Verfassungsschutz: Laues Lüftchen statt "heißer Herbst"

    Verfassungsschutz-Präsident:Laues Lüftchen statt "heißer Herbst"

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    Die erwartete Protestwelle im Herbst ist laut Verfassungsschutz weitgehend ausgeblieben. Zur Beobachtung von Klimaprotesten sieht Behördenchef Haldenwang aktuell keinen Anlass.

    Archiv: Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, kommt zur Sondersitzung des Innenausschusses.
    Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang (Archiv)
    Quelle: dpa

    Der von manchen Politikern und Experten erwartete "heiße Herbst" von Protesten hat sich nach Einschätzung des Verfassungsschutzes eher als örtlich, zahlenmäßig und zeitlich begrenztes Phänomen erwiesen. "Die schlimmen Szenarien von einem 'heißen Herbst' oder 'Wutwinter', wie sie von vielen skizziert wurden, habe ich so nicht kommen sehen", sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang.
    Tatsächlich sei "das, was aktuell an Protesten läuft, eher ein laues Lüftchen". Er fügte hinzu: "Das weht hauptsächlich in Sachsen und Thüringen". Doch auch in diesen beiden Bundesländern seien die Teilnehmerzahlen rückläufig.

    Protest vor allem von rechten Gruppen

    Festzustellen sei auch, dass sich das bürgerliche Milieu, das bei den Corona-Protesten noch stark vertreten gewesen sei, mehr und mehr zurückziehe. "Aktuell tummelt sich da eine Mischung aus Rechtsextremisten, wie Vertretern der Neuen Rechten, Verschwörungstheoretikern, "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern", Delegitimierern, aber auch Teilen des Landesverbandes der AfD in Thüringen, der als erwiesen extremistisch eingestuft ist, oder rechtsextremistischen Parteien wie die Freien Sachsen."
    Demonstration gegen die Politik der Regierung
    Die Innenminister der Ostländer treffen sich in Erfurt im Rahmen der "Sicherheitskooperation Ost", um über den Umgang mit dem wachsenden Protest gegen die Klima- und Flüchtlingspolitik zu sprechen. 04.11.2022 | 2:06 min
    Eine Abgrenzung der einzelnen Gruppen voneinander sei kaum noch vorhanden. Der Verfassungsschutz hatte 2021 einen neuen Phänomenbereich "Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" definiert.

    Baumann: Links-grüne Politik sorgt für Angst

    Auf die Frage, warum die AfD nicht stärker für Demonstrationen gegen die aktuelle Politik der Bundesregierung mobilisieren könne, sagte Bernd Baumann, erster parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion im ZDF-Morgenmagazin:
    "Die Leute haben Angst wie noch nie." Ob sie jetzt auf die Straße gehen oder nicht, sei eine andere Frage. Die AfD sei froh, wenn es nicht zu Demonstrationen, Ärger oder unnötigen Beunruhigungen komme. "Aber die Grundangst in der Bevölkerung, die ist da - in einem riesigen Ausmaß und das können Sie empirisch messen." Verantwortlich seien die Regierungen in Deutschland, nicht Putin und nicht die Ukraine.
    Bernd Baumann, Parlamentarischer AfD-Geschäftsführer
    Die Regierung "ruiniert diesen Industriestandort" für das Weltklima, so der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann. Es brauche "vernünftige Energiepolitik" und kein "Runtersubventionieren" von Preisen.28.12.2022 | 7:15 min
    Mit Blick auf die Gas- und Strompreisbremsen sagte Baumann: "Der deutsche Staat subventioniert mit Steuergeldern die Preise ein bisschen runter. Das kann er machen, ein paar Wochen, vielleicht ein paar Monate, dann ist Schluss. Wir brauchen eine vernünftige Energiepolitik auf Dauer. Der links-grüne Ansatz der jetzigen Regierung ruiniere den Industriestandort Deutschland.

    Haldenwang: Gibt keinen Grund, Klimaproteste zu beobachten

    Die Klimaproteste bieten aus Sicht Haldenwangs bislang keinen Anlass für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Mit Blick auf die Aktionen der "Letzten Generation" sagte der Verfassungsschutz-Präsident: "Die 'Letzte Generation' ist eine zahlenmäßig kleine Gruppe, die jetzt zu drastischeren Methoden des Protests greift." Die Gruppe begehe inzwischen auch schwere Straftaten wie Blockaden auf Flughäfen. Diese müssten von Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten verfolgt und geahndet werden.
    Sarah-Lee-Heinrich
    Die Chefin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinricht, versteht die Verzweiflung der Klimaaktivisten. Bei "Illner" sagt sie: Die Strategie sei diskutabel, RAF-Vergleiche der CDU aber völlig unangemessen.16.12.2022 | 1:37 min
    Klimaschutz sei jedoch ein legitimes Anliegen, betonte Haldenwang. "Nicht nur wir, sondern auch die Landesämter für Verfassungsschutz sehen bei der "Letzten Generation" aktuell noch keine hinreichend gewichtigen tatsächlichen Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Bestrebung."
    Der Verfassungsschutz komme erst ins Spiel, wenn es eine Radikalisierung oder eine Beeinflussung der Proteste durch Extremisten gebe. Was die "Letzte Generation" angehe, so sehe er eine gewisse Gefahr darin, "dass es linksextremistische Gruppierungen gibt, die versuchen, diese Bewegung zu unterwandern".
    Quelle: dpa

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