Bund-Länder-Treffen: Die Streitpunkte vorm Flüchtlingsgipfel

    FAQ

    Bund-Länder-Treffen in Berlin:Flüchtlingsgipfel: Das sind die Streitpunkte

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    Wird der Flüchtlingsgipfel, der zur Stunde im Kanzleramt stattfindet, ein Durchbruch? Bisher sind die Fronten zwischen Bund und Ländern verhärtet. Große Streitpunkte im Überblick.

    Markus Söder (l-r, CSU), Ministerpräsident von Bayern, Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterhalten sich zu Beginn des Bund-Länder-Gipfels im Bundeskanzleramt.
    Die Länder fordern vom Bund angesichts des Zustroms an Geflüchteten mehr finanzielle Unterstützung. Die Bundesregierung setzt jedoch auf eine strengere Migrationspolitik. 10.05.2023 | 1:33 min
    Bund und Länder suchen heute bei einem Spitzentreffen in Berlin nach Lösungen im Streit über die Aufteilung der Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen. Eine Einigung bei dem Treffen der Länderchefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gilt als fraglich. Vor dem Treffen waren die Fronten verhärtet.

    Wie ist die Ausgangslage?

    Viele Kommunen sehen sich an der Belastungsgrenze. Weil insbesondere die Städte und Gemeinden unter der finanziellen Last ächzen, fordern die Länder einen höheren Anteil des Bundes. Dieser will aber nicht mehr Geld als vorgesehen zuschießen, weil er sich aus seiner Sicht bereits überproportional an den Kosten beteiligt. Die Bundesregierung hatte den Ländern für dieses Jahr zusätzliche Unterstützung in Höhe von 2,75 Milliarden Euro zugesagt. Der Bund übernimmt zudem weitere Kosten, etwa für die Sozialleistungen für Schutzsuchende aus der Ukraine.
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    Wie könnte ein Kompromiss in der Flüchtlingsfrage aussehen? Shakuntala Banerjee mit einer Einschätzung. 10.05.2023 | 1:05 min
    Bei dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern sorgen einige Streitpunkte für verhärtete Fronten:
     Welche konkreten Forderungen haben die Länder?
    Die Länder gehen geschlossen mit einem abgestimmten Positionspapier in die Gespräche. Alle 16 Regierungschefinnen und -chefs seien sich einig darüber, dass man ein atmendes System brauche, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD), am Mittwoch in Berlin. Es sei "zwingend notwendig, den Kommunen zu helfen". Zugleich räumte er ein, die Finanzfrage sei ein "unübersehbarer Dissens" mit der Bundesregierung. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erläuterte, die Bundesländer wollten ein System bei der Aufteilung der Kosten in der Flüchtlingspolitik, wie es bis Ende 2021 galt.
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    Vor dem Flüchtlingsgipfel haben die 16 Bundesländer ein gemeinsames Papier verfasst. Sie fordern mehr finanzielle Hilfen. Wir schauen auf die Lage in Chemnitz.09.05.2023 | 2:01 min
    Damals zahlte der Bund eine Pauschale pro Flüchtling. Die Kommunen forderten zudem zu Recht, dass der Bund wieder komplett die Kosten der Unterkunft tragen müsse. Man brauche "Verlässlichkeit und Planbarkeit", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz. Sie fordern eine finanzielle Unterstützung, die nicht pauschal ist, sondern mit der Zahl der Flüchtlinge steigt oder sinkt. Der Vorteil wäre, dass sich die Beiträge des Bundes automatisch den jeweiligen Flüchtlingszahlen anpassen würden. Beide Seiten müssten damit nicht regelmäßig neu über die schwierige Finanzfrage verhandeln. Die Länderfinanzminister halten angesichts gestiegener Kosten eine Anhebung auf 1.000 Euro pro Asylbewerber und Monat für nötig.
    Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, geht im Plenum des Landtags.
    Im Vorfeld des Flüchtlingsgipfels ruft NRWs Ministerpräsident Wüst erneut den Bund auf, mindestens die Hälfte der Versorgungkosten von Flüchtlingen zu übernehmen. 08.05.2023 | 0:25 min

    Wie ist die Haltung der Bundesregierung?

    Ganz einheitlich tritt die Ampel-Koalition nicht auf. Die FDP, die im Bund mit Christian Lindner den Finanzminister stellt, stemmt sich dagegen, mehr Geld vom Bund bereitzustellen. Dieser verweist auf die 15,6 Milliarden Euro Unterstützung des Bundes für Länder und Kommunen in diesem Jahr. "Es kann überhaupt gar keine Rede davon sein, dass die Länder und die Gemeinden auf sich alleine gestellt werden", sagte Lindner am Dienstagabend im ZDF heute journal.
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    Finanzminister Lindner will Zuwanderung stärker kontrollieren, zur Not mit EU-Grenzzäunen. Länderforderungen nach mehr Geld weist er ab: Der Bund engagiere sich schon "sehr stark".09.05.2023 | 9:34 min
    Die Grünen unterstützen die Städte und Gemeinden bei ihren Appellen nach mehr Hilfen. "Was die Kommunen benötigen, ist eine vernünftige Finanzierung und Unterstützung bei der Unterbringung", sagte der Grünen-Innenpolitiker Julian Pahlke. Der Grünen-Parteivorsitzend Omid Nouripour und die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, verfassten einen Plan für eine "moderne und menschenrechtsorientierte Migrationspolitik". Darin fordern sie, "dass der Bund gezielt mehr finanzielle Verantwortung übernimmt, als bisher zugesagt wurde - insbesondere dort, wo die Herausforderungen am größten sind".

    Was sagt die Union?

    Im Bund ist die Union zwar Opposition, CDU und CSU sind aber an neun der 16 Landesregierungen beteiligt und sitzen somit heute mit am Tisch. Für die Union im Bund mahnte Fraktionschef Friedrich Merz: "Wir sollten auf die Hilferufe der Kommunen hören." Der CDU-Chef sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Geflüchtete bei uns gut zu integrieren, hat auch etwas mit der Anzahl von Menschen zu tun, die hier bei uns leben." Merz sieht Kanzler Scholz in der Pflicht, die "Migration nach Deutschland nachhaltig zu steuern".

    Welche Rolle spielen die Kommunen?

    Städte, Gemeinden und Landkreise sitzen am heutigen Mittwoch nicht mit am Tisch. Sie sind aber konkret mit der Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen vor Ort befasst. Ihre Interessen werden bei dem Gipfel durch die Bundesländer vertreten. Viele Kommunen klagen, sie seien an die Grenze der Belastbarkeit angelangt. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) machte im ZDF heute journal deutlich, dass die Länder in erster Linie als Sachwalter für die Kommunen agieren. "Die haben's wirklich schwer", sagte er am Montag.
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    Der Main-Kinzig-Kreis hält die Verteilung von Geflüchteten für ungerecht - und will mit einer Klage den Druck machen.10.05.2023 | 6:11 min

    Wie viele Menschen kamen zuletzt nach Deutschland?

    In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres wurden in Deutschland laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) 101.981 Erstanträge auf Asyl gestellt. Das waren 78 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Würde sich diese Entwicklung fortsetzen, wären dieses Jahr mehr als 300.000 Asylanträge möglich - nach 218.000 Erstanträgen im vergangenen Jahr. Diese Menschen müssen in den Kommunen untergebracht werden - neben den rund eine Million Ukraine-Flüchtlingen.

    Nachrichten | Thema
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    Archiv: Flüchtlinge gehen am 28.10.2015 hinter der deutsch-österreichischen Grenze in Wegscheid (Bayern) zu einer Notunterkunft
    Quelle: dpa, AFP, ZDF

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