Bauernproteste: Weil kritisiert Ampel-Koalition

    Bauernproteste:Weil wirft Lindner Empathielosigkeit vor

    von Pierre Winkler
    |

    Stephan Weil (SPD) ist unzufrieden mit dem Krisenmanagement der Ampel. Im Umgang mit frustrierten Landwirten wünscht er sich eine andere Kommunikation.

    Markus Lanz vom 18. Januar 2024: Stephan Weil, Markus Lanz, Kerstin Münstermann, Herfried Münkler
    Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 18. Januar 2024.18.01.2024 | 74:35 min
    In Berlin habe sich vor der Streichung der Agrardiesel-Subventionen "nicht herumgesprochen", dass es bei den Bauern in Deutschland ein Problem gebe, sagte Stephan Weil am Donnerstagabend bei Markus Lanz: "Das ist ein Teil des Problems."
    Niedersachsens Ministerpräsident kritisierte das Spitzentrio der Ampel-Koalition Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner, das die Streichung beschlossen hatte.

    Es ist vorher nicht geredet worden.

    Stephan Weil, Niedersachsens Ministerpräsident (SPD)

    "Das erklärt auch, warum die Bauern im Grunde wegen etwas anderem demonstriert haben, als man in Berlin gemeint hat. Es ging nach meiner festen Überzeugung gar nicht in erster Linie um den Agrardiesel, sondern es geht um eine sehr lange Entwicklung, ich möchte meinen 20 Jahre, wo die Bauern den Eindruck gewonnen hatten: Es wird immer mehr von uns verlangt von der Gesellschaft, aber es wird nicht anerkannt, dass wir eigentlich als Teil eines großen internationalen Marktes gar keine Chance haben."
    Bauernproteste · Großkundgebung in Berlin
    Finanzminister Christian Lindner erlebte bei den Bauernprotesten in Berlin Anfang der Woche eine aufgeheizte Stimmung.15.01.2024 | 3:33 min

    Weil: Ampel hat "kein Konzept" bei Landwirten

    Gegen dieses grundlegende Problem habe die Bundesregierung aber immer noch nichts unternommen: "Da gibt es kein Konzept". Stattdessen gebe es "diese sehr unvermittelten Entscheidungen".
    Scholz, Habeck und Lindner hätten das im "ganz kleinen Kreis" entschieden, "unter richtig schwierigen Bedingungen" angesichts der riesigen Lücke im Bundeshaushalt.
    Nach Protesten der Landwirte in ganz Deutschland nahm die Ampel-Spitze die Streichung der Subvention jedoch teilweise zurück. Das fand Weil "ausdrücklich richtig", doch auch bei diesem Schritt sei die Kommunikation schlecht gelaufen.

    Sie müssen sich das aus der Sicht eines Berufsstandes vorstellen, der sowieso den Eindruck hat: Mit uns wird eigentlich nicht geredet. Und dann wird Ihnen zweimal ganz kurz hintereinander das gewissermaßen beispielhaft gezeigt. Und das führt dann nicht zu einer Deeskalation.

    Stephan Weil, Niedersachsens Ministerpräsident (SPD)

    Weil: Scholz hätte direkten Kontakt suchen müssen

    Weil hätte sich auch von Scholz mehr Entschlossenheit gewünscht: "Ein Kanzler muss auch sagen können: 'Leute, denkt mal, haltet mal kurz inne.' Das ist absolut richtig. Und dass man aber auch den direkten Kontakt mit den Betroffenen suchen muss: Ja, das stimmt."
    Bauernprotestler empfangen Scholz in Cottbus.
    In Cottbus wurde Kanzler Olaf Scholz am 11. Januar mit Treckern empfangen. Dieser war dort zur Eröffnung eines neuen ICE-Werks und vermied ein direktes Gespräch. 11.01.2024 | 1:36 min
    Ihn selbst als Ministerpräsidenten eines der wichtigsten Agrarländer in Deutschland habe zu all dem niemand aus Berlin um Rat gefragt. "In Niedersachsen hat man sehr viel Kontakt mit Landwirtschaft", sagte Weil. "Und dass sich da etwas aufstaut, das war zu merken."

    Lindner kritisierte Forderungen der Bauern

    So bekamen die Ampel-Minister die Wut der Landwirte ab, Lindner etwa bei einer Demonstration in Berlin. Nur etwas mehr als eine Woche zuvor hatte der Bundesfinanzminister beim Dreikönigstreffen der FDP als Botschaft an die Bauern gesagt: "Man kann nicht auf der einen Seite von der jetzt gesenkten Stromsteuer profitieren wollen, man kann nicht zusätzliche Fördermittel für den Stallumbau fordern und auf der anderen Seite auch an alten Subventionen festhalten."
    Lindner spricht bei einer Rede
    Zum Auftakt des Dreikönigstreffens der FDP hatte Parteichef Lindner die angekündigten Bauernproteste als unverhältnismäßig kritisiert.06.01.2024 | 0:25 min
    Das sei laut Weil "ein perfektes Beispiel, wie man Empathielosigkeit demonstriert gegenüber den Betroffenen". An der Haltung des FDP-Chefs sei gut zu erkennen, was im Umgang mit Deutschlands Landwirten falsch laufe.
    "Diese Diskussion ist ganz entscheidend davon geprägt, wie Politik auf Nöte von Leuten reagiert. Ob man das erst mal zur Kenntnis nimmt oder ob man es abwimmelt", sagte Weil. "Und Christian Lindner hat das sehr klar beim Dreikönigstreffen in die zweite Richtung orientiert."

    Mehr zum Thema Bauernproteste