Taurus-Lieferung: Koalitionspartner kritisieren Scholz

    Absage zu Taurus an die Ukraine:"Fassungslos": Kritik aus der Ampel an Scholz

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    Nach der Absage von Bundeskanzler Scholz an die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine folgt Kritik. Die Ampel-Koalition ist gespalten.

    Olaf Scholz am 221.02.2024 in Berlin
    Der Bundeskanzler steht wegen seiner Ukraine-Politik erneut im Fokus.
    Quelle: Reuters

    Eine Begründung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für sein Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine lässt die Debatte darum erneut hochkochen.

    Strack-Zimmermann mit deutlicher Kritik

    Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte dem Fernsehsender "Welt", Scholz liege falsch mit der Behauptung, es müssten Bundeswehrsoldaten in die Ukraine geschickt werden, um diese Waffe vorzubereiten.

    In diesem Fall kann die Programmierung in Deutschland stattfinden, beziehungsweise die ukrainischen Soldaten müssen das hier gelehrt bekommen.

    Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses

    Strack-Zimmermann trat auch Befürchtungen entgegen, dass die Taurus-Flugkörper von Ukrainern umprogrammiert werden könnten, um damit Ziele in Russland anzugreifen, die Deutschland nicht billigen würde. Es gebe in der Ukraine bereits eine Menge programmierter Waffen aus deutscher Produktion: "Wenn das also das Argument ist, müssten wir sofort alle automatischen Waffen, die auf Angriffe reagieren, abziehen. Ich halte das für vorgeschoben."

    Ich bin wirklich fassungslos, angesichts der dramatischen Lage in der Ukraine.

    Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses

    Boris Pistorius (SPD), Verteidigungsminister, spricht in der Debatte zu Zehn Jahre russischer Krieg in der Ukraine im Bundestag.
    Im Bundestag hatte die Union vergangene Woche erneut die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern gefordert.22.02.2024 | 1:52 min

    Kritik von Grünen

    Auch die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt kritisierte Scholz. "Niemand, der Taurus für die Ukraine fordert, will, dass Deutschland zur Kriegspartei wird", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag). Aber:

    Für den Frieden in Europa und darüber hinaus ist es essenziell, dass die Ukraine diesen Verteidigungskampf gewinnt.

    Katrin Göring-Eckardt, Bundestagsvizepräsidentin

    Die größte Gefahr für die Ukraine und für Deutschlands Sicherheit bleibe es, dass Russlands Präsident Wladimir Putin die Oberhand behalte und dann seinen imperialistischen Feldzug fortsetze.
    Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) spricht in der Debatte zu Zehn Jahre russischer Krieg in der Ukraine im Bundestag
    Der Bundestag hat dem Ampel-Antrag zugestimmt, der Ukraine "weitreichende Waffensysteme" zu liefern. Der Antrag der Union zur Abgabe von Taurus-Marschflugkörpern fiel aber durch. 22.02.2024 | 1:52 min

    Unterstützung von SPD

    SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte die Kritiker bei FDP und Grünen auf, den Koalitionsstreit zu beenden. "Einige in der Koalition denken das Ende nicht mit. Wir leben in schwierigen Zeiten, vieles wankt. Dass jetzt manche meinen, auf persönliche Geländegewinne aus sein zu müssen, bringt niemandem etwas. Alle müssen sich jetzt zusammenreißen", sagte Mützenich dem Magazin "Stern".
    Er selbst wolle dem Kanzler Raum schaffen, um Entscheidungen abzuwägen und herbeizuführen. "Einige in der Koalition versuchen, diesen Raum einzuengen. Dafür ist leider auch der Umgang mit dem Ukraine-Krieg benutzt worden", meinte Mützenich.

    Dass der Bundeskanzler diesem permanenten Druck nicht nachgibt, ist wichtig.

    Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef

    Auch der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner vom linken SPD-Flügel verteidigte Scholz' Nein. "Diese Ansicht herrscht laut Umfragen auch bei der Mehrheit der Bevölkerung vor", sagte er dem RND.
    Auf der Infografik wird der Marschflugkörper Taurus gezeigt. Die Waffe findet und zerstört ihr Ziel selbstständig. Dafür wird der Flugweg mehrere Tage vorgeplant und in der Waffe abgespeichert.

    Die Begründung des Kanzlers

    Scholz hatte seine Weigerung mit dem Risiko einer Verwicklung Deutschlands in den Krieg begründet. "Deutsche Soldaten dürfen an keiner Stelle und an keinem Ort mit den Zielen, die dieses System erreicht, verknüpft sein. Auch nicht in Deutschland", sagte er am Montag bei einer Chefredaktionskonferenz der Deutschen Presse-Agentur. Aus seiner Sicht wäre der Einsatz von Taurus aber nur unter Beteiligung von deutschem Personal möglich.
    "Ich wundere mich, dass es einige gar nicht bewegt, dass sie nicht einmal darüber nachdenken, ob es gewissermaßen zu einer Kriegsbeteiligung kommen kann durch das, was wir tun", sagte er. Scholz hatte bereits im Oktober entschieden, die von der Ukraine erbetenen Taurus-Raketen vorerst nicht zu schicken, es aber öffentlich nie im Detail begründet.
    23.02.24: Nazan Gökdemir spricht mit Gustav Gressel.
    Die Ukraine setze schon Marschflugkörper aus britischen und französischen Beständen ein. Da diese enden, wende sich die Ukraine jetzt an andere Staaten, so der Militärexperte.23.02.2024 | 4:53 min

    Scholz will keinen Vergleich mit Frankreich oder Großbritannien

    Franzosen und Briten programmieren ihre an die Ukraine gelieferten Marschflugkörper Scalp und Storm Shadow selbst. Es gibt Spekulationen, dass zumindest Großbritannien dafür Personal in der Ukraine stationiert hat; offiziell bestätigt wurde das nie.
    "Was an Zielsteuerung und an Begleitung der Zielsteuerung vonseiten der Briten und Franzosen gemacht wird, kann in Deutschland nicht gemacht werden", erklärte Scholz nun. "Das, was andere Länder machen, die andere Traditionen und andere Verfassungsinstitutionen haben, ist etwas, was wir jedenfalls in gleicher Weise nicht tun können."
    ZDF-Politbarometer zu Waffenlieferungen
    Eine wachsende Mehrheit der Deutschen spricht sich für mehr Waffenlieferungen in die Ukraine aus. Laut aktuellem ZDF-Politbarometer befürworten das 62 Prozent der Befragten.23.02.2024 | 1:21 min
    Quelle: dpa

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