"Letzte Generation": Aktivistin und Polizistin - geht das?

    "Letzte Generation" und Polizei:Klimaaktivistin und Polizistin - geht das?

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    Die Polizistin Chiara Malz ist Aktivistin bei der "Letzten Generation". Für sie ist die ungewöhnliche Kombination kein Problem. Doch es gibt auch Kritik an ihrem Engagement.

    Chiara Malz, Polizistin und gleichzeitig Unterstützerin bei der Letzten Generation, sitzt bei einem Interviewtermin in ihrem Wohnzimmer.
    Chiara Malz ist Polizistin und gleichzeitig Mitglied der Letzten Generation.
    Quelle: dpa

    Klimaaktivisten der "Letzten Generation" müssen mitunter hart im Nehmen sein. Polizeibeamte auch. Chiara Malz ist beides. "Es ist schon sehr anspruchsvoll", sagt die 32-Jährige über die Aufmerksamkeit, die ihr zuteilwird.
    Sie ist Polizeihauptkommissarin bei der Bundespolizeiinspektion Rostock. Eigentlich wolle sie das nicht in den Mittelpunkt stellen, sagt Malz. Für Aufmerksamkeit sorgt es dennoch. "Für mich geht das", sagt Malz zu der Kombination. Sie engagiere und äußere sich privat.

    Und als Mensch habe ich genau die gleichen Grundrechte in Deutschland wie jeder andere auch.

    Chiara Malz

    Gegen Malz läuft Disziplinarverfahren

    Zum Disziplinarverfahren, das inzwischen gegen sie läuft, sagt sie: "Da will ich mich auch kritikfähig zeigen für den Fall, dass ich da mich nicht richtig verhalten habe."
    Ihrer Aussage nach dreht es sich nicht so sehr um ihre Unterstützung für die Letzte Generation an sich und mehr um die Vereinbarkeit ihrer Beamtenpflichten mit Inhalten ihrer öffentlichen Auftritte.
    Der Protest der "Letzten Generation" polarisiert. In der Bevölkerung mischt sich Zuspruch mit Unverständnis:

    Kritik und Lob für Malz' Aktivismus

    Über ihr Engagement redet Malz offen, geradezu optimistisch. In ihrem mit unzähligen Erinnerungsfotos dekorierten Wohnzimmer spricht sie von der Klimakatastrophe als Möglichkeit für gemeinschaftliches Engagement. Die Aufmerksamkeit begreife sie als Chance, ins Gespräch zu kommen.

    Tatsächlich ist es positiver als das, worauf ich dachte, dass ich mich einlassen würde.

    Chiara Malz

    Dabei gibt es durchaus Kritik. "Niemand wird sie aufhalten, ihre Kündigung bei der Polizei einzureichen", hatte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, der "Welt" gesagt. "Ich bin mir sicher, es gibt auch sehr, sehr viele Kolleginnen und Kollegen in der Polizei, die sie gerne dabei unterstützen würden."
    Laut Malz schreiben andere, sie sei es nicht wert, eine Uniform zu tragen. Weil die Absender nichts über sie oder ihr Engagement wüssten, nehme sie sich das nicht zu Herzen.
    "Und dann gibt es andere Kolleginnen und Kollegen, die drücken mir ganz deutlich ihre Solidarität aus." Teilweise in handgeschriebenen Briefen zeigten sie sich mitunter erfreut, "dass es jemand anderes gibt, der jetzt diese Last im Grunde auf sich nimmt".
    Mit ihren Aktionen will die "Letzte Generation" die Politik zum Handeln zwingen. Was darf Protest?

    Malz klebt sich nicht auf die Straße

    Malz würde sich nicht an Protestaktionen beteiligen und etwa auf die Straße kleben, sagt sie. "Das war nie meine Rolle bei der Letzten Generation." Stattdessen arbeite sie im Vernetzungsteam, das sich um Kontakte in die Gesellschaft bemüht.
    Ihr Fokus liegt dabei auf der Polizei. Ziel sei es unter anderem, Ängste und Sorgen von Polizistinnen und Polizisten mit Blick auf den Klimawandel zu äußern – geplant sei etwa, einen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu übergeben.
    Sollte sich die Klimakrise und mit ihr gesellschaftliche Spannungen oder etwa auch die Flüchtlingssituation verschärfen, sieht Malz Polizisten als mögliche Leidtragende. Sie stünden dann im Zentrum dieser Konflikte.

    Vortrag an Hochschule löst Kritik aus

    Der Austausch finde bei Gesprächen und Veranstaltungen statt. So hielt Malz etwa im Juni vor Kollegen an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster einen Vortrag. Das hatte für Kritik von FDP und CDU in Nordrhein-Westfalen gesorgt.
    Markus Thiel, der an der Hochschule lehrt, sagt, man beschäftige sich viel mit Klimaaktivisten und Versammlungsrecht. Dabei sei auch wichtig, die andere Seite zu hören. "Wenn das dann gerade eine Polizeibeamtin ist, die ja auch den Blickwinkel auf alle Seiten hat, sind das natürlich interessante Referentinnen."
    Spätestens im Herbst dürften sich die Prioritäten für Malz, deren Freund auch Polizist ist, verschieben. Derzeit befindet sie sich im Beschäftigungsverbot. Ihr Babybauch ist schon deutlich zu sehen.

    Fridays-for-Future-Aktivistin
    :Neubauer sieht "Letzte Generation" kritisch

    Luisa Neubauer glaubt, Protestaktionen der "Letzten Generation" sind nicht all zu wirkungsvoll. Im "schlimmsten Fall" würden diese eher abschrecken.
    Klimaaktivistin Luisa-Marie Neubauer
    Quelle: dpa, Christopher Hirsch

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