Brandbrief: 26 FDP-Politiker wollen die Ampel verlassen

    Brandbrief an Parteiführung:26 FDP-Politiker bringen Ampel-Aus ins Spiel

    Dominik Rzepka
    von Dominik Rzepka
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    26 FDP-Politiker aus den Ländern fordern die eigene Parteiführung auf, die Ampel zu überdenken. Ihr Vorwurf: Die FDP verbiege sich in der Koalition "bis zur Unkenntlichkeit".

    Zu sehen sind Finanzminister Lindner, Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck (v.l.n.r.) am Ende der gestrigen PK in Meseberg.
    26 FDP-Politiker kritisieren die Rolle der Partei in der Ampel und fordern Parteichef Christian Lindner (l.) auf, "gegebenenfalls nach anderen Koalitionspartnern zu suchen".
    Quelle: Kay Nietfeld/dpa

    Es sind heftige Vorwürfe von der Basis und ein Misstrauensvotum gegenüber der eigenen Parteiführung. 26 Landes- und Kommunalpolitiker der FDP fordern den Parteivorstand und die FDP-Bundestagsfraktion auf, ein Ende der Ampel zu erwägen und "gegebenenfalls nach anderen Koalitionspartnern zu suchen."
    In einem Brandbrief, der ZDFheute vorliegt, kritisieren die Verfasser, die FDP trage in der Ampel falsche Entscheidungen mit:

    Die FDP wird als Partei wahrgenommen, die sich zum Komplizen einer Politik gemacht hat, die von 70 Prozent der Bevölkerung abgelehnt wird.

    Brandbrief von 26 FDP-Politikern

    Die FDP habe unter anderem dem Heizungsgesetz und dem Atomausstieg zugestimmt. Damit habe sich die Partei bis zur Unkenntlichkeit verbogen in der Koalition.
    Ampel nach Landtagswahlen unter Druck
    Nach den Verlusten der Ampel-Parteien in Hessen und Bayern wird in Berlin über Konsequenzen diskutiert. SPD und Grüne wollen weniger Streit, die FDP fordert Kurskorrekturen.09.10.2023 | 2:50 min

    FDP-Kritik an grüner Außenpolitik

    Ohne die Grünen und Außenministerin Annalena Baerbock beim Namen zu nennen, kritisieren die Unterzeichner "Weltrettungsphantasien" und eine "schulmeisternde Außenpolitik". Diese Politik habe dem Ansehen Deutschlands und der deutschen Wirtschaft Schaden zugefügt.
    Die FDP nehme sehenden Auges in Kauf, dass ihr politisches Erbe von "Partnern" beschädigt werde. Die Unterzeichner fordern:

    Die FDP muss ihre Koalitionspartner dringend überdenken.

    Brandbrief von 26 FDP-Politikern

    Sollte das nicht geschehen, drohe der FDP der Niedergang. Die Rede ist sogar von einer "existenziellen Katastrophe für den Liberalismus in Deutschland".
    FDP-Fähnchen
    Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre, würden alle Parteien der Ampel-Koalition Verluste hinnehmen müssten. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer.20.10.2023 | 5:55 min

    Kritiker fordern mehr FDP pur

    Die Unterzeichner kommen unter anderem aus Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bayern. Dort war die FDP bei der jüngsten Landtagswahl mit gerade einmal drei Prozent deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.
    Um künftig wieder Wahlen zu gewinnen, müsse sich die Partei auf ihre "Kernwerte in der Wirtschaft fokussieren". In der Energiepolitik fordern die Unterzeichner Technologieoffenheit. Das Bürgergeld sowie eine reine Umverteilung in der Sozialpolitik bezeichnen sie als "nicht gerecht". Die bisher diskutierten Maßnahmen in der Migrationsdebatte seien "Flickwerk und dilettantisch".
    Zusammengefasst wollen die Kritiker ein stärkeres FDP-Profil. Insgesamt brauche Deutschland einen "aktiven Liberalismus".
    Christian Dürr
    Um die Wirtschaft in Deutschland zu verbessern, sei "Technologieoffenheit" nötig. Man hätte "zu viel verboten in der Vergangenheit", so Christian Dürr, FDP-Fraktionsvorsitzender.10.08.2023 | 5:32 min

    Lindner für Verbleib in der Ampel

    FDP-Chef Christian Lindner will sich hingegen vorerst keine neuen Koalitionspartner suchen. Er stehe zu den Kompromissen und Entscheidungen der Ampel. Solange das möglich sei, werde er der Ampel die Treue halten. Lindner sagt der "Rheinischen Post":

    Ich mache den Grünen nicht zum Vorwurf, dass sie ein fundamental anderes Gesellschaftsbild haben als ich.

    Christian Lindner, FDP-Vorsitzender

    Und doch kommt Lindner den Kritikern in den eigenen Reihen auch ein Stück weit entgegen. Denn sollte irgendwann der Punkt erreicht sein, an dem vertretbare Kompromisse nicht mehr gefunden werden könnten, gelte weiterhin sein berühmter Satz von 2017: "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren." 
    Es ist der Versuch, die Ampel-Kritik in den eigenen Reihen zu kanalisieren. Und das scheint angesichts solcher Brandbriefe auch dringend nötig.

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