Bei einem Bürgerdialog in Marburg nannte Kanzler Scholz einen russischen Truppenrückzug als Voraussetzung für Verhandlungen. Mit Kreml-Chef Putin werde er weiterhin telefonieren.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht erst dann eine Möglichkeit für Verhandlungen über ein Ende des Ukraine-Krieg, wenn sich Russland zum Truppenrückzug aus den besetzten Gebieten bereiterklärt.
Scholz sagte am Donnerstag in einer Fragerunde mit Bürgern im hessischen Marburg:
Ukraine und Russland lehnen Friedensverhandlungen momentan ab
Die Ukraine lehnt Verhandlungen ab, solange die russischen Truppen sich nicht vollständig von ukrainischem Gebiet zurückgezogen haben - inklusive der Krim.
Die russische Führung hatte nach der Ankündigung Deutschlands und anderer westlicher Staaten, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern, zuletzt ebenfalls Abstand von der Idee von Friedensverhandlungen genommen.
Sowohl die Ukraine als auch Russland hoffen auf einen militärischen Sieg, sagt Prof. Nicole Deitelhoff.
Scholz setzt auf diplomatische Bemühungen
Scholz äußerte sich kurz nach einer Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dieser hatte gesagt: "Es ist unglaublich, aber deutsche Leopard-Panzer bedrohen uns wieder." Putin fügte eine Drohung hinzu: "Immer wieder sind wir gezwungen, die Aggression des kollektiven Westens abzuwehren."
Scholz sagte in Marburg, er setze parallel zu den Waffenlieferungen weiter auf diplomatische Bemühungen und werde weiterhin mit Kreml-Chef Putin telefonieren. "Es ist mein Anliegen, diese Gespräche zu führen, weil klar ist, wie wir aus diesem Schlamassel rauskommen", sagte Scholz.
Die Rede des russischen Präsidenten darf man durchaus als Drohung verstehen, sagt ZDF-Korrespondent Christian Semm.
Kanzler will Eskalation des Ukraine-Kriegs vermeiden
Scholz will sich mit aller Entschiedenheit dafür einsetzen, ein Übergreifen des Ukraine-Kriegs auf andere Teile Europas zu verhindern. "Wir werden jede Eskalation vermeiden, die zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato führt", sagte Scholz in Marburg. "Ein Krieg zwischen der Nato und Russland wäre furchtbar." Er sagte zudem:
Scholz: Mindestens 400.000 Wohnungen jährlich
Neben dem Ukraine-Krieg ging es bei dem Bürgerdialog auch um die Folgen für Deutschland. Ein Bauunternehmer im Publikum fragte, wie sich junge Menschen künftig noch Immobilien leisten könnten - angesichts der gestiegenen Materialpreise.
Scholz betonte, dass in Deutschland mindestens 400.000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden müssen. Dies sei derzeit etwa wegen der Preissteigerungen schwer zu erreichen, räumte er ein. Aber diese Zahl bleibe weiter das Ziel, das man Stück für Stück erreichen müsse. Denn die Bauindustrie müsse wissen, wie sehr sie die Kapazitäten ausweiten müsse. "Wenn wir das erreicht haben, dürfen wir nie wieder weniger Wohnungen bauen als diese 400.000 Wohnungen pro Jahr", betonte der SPD-Politiker.
- Geywitz: Wohnungsbauziel nicht erreichbar
Bauministerin Geywitz erwartet nicht, dass in diesem Jahr die angepeilten 400.000 neuen Wohnungen geschaffen werden können. Das läge auch an den Folgen des Ukraine-Kriegs.
Dies sei machbar, sagte Scholz. Er erinnerte daran, dass im Jahr 1972 in Deutschland 800.000 Wohnungen innerhalb von zwölf Monaten gebaut worden seien. Mit Blick auf die veränderte Wohnbauförderung sagte Scholz, er sei optimistisch, dass der Markt schnell verstanden haben werde, wie die Förderung funktioniere. Die Ampel-Regierung habe sehr viel Geld für die Neubauförderung zur Verfügung gestellt.
- Putin: "Wieder von deutschen Panzern bedroht"
Zum Jahrestag des Sieges in Stalingrad zieht Wladimir Putin historische Parallelen und sieht Russland wieder von deutschen Panzern bedroht.