Faschisten zu wählen."
    Stichwahl-Saale-Orla-Kreis
    Bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis verlor AfD-Kandiat Uwe Thrum die Stichwahl gegen den CDU-Mann Christian Herrgott. Im ersten Wahlgang hatte der AfD-Kandidat noch deutlich vorne gelegen.29.01.2024 | 1:44 min
    Antje Tillmann (CDU) bedankte sich ebenfalls. Und zwar für die Unterstützung der anderen Parteien am vorigen Sonntag, dass sie den CDU-Kandidaten in der Stichwahl gegen den AfD-Kandidaten im Saale-Orla-Kreis unterstützt hätten. Sie würde sich gerne bei der Ampel revanchieren, vor allem mit Blick auf die Landtagswahlen in Thüringen. "Aber wie kann ich ihnen helfen?", fragt sich Tillmann wohl eher rhetorisch. Ihre Idee: Es ginge, wenn die Ampel "Politik und Kommunikation ändern", dann wäre sie dazu bereit.
    All das, so Grünen-Abgeordneter Markus Kurth, verunsichere die Menschen permanent. Und das sei offenbar das Ziel der Union. "Damit treiben sie die Menschen in die Arme der Anti-Demokraten", so Kurth.

    Mehr zum Haushalt