Kritiker: "Verdienstorden für Merkel ist ein Fehler"

    Kritik an Ex-Kanzlerin:Verdienstorden für Merkel ist "ein Fehler"

    Dominik Rzepka
    von Dominik Rzepka
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    Am Montag bekommt Angela Merkel den höchstmöglichen Verdienstorden der Bundesrepublik. Ex-CDU-Chef Laschet findet das richtig, Kritiker der Ex-Kanzlerin sehen das deutlich anders.

    Es kommt nicht alle Tage vor, dass der Bundespräsident das Großkreuz verleiht. Am 31. Januar 1954 bekam Konrad Adenauer den höchsten Verdienstorden der Bundesrepublik. Am 26. Oktober 1998 Helmut Kohl. Am 17. April 2023 bekommt das Ordensband, das laut Bundespräsidialamt von der rechten Schulter zur linken Hüfte getragen wird, eine Frau: Angela Merkel.
    Damit würdigt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die sechzehnjährige Kanzlerschaft der Frau, die als Pfarrerstochter zur Welt kam und als erste Frau und Ostdeutsche das Amt innehatte. Flüchtlingskrise, Klimawandel, die Annexion der Krim durch Russland - das waren die großen Themen dieser Kanzlerschaft. Und laut Kritikern das große Versagen Angela Merkels.
    Die scheidende Bundeskanzlerin Angela Merkel. Archivbild
    Die Ära Angela Merkel endet mit dieser Bundestagswahl. 16 Jahre, die Spuren hinterlassen haben. Was bleibt von Merkels Kanzlerschaft?21.09.2021 | 4:01 min

    Was gegen die Auszeichnung Merkels spricht

    Merkels Russlandpolitik sei aus gutem Grund als der schwerste außenpolitische Fehler in der Geschichte der Bundesrepublik bezeichnet worden, sagt Andreas Rödder vom Thinktank Republik21 der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Zwar sei es richtig gewesen, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin auch nach der Annexion der Krim etwa im Rahmen des Minsker Abkommens zu verhandeln, aber:

    Der eigentliche Fehler hat darin gelegen, Putin weiter zu vertrauen, auch als alle äußeren Anzeichen dafür sprachen, dass man das nicht mehr tun darf.

    Andreas Rödder, Merkel-Kritiker

    Auch Merkels Energiepolitik und der überstürzte Atomausstieg seien falsch gewesen. Und die Migrationspolitik, die etwa durch Merkels Satz "Wir schaffen das" in Erinnerung bleibt, habe zum größten Chaos in der Geschichte der bundesdeutschen Politik geführt. Auch Integrationsexperte Ahmad Mansour kritisiert das. Für CDU-Mitglied Andreas Rödder ist das Erbe der Kanzlerschaft Merkels insgesamt problematisch.

    Ich glaube, es ist ein Fehler, Angela Merkel dieses Großkreuz jetzt anderthalb Jahre nach dem Ende ihrer Amtszeit zu verleihen.

    Andreas Rödder, Merkel-Kritiker

    • Mit Verdienstorden dankt der Staat "für herausragende persönliche Leistungen für das Gemeinwohl".
    • Ins Leben gerufen hat die heutige Ordensstruktur 1951 der ehemalige Bundespräsident Theodor Heuss.
    • Eine Anregungen für die Verleihung eines Verdienstordens kann dem Bundespräsidialamt zufolge "jeder für jeden" stellen.
    • Eingereicht werden müssen sie üblicherweise bei den Ministerpräsidenten der Länder.
    • Nach einer Prüfung können sie dann dem Bundespräsidenten einen offiziellen Vorschlag machen.
    • Es gibt acht Stufen: Die erste Stufe ist die "Verdienstmedaille", gefolgt vom "Verdienstkreuz am Bande". Darauf wiederum folgen das "Verdienstkreuz 1. Klasse", das "Große Verdienstkreuz", das es auch noch in den Ausführungen "mit Stern" sowie "mit Stern und Schulterblatt" gibt.
    • Auf der siebten Stufe kann das "Großkreuz" verliehen werden - wie in Merkels Fall optional auch "in besonderer Ausführung". Darüber gibt es noch die "Sonderstufe des Großkreuzes" - die ist allerdings nur für Staatsoberhäupter vorgesehen.
    • Merkel bekam schon zwei Verdienstorden: Laut dem Büro der Altkanzlerin 1996 ein "Großes Verdienstkreuz" und 2008 ein "Großkreuz" - allerdings nicht in "besonderer Ausführung". (Quelle: AFP)

    Was für die Auszeichnung Merkels spricht

    Anders sieht das der ehemalige Vorsitzende der CDU, Armin Laschet. Er hält die Auszeichnung Merkels für verdient: "Es war eine sechzehnjährige, lange Kanzlerschaft in unterschiedlichen Regierungskonstellationen, aber mit großen Weltkrisen", sagt Laschet ZDFheute. Merkel habe das Land und Europa zusammengehalten und ihre Politik sei immer prinzipientreu gewesen: "Ich glaube, das rechtfertigt eine solche Würdigung."
    Armin Laschet
    Der frühere CDU-Vorsitzende Armin Laschet findet, dass Angela Merkel den höchsten Orden verdient. Die Kanzlerin habe sechzehn Jahre lang Deutschland und Europa zusammengehalten.16.04.2023 | 0:22 min
    Rödders Kritik an Merkels Russlandpolitik weist Laschet zurück. Seit der Annexion der Krim sei immer versucht worden, den Konflikt zu deeskalieren. "Es ist immer richtiger zu reden, als in den Krieg zu ziehen", so Laschet. Dass Putin diese Politik missbraucht habe, sei nicht der Fehler der Jahre zwischen 2014 und 2020. Das Minsker Abkommen habe verhindert, dass es zum Ausbruch des Krieges gekommen sei.
    "Was hätte man denn sonst machen sollen", fragt Laschet und verweist darauf, dass ansonsten der gesamte Westen schon 2014 mit der gesamten Wirkung der Sanktionen auf Putin hätte reagieren müssen. Das habe aber seinerzeit nie irgendjemand gefordert, selbst die Ukraine nicht:

    Insofern finde ich: Wenn man eine Persönlichkeit beurteilt, muss man das aus dem jeweiligen Moment tun und nicht im Nachhinein alles besser wissen.

    Armin Laschet, CDU

    Archiv: Angela Merkel am 11.09.2015 in Berlin
    Nach 16 Jahren geht die Amtszeit von Angela Merkel im September 2021 zu Ende. Sie war die erste Bundeskanzlerin Deutschlands, ist in der DDR aufgewachsen und studierte Physikerin.09.06.2021 | 31:54 min

    Wer zur Ordensverleihung kommt

    Merkel steht auch wegen ihrer Klimapolitik in der Kritik oder der mangelnden Digitalisierung in Deutschland. Die zahlreichen Konflikte mit ihrer eigenen Partei, der CDU, spiegeln sich auch bei der Verleihung des Ordens am Montagabend wieder. Merkel durfte 20 Gäste zu dem kleinen Festakt mit Abendessen einladen.
    Darunter sind Prominente wie Fußballer Jürgen Klinsmann und Schauspieler Ulrich Matthes. Auch enge Vertraute wie Annette Schavan oder ihre ehemalige Büroleiterin Beate Baumann sind eingeladen. Aus der SPD werden der ehemalige Vizekanzler Franz Müntefering und Merkels Nachfolger, Olaf Scholz, erwartet. Gäste aus der aktuellen CDU-Spitze wie etwa Parteichef Friedrich Merz sind nicht angekündigt.
    Jürgen Klinsmann
    Ulrich Matthes
    28.11.2022, Berlin: Die Vorsitzende des Ethikrats Alena Buyx stellt die Empfehlungen zur psychischen Gesundheit in der Pandemie vor
    Angela Merkel und Büroleiterin Beate Baumann. Archivbild
    Der geschäftsführende Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).
    Kanzlerin Angela Merkel und Amtschef Helge Braun.
    Thomas de Maizière
    Regierungssprecher Steffen Seibert.
    Annette Schavan
    Archiv: Franz Müntefering
    VKU-Tagung: Rede Merz
    Olaf Scholz (r.) übergibt im Kanzleramt Blumen an Angela Merkel.

    Jürgen Klinsmann

    Angela Merkel durfte 20 Gäste zu ihrer Ordensverleihung einladen. Einer davon ist Jürgen Klinsmann, der ehemalige Fußball-Nationaltrainer der Männer (Archivfoto 2019).

    Quelle: dpa


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