Soll Unfallflucht keine Straftat mehr sein?

    FAQ

    Was dafür und dagegen spricht:Soll Unfallflucht keine Straftat mehr sein?

    Oliver Klein
    von Oliver Klein
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    Justizminister Buschmann verteidigt die Idee, Fahrerflucht zu entkriminalisieren: Viele Fälle sollen künftig nur noch eine Ordnungswidrigkeit sein. Was spricht dafür, was dagegen?

    Kratzer am Auto
    Kratzer am Auto (Archivfoto)
    Quelle: dpa

    Das Bundesjustizministerium will Unfallflucht ohne Personenschaden entkriminalisieren. Minister Marco Buschmann (FDP) verteidigte den Vorschlag, den er bereits Ende April ins Gespräch gebracht hatte: Unfälle mit Fahrerflucht könnten demzufolge künftig in bestimmten Fällen - wenn es keine Verletzten gibt und nur Sachschaden entstanden ist - als Ordnungswidrigkeit statt als Straftat eingestuft werden.
    Was steckt hinter der Idee, was spricht dafür, was sind die Kritikpunkte? ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen.

    Wie ist die Rechtslage derzeit?

    Nach geltender Rechtslage muss der Verursacher eines Unfalls warten, bis die Polizei oder der Unfallgegner an die Unfallstelle kommen. Wer sich unerlaubt entfernt, begeht in jedem Fall eine Straftat - es drohen eine Geld- oder Haftstrafe von bis zu drei Jahren.

    Was steckt hinter Buschmanns Plänen?

    Buschmann will das Strafrecht generell entschlacken: historisch überholte Straftatbestände abschaffen, Polizei und Justiz entlasten - das sei auch so im Koalitionsvertrag vereinbart worden, so Buschmann.
    Nicht nur der Straftatbestand der Fahrerflucht wäre von einer Reform betroffen, das Justizministerium prüft derzeit auch für andere Delikte wie das Schwarzfahren, ob sie nur noch als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden sollten.
    "Jahrelang gab es immer nur neue Strafgesetze", sagte Buschmann. "Niemand hat ernsthaft die Frage gestellt, ob die alten so noch Sinn machen."

    Wie will Buschmann künftig mit kleineren Unfällen umgehen?

    Unfallflucht ohne Personenschaden soll den Plänen zufolge von einer Straftat zur Ordnungswidrigkeit herabgesetzt werden, die nur mit einem Bußgeld belegt wäre. Fälle mit Verletzten wären von der Reform nicht betroffen. Sorgen, dass Menschen die Änderung missbrauchen könnten, hat der Minister nicht: "Auch weiter dürfte sich niemand einfach vom Acker machen, sondern es ginge darum, den Schaden und seine Beteiligung auf modernem Weg festzuhalten", sagte Buschmann jetzt der Mediengruppe Bayern.
    Bei kleineren Unfällen würde es demnach künftig reichen, den Schaden bei einer neu zu schaffenden Stelle digital mit Fotos zu melden. "Dann ist klar, wer am Unfall beteiligt war und gleichzeitig kann der Aufwand für die Polizei und den Einzelnen reduziert werden", sagte Buschmann.

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    Was spricht für den Vorschlag, was dagegen?

    Die Reaktionen auf den Vorschlag fallen gemischt aus. Hier die wichtigsten Argumente von Verbänden, Politikern, Experten:
    • ADAC: Der ADAC befürwortet die Pläne grundsätzlich, die bisherigen Regeln seien überholt. "Wer heute nach einem Parkrempler einen Zettel mit seinen Daten hinterlässt, wird zwingend als Straftäter verfolgt - er hätte eine 'angemessene Zeit' warten müssen. Das geht an der Realität vorbei", sagte eine Sprecherin auf Anfrage von ZDFheute.
    • Politik: Vertreter von CDU und Grünen äußerten sich beim Bekanntwerden der Vorschläge teils skeptisch. "Die Verkehrsunfallflucht muss Straftat bleiben und das ohne Abstriche", sagte der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU). Schon jetzt würden viele Unfallopfer auf Sachschäden sitzen bleiben.
    • Deutscher Richterbund: Auch der Richterbund hält nichts von den Vorschlägen: "Die Strafvorschrift hat sich bewährt und gibt den Gerichten ausreichend Spielräume, um Rechtsverstöße jeweils tat- und schuldangemessen zu bestrafen", hieß es im April in einem Statement. Die Pläne könnten demnach vermutlich sogar für mehr Arbeit für die Justiz sorgen, wenn vermehrt Bußgeldbescheide angefochten würden, während derzeit ein großer Teil der Strafverfahren eingestellt werde.
    • Versicherer: Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), hatte bei Bekanntwerden der Idee angemahnt, die Möglichkeiten der Beweissicherung nicht einzuschränken. "Unfallursache und -hergang müssen sich zweifelsfrei feststellen lassen", sagte er. Das gelte etwa für die Frage, ob Alkohol oder Drogen mit im Spiel waren. "Die Fahrtüchtigkeit des Unfallverursachers kann nur unmittelbar nach dem Unfall festgestellt werden."
    mit Material von AFP, dpa

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